Schweizer Nein zu Kampfjet-Kauf:Schwedischem Konzern entgeht Milliardengeschäft

Swiss nationals vote on the purchase of fighter planes

Der Kampfjet Gripen des Konzerns Saab: Die Schweizer lehnten den Kauf von 22 Stück in einer Volksabstimmung ab.

(Foto: dpa)

22 neue Kampfjets des Rüstungskonzerns Saab für 2,6 Milliarden Euro hatte die Schweizer Luftwaffe anschaffen wollen. Doch daraus wird nichts. In einer Volksabstimmung sprechen sich die Eidgenossen gegen den Kauf aus. Das Aus für den neuen Kampfjet soll die Absage trotzdem nicht bedeuten. Saab hofft auf Brasilien.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Die Schweizer möchten keine Kampfjets von Saab kaufen. Durch das Nein im Referendum entgeht dem schwedischen Konzern nicht nur ein Milliardengeschäft. Eine Bestellung aus der Schweiz wäre die erste aus dem Ausland für das neue Militärflugzeug, den Gripen E, gewesen. Bisher steht nur das schwedische Militär auf der Lieferliste, Saab ist auf weitere Abnehmer dringend angewiesen. Trotzdem: Das Aus für den neuen Gripen bedeutet die Absage aus der Schweiz wohl dennoch nicht.

"Es ist meine Überzeugung, dass der Gripen immer noch die richtige Wahl für verbesserte Fähigkeiten Schwedens in der Luft in den 2020er ist, und wir werden nun damit beginnen, einen neuen Weg nach vorne zu finden", sagte die schwedische Verteidigungsministerin Karin Enström, als das Ergebnis feststand. "Positiv in diesem Kontext ist das hohe Interesse anderer Nationen am Gripen und dass Brasilien den Gripen als bevorzugtes Angebot gewählt hat."

Saab ist Schwedens wichtigster Rüstungskonzern und arbeitet eng mit dem Verteidigungsministerium zusammen. Die Regierung hat erst kürzlich angekündigt, dass sie das Budget für Rüstung und Truppen angesichts der Ukraine-Krise erhöhen möchte. Hauptprofiteur dabei wäre Saab. Der Konzern ist auf den Bau von Kampfflugzeugen spezialisiert und wurde vor fast 80 Jahren genau zu diesem Zweck auf Regierungsinitiative gegründet. Saab liefert außerdem Herstellern von Passagierflugzeugen und der Marine zu, baut mitunter Raketen und Überwachungssysteme und könnte bald in ein neues Feld vordringen: Geht es nach der Regierung, soll Saab künftig auch U-Boote für Schwedens Flotte bauen.

Verhandlungen mit Brasilien

Nach der Niederlage in der Schweiz ist die Botschaft aus Schweden deswegen klar: Nach vorne sehen. "Wir respektieren den politischen Prozess in der Schweiz und kommentieren den heutigen Volksentscheid nicht", sagte Saab-Chef Håkan Buskhe. Der Beschaffungsprozess in der Schweiz würde sofort gestoppt, die Entwicklung und Produktion des Gripen für Schweden gingen jedoch weiter, heißt es einer Mitteilung des Konzerns. Außerdem verhandele man weiterhin mit Brasilien über die Lieferung von 36 Gripen-Jets. Ein Vertrag soll bis Ende des Jahres unterzeichnet werden.

Vermutlich ist es unter anderem dem Interesse aus Brasilien zu verdanken, dass der Gripen die Ablehnung aus der Schweiz verkraften wird. Dies war keineswegs sicher. Schweden setzt zwar auf den neuen Kampfjet, kann dessen Entwicklung aber nicht alleine finanzieren. Das Parlament in Stockholm hat 60 Gripen geordert, sich jedoch vorbehalten, von der Bestellung zurücktreten, wenn kein anderes Land den schwedischen Kampfjet kauft. Es wäre ein äußert schmerzlicher Schritt: Der schwedische Steuerzahler hat bereits Milliarden in die Entwicklung des Gripen investiert.

Das Svenska Dagbladet schreibt von 13 Milliarden Kronen, die dafür eingeplant wurden und von denen ein Großteil bis Ende 2014 ausgegeben sein werde. Es war daher abzusehen, dass die schwedische Regierung am Gripen festhält, egal was die Schweizer sagen. Bereits Wochen vor dem Referendum hatte sie vorgeschlagen, die schwedische Bestellung um zehn weitere Maschinen zu erhöhen. Bis 2018 sollen sie geliefert werden.

Das Nein der Schweizer schmerzt

Trotzdem schmerzt das Nein aus der Schweiz. "Für Saab ist der Gripen sehr wichtig. Er ist ihre Zukunft, das wichtigste militärische Produkt für die nächsten 20 bis 30 Jahre", sagte Siemon Wezeman, Experte des Stockholmer Instituts für Friedensforschung Sipri, im April. Der Kampfjet steht für ein Drittel des Gesamtumsatzes von Saab, der 2013 bei 23,75 Milliarden Schwedische Kronen lag. "Für Saab ist die Bestellung aus der Schweiz wesentlich", sagte Wezeman damals. "Wenn sie diesen Deal verlieren, wird er sehr schwer zu kompensieren. Ohne Export-Bestellungen ist der Gripen ökonomisch nicht existenzfähig." Von dem Kampfjet hängt die Zukunft des Konzerns ab, der nicht nur wichtiger Zulieferer der schwedischen Armee ist, sondern auch Arbeitgeber von 11.500 Menschen allein in Schweden.

Noch am vergangenen Donnerstag zitierte Svenska Dagbladet Saab-Chef Håkan Buskhe mit den Worten, dass Saab eigentlich keinen Alternativplan habe bei einem Schweizer Nein. Es sei allerdings auch nicht so, dass Saab zusammenpacken müsse, wenn es dazu käme. "Wir rechnen trotz allem damit 400 Gripen in den kommenden 20 Jahren zu verkaufen", wird Buskhe zitiert.

Auch nach der Abstimmung äußert er sich positiv:"In der Schweiz haben wir viel Unterstützung für den Gripen erfahren", sagte er in Hinblick auf die Entscheidungen vor dem Referendum. Inwieweit das Nein der Schweizer dem Ansehen des Gripen schadet, bleibt abzuwarten. Die schwedischen Medien werteten es am Sonntag vor allem als positiv, dass die Schweizer Regierung den Gripen und kein anderes Flugzeug ins Rennen um die Stimmen der Bevölkerung geschickt hat.

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