Frank-Walter Steinmeier:Sisyphos im Auswärtigen Amt

EU Foreign affairs ministers

Er hat es leicht und schwer zugleich: Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

(Foto: dpa)

Frank-Walter Steinmeier macht es den Hardlinern im Kreml schwer, ihren Kurs einfach so fortzusetzen. Das ist schon mal gut, und es verschafft ihm Sympathien in Deutschland. Scheitern könnte er trotzdem - und selbst aus der eigenen SPD droht ihm Ärger.

Ein Kommentar von Stefan Braun

Frank-Walter Steinmeier hat es leicht und schwer zugleich, und das seit Wochen. Leicht hat er es, weil die meisten Menschen in Deutschland von ihrem Außenminister erwarten, sich wieder und wieder für eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise einzusetzen.

Sie wollen keinen Krieg, sie wollen keine kriegerische Rhetorik, sie wollen, dass er sich für einen Nationalen Dialog, für runde Tische und eine Beruhigung der Lage einsetzt. Und es gefällt ihnen, dass er dabei nicht müde wird, nicht zornig wirkt und auch nicht beleidigt, sondern in seinem Drängen mittlerweile penetrant wird. Innenpolitisch also macht der Außenminister vieles richtig.

Das gilt auch, wenn man den Blick auf den Versuch lenkt, die Europäische Union in dieser Krise zusammenzuhalten. Auch wenn seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts vor allem die sorgenvollen Mitgliedsstaaten im Osten vernehmbar sind - ihre Rufe nach Schärfe und harten Wirtschaftssanktionen stoßen anderswo in der EU auf große Bedenken.

Vor allem die Länder im Süden der Gemeinschaft, die seit Jahren mit hohen Schulden und schweren Wirtschaftsproblemen kämpfen, haben wenig Interesse daran, für die Ukraine hohe Lasten zu tragen. Angesichts dessen bleibt Steinmeier kaum anderes übrig, als durch immer neue Vorschläge und Gesprächsangebote die Hoffnung auf eine Verständigung am Leben zu halten. Nur weil er das so lange versucht, sind Länder wie Spanien, Portugal oder Griechenland schrittweise für eine Verschärfung von Sanktionen zu gewinnen.

Machtarithmetisch also macht er, was nötig ist, um eine Spaltung der EU zu verhindern. Das allerdings funktioniert nur, solange keine Zweifel aufkommen, dass er, wenn sich nichts bessert, auch für schärfste Wirtschaftssanktionen eintritt.

Steinmeier könnte am Ende als Gescheiterter dastehen

Und es entscheidet nicht darüber, ob Steinmeiers Außenpolitik in der Ukraine-Krise wirklich gut ist. Misst man das an der Frage, was bisher erreicht wurde, kann man den Daumen schnell senken. Russland bekommt bisher alles, was es möchte. Es kann Völkerrecht brechen und separatistische Aufstände anzetteln, ohne dafür bestraft zu werden. Das ist kein Erfolg. Das ist eine Demütigung für Europa.

Gleichzeitig bringt das deutsche Dringen auf Kontakte, Gespräche, Gesprächsforen zum ersten Mal Zeichen der Hoffnung. Plötzlich wird über runde Tische gesprochen. Plötzlich bezeichnet Moskau die geplante und so wichtige Präsidentschaftswahl am 25. Mai nicht mehr grundsätzlich als illegitim und rechtswidrig. Plötzlich sind mehr und mehr OSZE-Mitarbeiter im Land, die überall Kandidaten für regionale und lokale Gesprächsrunden suchen.

Das alles kann im Nichts enden. Aber es kann auch ein erster Schritt zum Besseren sein. Eines ist jedenfalls sicher: Berlins beharrliches Reden hat es den Hardlinern im Kreml schwerer gemacht, den Westen in Gänze als Reich des Bösen zu beschimpfen. Hardliner mögen Hardliner am liebsten, so jemanden wie den amerikanischen Senator John McCain, den alten Russenfresser.

Die liefern ihnen Argumente, ihren Kurs fortzusetzen. Dass Steinmeier dies durchbricht, ist kein Fehler.

Es gibt deshalb schon Gründe, warum die meisten Deutschen den Sisyphos im Auswärtigen Amt mögen, auch wenn der seine Kugel bislang ohne große Fortschritte den Berg hinaufschiebt. Ärger droht ihm von denen, die in der Hauptstadt am Ende in Sieg und Niederlage denken. Auch in der eigenen Partei gibt es viele von ihnen.

Es ist bezeichnend, dass Altkanzler Schröder mit kleinen Abfälligkeiten anfängt. Und es sagt noch mehr aus, wenn Vizekanzler Gabriel beginnt, über Verantwortlichkeiten für die Krise zu schwadronieren. Steinmeier erträgt das bislang stoisch. Das ist sympathisch. Trotzdem könnte er am Ende wie ein Gescheiterter dastehen.

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