Tatort Stuttgart: "Freigang":Richy, das Chamäleon

Tatort

Die Stuttgarter Tatort-Kommissare Lannert (Richy Müller, r.) und Bootz (Felix Klare).

(Foto: SWR/Alexander Kluge)

Der letzte "Tatort" vor der Sommerpause ist ein bündig erzähltes Stück mit dem Ergebnis: Der vermeintliche Vorzeigeknast in Zuffenhausen ist gar kein Vorzeigeknast. Vor allem aber lehrt der Film etwas über Hauptdarsteller Richy Müller.

Von Holger Gertz

Neulich in Bremen war es ein Clan der Müllabfuhr, hinter dessen orange lackierter Fassade sich das Verhängnis verbarg. In Stuttgart verbirgt es sich sozusagen auf höherer Ebene, in der JVA Zuffenhausen, natürlich ein Vorzeigeknast. Eine Frau ist ermordet worden, die Täter-DNA ist die ihres Mannes, allerdings ist der gerade inhaftiert und kann es also eigentlich nicht gewesen sein.

Weil so etwas Ähnliches schon mal vorgekommen ist, liegt der Fall auf der Hand: Der Vorzeigeknast ist kein Vorzeigeknast. Dass jene Institutionen, die die Gesellschaft sauber halten sollen, selber verdreckt sind, ist ein Motiv, das in der letzten Zeit ziemlich strapaziert wird im TV-Krimi: der Polizist als Täter, das Gefängnis als Moloch sind keine irrsinnig originellen Gedanken. Außerdem wird der ermittelnde Kommissar Lannert (Richy Müller) öfter mal irgendwo eingeschleust.

Im letzten Fall aus Stuttgart wurde aus ihm ein Mitarbeiter im Jugendklub, diesmal wird er als Schließer im Knast tätig. Wenn der Hamburger Tschiller im Tierpark der Ermittler der Gorilla ist, dann ist Lannert eindeutig das Chamäleon. Ein bewundernswertes Tier, imstande sich jeder Umgebung derart geschmeidig anzupassen, dass man denkt, es wäre schon immer da gewesen.

Dies ist der letzte Tatort vor der Sommerpause, ein bündig und fließend erzähltes Stück, und obwohl das Setting sich an andere Episoden anlehnt, wird die Spannung bis zum Ende ganz gut gehalten. Neben den Bremern und den Kölnern haben auch die Schwaben inzwischen zu einer verlässlich passablen Form gefunden. Und Lannert gibt mit seiner ewig heiseren Stimme den Ton vor: eher verhalten, nicht zu viel quatschen, nicht zu viel erklären. Die Dinge entfalten sich behutsam, aber nicht ohne Drive.

In den kommenden Wochen wird statt des Tatorts immer Fußball kommen. Lannert würde einen ganz passablen und in sich ruhenden Schweinsteiger abgeben, ist aber zu klein und zu alt.

ARD, Pfingstmontag, 20.15 Uhr.

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