Vor umstrittenem Erdoğan-Auftritt in Köln:"Das ist schon eine gewisse Provokation"

Türkischer Ministerpräsident Erdogan in Köln - Demonstrationen

Demo gegen den türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan in Köln

(Foto: dpa)

Zum Auftritt von Ministerpräsident Erdoğan in Köln werden Zehntausende erwartet. Schon am Abend zuvor waren Anhänger und Gegner Erdoğans aneinandergeraten. Oberbürgermeister Jürgen Roters ruft nun zu "friedlichem Umgang" auf. Unterdessen wurde bekannt, dass Erdoğan den Berater gefeuert hat, der auf einen Demonstranten eingetreten hat.

Vor dem heftig umstrittenen Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Köln hat der Oberbürgermeister der Stadt zur Mäßigung aufgerufen. "Zeigen wir in Köln, dass wir - auch wenn wir unterschiedlicher Auffassung sind - friedlich miteinander umgehen", sagte Jürgen Roters (SPD) im Sender WDR 5.

Erdoğan wird am Mittag in der Stadt erwartet. Offizieller Anlass ist das zehnjährige Bestehen der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als verlängerter Arm der Erdogan-Partei AKP gilt. Erdogan wird unterstellt, dass er den Auftritt als Werbung für eine Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten nutzen wird. Bei der Wahl im August können erstmals auch etwa 1,5 Millionen Türken in Deutschland ihre Stimme abgeben.

Angesichts der Proteste gegen Erdoğan sagte Oberbürgermeister Roters zu dessen Auftritt: "Das ist schon eine gewisse Provokation." Unterschiedliche politische Richtungen würden jetzt emotionalisiert. Zu Erdoğans Rede in der Lanxess-Arena sollen etwa 15 000 Zuhörer kommen, in der Stadt werden zudem etwa 30 000 Gegendemonstranten erwartet. Die Polizei wird mit Hundertschaften vertreten sein, um Zusammenstöße zwischen beiden Gruppen zu verhindern. "Aber es wird nicht einfach sein", sagte Roters.

Die ersten hundert Demonstranten gegen den Auftritt haben sich bereits versammelt. Viele kauften T-Shirts mit der Aufschrift "Überall Taksim - überall Widerstand", womit sie auf die Proteste gegen die islamisch-konservative Regierung der Türkei auf dem Taksim-Platz in Istanbul anspielten. Andere trugen gelbe Sicherheitshelme mit dem Aufdruck "Soma". Bei dem verheerenden Grubenunglück von Soma waren nach offiziellen Angaben 301 Bergleute ums Leben gekommen.

Eskalation vor Kölner Restaurant

Bereits am Vorabend hatten sich Hunderte Anhänger und Gegner Medienangaben zufolge verbale Auseinandersetzungen geliefert. "Wir mussten die aufgebrachten Gruppen vor einem Restaurant voneinander trennen", sagte ein Sprecher der Polizei und bestätigte einen Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers. Es sei dabei aber zu keinen nennenswerten Zwischenfällen gekommen.

In der Türkei halten unterdessen die Proteste gegen Erdoğan und dessen Regierung an. Der Ministerpräsident selbst bezeichnete die Demonstranten in einer Rede als "Terroristen", die "wie in der Ukraine das Land spalten" wollten. Er könne die Geduld der Polizeikräfte "nicht verstehen", sagte er.

Unterdessen berichtet der Nachrichtendienst Reuters, dass Erdoğan seinen Berater Yusuf Yerkel in dieser Woche gefeuert habe. Yerkel hatte bei einer Demonstration nach dem Bergwerksunglück in Soma einen Demonstranten getreten. Er war zunächst von seinem Job suspendiert worden, jetzt wurde sein Rauswurf bekannt.

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