"Linksruck" im Stadtverband:Für die kleinen Leute streiten

Markus Grill heißt der neue Ortsvorsitzende der SPD in Freising. Der 41-Jährige, unverkennbar Schwabe, will zurück zu den Wurzeln der Partei

Von Kerstin Vogel

Der neue Vorsitzende der Freisinger SPD wohnt erst seit vier Wochen im Stadtgebiet - doch für die Genossen ist er kein Unbekannter: Markus Grill, 41, ist seit zweieinhalb Jahren hauptamtlicher Regionalgeschäftsführer der SPD für Freising, Erding und Ebersberg - und seit Mittwochabend führt er ehrenamtlich nun auch den Ortsverein, den er in einer ersten Amtshandlung gleich einmal in Stadtverband umbenannte. Seine neue Wahlheimat Freising ist für ihn eine "trendige Stadt und eine Stadt mit Zukunft", wie er sagte, auch wenn er mit Itzling für sich und seine Frau Katharina doch eher eine ländliche Bleibe gewählt hat.

Grill bezeichnet sich selber als "linken Sozialdemokraten und Gewerkschafter, dabei immer katholisch geblieben", als einen Menschen, der manchmal cholerisch sei, vieles aber auch mit Humor nehmen könne, ferner als Geschichtsliebhaber, "I-Dipferl-Scheißer", Fleischesser und FC Augsburg-Fan. Sprachlich gesehen ist Grill unverkennbar Schwabe und mit ihm soll die Freisinger SPD zurück zu ihren Wurzeln finden, wie er in seiner Vorstellungsrede sagte: "Wir müssen wieder eine Partei der kleinen Leute und als solche auch wahrgenommen werden", forderte er. Als ein erstes politisches Ziel für die Stadt Freising nannte er die Einführung eines Mietspiegels und versicherte unter anderem, dass die notwendigen Investitionen in die örtlichen Schulen "mit der SPD nicht verhandelbar sind".

Seinem Vorgänger Peter Warlimont bescheinigte Grill, dass dieser nach den Querelen und Differenzen der Vergangenheit aus dem Ortsverein wieder eine Gliederung gemacht habe, "die auf soliden Füßen steht". Keinesfalls wolle er jetzt sofort alles umkrempeln, versicherte Grill, präsentierte aber gleichwohl einige Ideen für die Zukunft, die seine Handschrift tragen sollen: eine zweitägige Klausurtagung des Vorstands im Herbst beispielsweise, oder ein Neujahrsempfang der SPD.

Dass der neue Vorstand der Freisinger SPD politisch gesehen künftig etwas weiter links zu suchen sein wird, lässt sich auch an den weiteren Personalien von Mittwochabend festmachen. Zu gleichberechtigten Stellvertretern wurden von den 24 anwesenden Mitgliedern Ernst Kugler und Beate Dörnhöfer gewählt, die sich beide ebenfalls als eher links stehend eingeordnet hatten. Kugler ließ sich dabei von neun Gegenstimmen nicht beeindrucken: "Die überzeuge ich schon noch", versprach er gut gelaunt.

Zuvor hatte der bisherige Vorsitzende Warlimont an den Wahlmarathon der vergangenen Monate erinnert. In allen überregionalen Wahlkämpfen habe die SPD von allen Parteien am stärksten auf Inhalte gesetzt, sagte er. Die auch personell sehr guten Angebote der Sozialdemokraten seien aber leider "nicht so belohnt worden, wie wir uns das gewünscht hätten und wie es gut für das Land gewesen wäre", bedauerte er. Für das besonders schlechte Abschneiden der SPD bei der Kommunalwahl im März übernehme er als Vorsitzender natürlich einen Teil der Verantwortung.

Das Klima in Freising sei für die SPD jedoch sehr rau, gab er zu bedenken. Beim Thema Flughafenausbau hätten die Grünen einen "emotionalen Vorsprung". Dass die Freisinger Genossen dazu beigetragen hätten, in der Bayern-SPD den Meinungsumschwung zum Bau der dritten Startbahn herbeizuführen, sei nicht so angekommen. Trotzdem dürfe man die Verluste bei der Kommunalwahl nicht nur an dem Startbahnthema aufhängen, räumte er selbstkritisch ein: "Wir müssen an unserem Profil arbeiten und streitbarer sein", so seine Folgerung.

Dazu beitragen will Warlimont selber künftig in seiner neuen Funktion als Stadtrat. Als wichtiges Thema nannte er allem voran die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Das trage mehr zur Lebensqualität der Freisinger bei als etwa der höhengleiche Ausbau in der Innenstadt, so Warlimont, der im Übrigen davon ausgeht, dass die geplante Moosachöffnung "doch etwas mehr kostet, als bisher im Raum steht". Und bei all der angenehmen Kollegialität, die derzeit im Stadtrat herrsche, müsse man aufpassen, "dass hier nicht eine Atmosphäre entsteht, in der sich immer alle lieb haben müssen, um den Frieden nicht zu stören", so Warlimont: "Eine gewisse Streitkultur müssen wir uns bewahren.

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