Ukraine-Krise:UN werfen Separatisten Folter und gezielte Tötungen vor

Crisis in Ukraine

Bewaffnete prorussische Separatisten bewachen in der Nähe von Slawjansk einen Kontrollpunkt

(Foto: dpa)

+++ Vereinte Nationen beschuldigen prorussische Separatisten der Folter und gezielter Tötungen +++ Nächste Gesprächsrunde in Charkow +++ Tausende Arbeiter drängen Aufständische in Mariupol zurück +++ Merkel nimmt Steinmeier gegen Ferber-Kritik in Schutz +++

  • UN werfen Separatisten in Ostukraine gezielte Tötungen vor
  • OSZE-Vermittler Ischinger kontert Kritik an rundem Tisch
  • Minen- und Stahlarbeiter erheben sich gegen prorussische Separatisten
  • Altkanzler Schmidt attackiert westliche Ukraine-Politik
  • Die nächste Gesprächsrunde findet am Samstag in Charkow statt
  • CSU-Europakandidat Ferber nach Steinmeier-Kritik unter Druck

Bisher insgesamt 250 Tote bei Protesten in der Ukraine: In der Ukraine sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen seit Beginn der Proteste im November 2013 etwa 250 Menschen ums Leben gekommen. Allein 127 Tote habe man seit Beginn der "Anti-Terror-Aktion" gegen Separatisten im Osten des Landes gezählt, sagte UN-Mitarbeiter Ivan Simonovic in Kiew. Zur Zeit würden mindestens 49 Menschen von bewaffneten Gruppen festgehalten, Dutzende seien vermisst.

UN werfen Separatisten in Ostukraine gezielte Tötungen vor: Bewaffnete Separatisten im Osten der Ukraine haben nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen gezielt Menschen entführt, gefoltert und getötet. In einem am Freitag von der UN-Menschenrechtsbeauftragen Navi Pillay vorgestellten Bericht äußern sich die UN-Beobachter auch besorgt über die Sicherheit der Kandidaten für die Präsidentenwahl am 25. Mai. Diejenigen mit Einfluss auf die bewaffneten Gruppen in der Ostukraine müssten alles daran setzen, diese Männer in den Griff zu bekommen, die das Land spalten wollten, fordert Pillay. Die UN-Beobachter hätten auch glaubhafte Berichte erhalten, dass ukrainische Sicherheitskräfte ebenfalls für das Verschwinden von Menschen verantwortlich seien. Der 34-seitige Bericht stützt sich auf Erkenntnisse von UN-Beobachtern im Zeitraum 2. April bis 6. Mai.

Ischinger weist Kritik an rundem Tisch zurück: Der OSZE-Vermittler Wolfgang Ischinger hat Kritik an der Zusammensetzung des runden Tisches in der Ukraine vehement zurückgewiesen. "Es nahmen auch Vertreter, Bürgermeister und Parlamentsabgeordnete aus dem Osten des Landes teil - darunter etwa auch der Bürgermeister von Donezk", sagt er. Dabei handelt es sich um den von den prorussischen Separatisten für abgesetzt erklärten Bürgermeister. Einige andere Eingeladene hätten sich offenbar nicht getraut anzureisen, so Ischinger. Auch Russland sei eingeladen gewesen. "Deshalb ist die Behauptung absurd, dass der Osten nicht vertreten war. Er war vertreten, und es wurde auch kontrovers debattiert", sagte der Ko-Vorsitzende der Gesprächsrunde. Ausdrücklich verteidigt Ischinger die Haltung der ukrainischen Regierung, nicht die prorussischen Separatisten einzuladen, die die Kontrolle über die Stadt Slawjansk übernommen haben. "Man kann von der Regierung in Kiew nun wirklich nicht erwarten, Leute mit Kalaschnikows, die für Entführungen und auch Tötungen verantwortlich sind, durch Einladungen zu adeln", so der frühere deutsche Diplomat. Ischinger ist von der OSZE beauftragt worden, zusammen mit zwei früheren ukrainischen Präsidenten einen innerukrainischen Dialog zu organisieren.

Ukraine-Krise: Arbeiter einer Firma des Oligarchen Rinat Achmetow räumen in der Stadtverwaltung von Mariupol auf.

Arbeiter einer Firma des Oligarchen Rinat Achmetow räumen in der Stadtverwaltung von Mariupol auf.

(Foto: AP)

Arbeiter erheben sich gegen Separatisten: Im Osten der Ukraine versuchen Stahlwerk- und Minenarbeiter, die prorussischen Separatisten zu verdrängen. Wie die New York Times meldet, marschierten Tausende Arbeiter durch mindestens fünf ostukrainische Städte. Bilder zeigten zahlreiche Arbeiter, die Barrikaden vor dem Rathaus der Stadt Mariupol entfernten. Dem Bericht zufolge sind die Arbeiter in Betrieben tätig, die Rinat Achmetow gehören, dem reichsten Mann des Landes. Er hatte sich zuletzt deutlich gegen die prorussischen Separatisten ausgesprochen.

Altkanzler Schmidt attackiert westliche Ukraine-Politik: Nach Gerhard Schröder hat ein weiterer SPD-Altkanzler die Ukraine-Politik des Westens kritisiert. In einem Bild-Interview warf Helmut Schmidt der EU-Kommission vor, sich in die "Weltpolitik" einzumischen. "Das jüngste Beispiel ist der Versuch der EU-Kommission, die Ukraine anzugliedern", sagte er. Falsch sei auch, Georgien an sich zu ziehen. "Das ist Größenwahn, wir haben dort nichts zu suchen." Er warnte zudem davor, dass die Situation zunehmend vergleichbar mit 1914 sei.

Fortsetzung der Gespräche in Charkow: Der zweite Runde Tisch zur Krisenbewältigung in der Ukraine findet am Samstag in der Millionenstadt Charkow statt. Zu dem Treffen seien Abgeordnete und Regierungspolitiker eingeladen, aber erneut keine Vertreter der Separatisten, teilte die prowestliche Führung in Kiew mit. Unter anderem werden die früheren Staatspräsidenten Leonid Krawtschuk und Leonid Kutschma sowie Regierungschef Arseni Jazenjuk erwartet. Charkow liegt etwa 450 Kilometer östlich von Kiew und knapp 300 Kilometer nördlich von Donezk.

Kritik an Ferber aus eigener Partei: CSU-Chef Horst Seehofer hat den Spitzenkandidaten seiner Partei für die Europawahl, Markus Ferber, nach Kritik an Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Ordnung gerufen. In einem Telefonat habe Seehofer seinem Unmut Luft gemacht, berichtet Die Welt. Ferber hatte Steinmeiers jüngste Vermittlungsbemühungen in der Ukraine bei Spiegel Online mit den Worten kommentiert: "Außer Spesen nichts gewesen." Nicht nur in der SPD löste er damit Empörung aus. Demonstratives Lob für Steinmeier kam aus der CDU. Kanzlerin Angela Merkel sagte am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Greifswald: "Herr Steinmeier und ich, der Außenminister und die Bundeskanzlerin, arbeiten hier ganz eng wie die ganze Bundesregierung zusammen. Wir suchen Gespräche, wir suchen Lösungen durch Verhandlungen und auf diesem Weg werden wir auch weiter machen."

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