Denkmal zum Olympia-Attentat in München:Geld von unerwarteter Seite

Olympia Attentat 1972

Die olympische Fahne hing bei der Trauerfeier im Olympiastadion am 6. September 1972 auf Halbmast. Die Spiele gingen aber nach einer kurzen Unterbrechung weiter.

(Foto: dpa)

Lange hat sich das Internationale Olympische Komitee mit der Erinnerung an die Opfer des Olympia-Attentats von 1972 schwergetan. Jetzt will man bis zu 250.000 Dollar für die geplante Gedenkstätte in München beisteuern.

Von Kassian Stroh

Für die geplante Gedenkstätte, die an das Olympia-Attentat von 1972 erinnern soll, hat die Staatsregierung überraschend einen prominenten Unterstützer gefunden: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will bis zu 250 000 Dollar beisteuern, was knapp 200 000 Euro entspräche. Diese Zusage findet sich in einem Brief von Michael Vesper, dem Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), an Kultusminister Ludwig Spaenle.

IOC-Präsident Thomas Bach habe ihn autorisiert, diese Zusage zu machen, schreibt Vesper, den Spaenle im April gebeten hatte, bei Bach um Unterstützung zu werben. "Für mich wäre es schon stark gewesen, wenn das IOC ideell mitgewirkt hätte", sagt Spaenle. Dass es sich nun sogar finanziell beteilige, sei ein "sehr respektabler Schritt".

Biografien der Opfer sollen im Mittelpunkt stehen

Für den Minister kommt die Zusage zu einem günstigen Zeitpunkt. Er fliegt nach eigenem Bekunden am Wochenende nach Israel und will dort auch das Konzept vorstellen, wie in München künftig des Attentats gedacht werden soll. Während der Sommerspiele 1972 hatten palästinensische Terroristen das Quartier der israelischen Mannschaft an der Connollystraße überfallen, zwei Mitglieder erschossen und neun weitere als Geiseln genommen.

Sie starben später bei einer missglückten Befreiungsaktion auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck, ebenso wie ein deutscher Polizist. Die Biografien der Opfer sollen im Mittelpunkt eines pavillonartigen Gedenkorts stehen, der zwischen Olympischen Dorf und Olympiastadion gebaut werden soll.

Mit dem Gedenken an die Opfer von 1972 hat sich das IOC stets schwer getan. Schon die Tatsache, dass die Spiele am Tag nach dem Attentat einfach fortgesetzt wurden, hatten die Hinterbliebenen immer wieder kritisiert. Die Auseinandersetzungen kulminierten vor zwei Jahren, als die Olympischen Sommerspiele von London und der 40. Jahrestag des Attentats vor der Tür standen. Angehörige der Opfer forderten damals vom IOC, während der Londoner Eröffnungsfeier eine Schweigeminute einzulegen. Auch zahlreiche Politiker bis hinauf zum amerikanischen Präsidenten Barack Obama unterstützen dieses Anliegen.

Bachs Vorgänger Jacques Rogge lehnte es aber mit der Begründung ab, eine Eröffnungsfeier sei kein geeigneter Anlass für ein Gedenken. "Schande über das IOC", rief daraufhin Ankie Spitzer, die Witwe des 1972 ermordeten Fechttrainers André Spitzer, bei einer Veranstaltung des Olympischen Komitees von Israel. Sie unterstellte dem IOC, die Gedenkminute aus Angst vor einem Olympia-Boykott arabischer Staaten abzulehnen. Dieter Graumann, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, warf dem IOC damals "vereiste Seelenlosigkeit" vor.

Kosten von 1,7 Millionen Euro

In München erinnern bislang nur zwei Gedenksteine an die Ereignisse von 1972: Einer steht vor dem Haus Connollystraße 31, dem Ort der Geiselnahme, ein weiterer in der Nähe des Olympiastadions. Insbesondere auf den Druck des israelischen Generalkonsuls in München hin machte sich Ministerpräsident Horst Seehofer im Sommer 2012 das Anliegen der Angehörigen der Opfer zu eigen, eine richtige Gedenkstätte zu errichten. Vergangenen Herbst billigte die Staatsregierung das Konzept, das unter Spaenles Federführung erstellt worden war.

Er rechnet mit Kosten von etwa 1,7 Millionen Euro für den Bau und die Ausstellung. Der Bund hat bereits 350 000 Euro zugesagt, auch die Stadt München und der Freistaat werden sich wohl mit sechsstelligen Summen beteiligen. Der DOSB wird, wie vergangene Woche bekannt wurde, 20 000 Euro zahlen.

"Wir stehen zu diesem Projekt"

Auch wenn dies nur ein symbolischer Beitrag sei, schreibt Vesper an Spaenle, so wolle man doch zeigen: "Wir stehen zu diesem Projekt und sind froh, dass es einen dauerhaften Ort der Erinnerung an den schrecklichen Terroranschlag von damals gibt." Neben dem Gedenkort in München soll auch auf dem Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck eine Ausstellung entstehen.

Angesiedelt ist das Projekt bei der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, die dem Kultusministerium untersteht. Seit einigen Wochen ist dort auch eine Kuratorin angestellt, die sich eigens um den Gedenkort kümmert: Piritta Kleiner, die zuvor für das Jüdische Museum in München arbeitete. Zur Gestaltung des Gedenkorts läuft laut Kultusministerium derzeit ein Wettbewerb, im September soll ein Preisgericht über die eingereichten Vorschläge entscheiden, die dann auch ausgestellt werden sollen. Geplant ist bislang, die Gedenkstätte im September 2016 zu eröffnen.

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