Beachvolleyballer Julius Brink:Abschied vom Sandkasten

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Der große Augenblick: Julius Brink feiert Olympia-Gold in London. (Foto: dpa)

Julius Brink hört auf: Die Verletzungen des Beachvolleyball-Olympiasiegers lassen eine Fortsetzung seiner Laufbahn nicht mehr zu. Auch ohne die Olympia-Teilnahme in Rio 2016 blickt Brink auf eine große Karriere zurück - obwohl er als Teenager als schwer erziehbar galt.

Von Felix Meininghaus

Es ist wenige Tage her, dass Julius Brink, 31, in seiner Wohnung im Kölner Stadtteil Braunsfeld saß und sich in ein aufwühlendes Gespräch vertiefte. Der Beachvolleyballer war allein, die Zwiesprache mit sich selbst gipfelte in den Worten: "Schluss, aus, vorbei - ich werde meine Karriere beenden." Lange hatte Brink mit diesem Schritt gerungen, der für sein Leben ähnlich einschneidend sein dürfte wie all seine Triumphe. Das Schwierigste in der für ihn von vielen Rückschlägen geprägten Leidenszeit sei gewesen, "es für mich laut auszusprechen und damit zu akzeptieren, dass es nicht mehr weitergeht".

Eigentlich hätte die Reise durch den Sand noch bis 2016 zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro gehen sollen. Im Mutterland der Strandvolleyballer die Goldmedaille zu verteidigen, die Brink 2012 in London mit seinem Partner Jonas Reckermann gewonnen hatte, das wäre die letzte große Herausforderung einer einzigartigen Karriere gewesen. Warum auch nicht, schließlich ist 33 kein Alter, in dem Beachvolleyballer für olympische Spitzenleistungen nicht mehr infrage kommen.

Bei Brink liegen die Dinge anders: Seit mehr als einem Jahr quält er sich mit Beschwerden im Hüftbereich, die auf den Oberschenkel ausstrahlen und Leistungen auf Weltklasseniveau unmöglich machen. Eine Operation, unzählige Besuche bei Ärzten und Physiotherapeuten sowie die zermürbende Achterbahnfahrt aus Fortschritten und Rückschlägen ließen den Entschluss zum Abschied reifen.

Dieser Schritt ist nun getan, und wer Brink kennt, der weiß, dass es kein Zurück gibt. Der Abwehr-Experte hat seine Karriere im Sandkasten seit jeher so gestaltet, dass er seinen Weg ohne Wenn und Aber verfolgte. Diese Konsequenz brachte ihn auf den Gipfel, machte ihn aber auch zu einem streitbaren Protagonisten, der immer wieder aneckte, weil er nichts und niemanden schonte. Brink sprach Klartext, und ob das seinen Gegnern, den Schiedsrichtern oder Funktionären passte, war für ihn nicht ausschlaggebend. In seinen Worten klingt das so: "Ich muss meinen Prinzipien treu bleiben, Dinge nur zu tun, wenn ich zu hundert Prozent von ihnen überzeugt bin. 98 Prozent reichen nicht aus." Zu dieser Prämisse gab es keine Alternative, sie bestimmte auch das Karriereende.

Damit ist die erfolgreichste Ära des deutschen Beachvolleyballs vorbei. Reckermann hatte seine Laufbahn bereits zu Beginn des Jahres 2013 aufgrund von chronischen Rückenproblemen beendet, nun folgt ihm Brink. Gemeinsam waren sie 2009 in Stavanger/Norwegen als erste Europäer überhaupt Weltmeister geworden, vor den zuvor dominierenden Teams aus Brasilien und den USA. Drei Jahre später gab es die olympische Krönung in London auf dem Platz der Horse Guards Parade. Kurz vor Mitternacht fieberten zehn Millionen Deutsche vor dem Fernseher mit, wie Brink/Reckermann die erfolgsverwöhnten Brasilianer bezwangen. Sonstige Ehren: fünf Mal deutscher Meister, drei Mal Europameister, sechs Berufungen zum "Beachvolleyballer des Jahres".

Vorhersehbar war diese Bilanz lange nicht gewesen. Als Teenager galt Brink zwar als hoch veranlagt, aber schwer erziehbar. Seine Ausbrüche auf dem Spielfeld waren berüchtigt, sie erinnerten an die Eskapaden eines gewissen Boris Becker auf dem Tennisplatz. Es festigte sich der Eindruck, dieser Athlet stehe sich selbst im Weg. Umso erstaunlicher war später die Entwicklung zu einem charismatischen Profi, der seine Karriere mit Leidenschaft verfolgte und alle Ressourcen ausschöpfte. "Er wird mit Sicherheit nicht als das größte Talent in die Geschichte unseres Sports eingehen", sagt sein Trainer Markus Dieckmann, "aber ich habe nie einen Athleten erlebt, der sich mehr in ein Ziel verbeißen und zielgerichteter für den Erfolg arbeiten konnte."

Nun, am Ende seiner Laufbahn, empfindet Brink weniger Trauer als "Demut und Dankbarkeit". Er wisse nicht, "wohin es mich mit 18 geführt hätte, wäre da nicht dieses Feld gewesen, auf dem ich mich erfolgreich bewegen konnte". Dass er den finalen Schritt in dieser Phase tue, sei auch der Fürsorge gegenüber seinem derzeitigen Mitspieler geschuldet. Offiziell bildet Brink seit dieser Saison mit Armin Dollinger, 23, ein Team, doch bestritt er mit ihm verletzungsbedingt kein einziges Spiel.

Er wolle es dem talentierten Blocker ersparen, weiter auf ihn warten zu müssen: "Armin soll seinen olympischen Traum mit einem anderen Partner verwirklichen", sagt Julius Brink: "Ich habe meinen ja schon gelebt."

© SZ vom 31.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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