Nachlese zum Stuttgart-Tatort:Ein Hoch auf das Schwabenland

Lesezeit: 2 min

Richy Müller (r.) und Herbert Knaup im Stuttgarter Tatort. (Foto: SWR/Johannes Krieg)

Sie wollen mitreden über den "Tatort"? Hier erfahren Sie, warum der aktuelle Fall aus Stuttgart ein Krimi der alten Schule ist und was das "Scheiß-Gestöhne" im Hinterzimmer eines Bordells damit zu tun hat. Die "Tatort"-Nachlese zum letzten Fall vor der Sommerpause - mit den besten Zuschauerkommentaren.

Von Matthias Kohlmaier

Darum geht's:

Es gibt eine Ermordete, unter ihren Fingernägeln finden sich DNA-Spuren, mit denen sich der Täter eindeutig identifizieren lässt. Dumm nur, dass der Mann im Gefängnis sitzt und damit ein eindeutiges Alibi vorweisen kann. Die Stuttgarter Ermittler Lannert und Bootz stoßen jedoch auf Ungereimtheiten in der zuständigen Justizvollzugsanstalt Zuffenhausen - und Lannert wird als verdeckter Ermittler in der JVA eingeschleust.

Lesen Sie hier die Rezension von SZ- Tatort-Kritiker Holger Gertz:

Tatort Stuttgart: "Freigang"
:Richy, das Chamäleon

Der letzte "Tatort" vor der Sommerpause ist ein bündig erzähltes Stück mit dem Ergebnis: Der vermeintliche Vorzeigeknast in Zuffenhausen ist gar kein Vorzeigeknast. Vor allem aber lehrt der Film etwas über Hauptdarsteller Richy Müller.

Von Holger Gertz

Bezeichnender Dialog:

Herbert Knaup spielt im Tatort "Freigang" den zwielichtigen Sicherheitschef Franke der JVA Zuffenhausen, Lannert ist ihm bei seinem Undercover-Einsatz im Gefängnis unterstellt.

Franke: Du und Schultz, ihr seid ein gutes Team, arbeitet gut zusammen.

Lannert: Schultz ist fertig, wegen seinem Schwiegersohn.

Franke: Das ist bitter für uns alle. Die Leute da draußen wollen, dass der Knast unsichtbar ist, nicht riecht und nicht schmutzt. Verstehste?

Lannert: Keiner will Ärger.

Franke: So ist es. Mein Bau ist unsichtbar, aber der Scheffler hat Ärger gemacht. Nicht weil er sich aufgehängt hat, sondern weil er sich im Bau aufgehängt hat. Das war scheiße!

Die beste Szene:

Lannert und Bootz treffen sich während der verdeckten Ermittlungen im Hinterzimmer eines Bordells, um den Fall zu besprechen. Während es im Gespräch um Mord, Totschlag und Bootz' Frau geht, die ihn kürzlich verlassen hat, werden die Lustschreie aus dem Nebenzimmer immer lauter. Bootz motzt: "Scheiß-Gestöhne hier!" Irgendwann hat es sich ausgestöhnt, Bootz hält kurz inne und sagt mit Blick gen Wand: "Na, endlich."

Die Erkenntnis:

Es gibt doch noch Dialekt im Tatort. Es soll Kritiker geben, denen das Lokalkolorit an den vielen öffentlich-rechtlichen Krimischauplätzen viel zu kurz kommt, und Mundart wird ja auch viel zu wenig gesprochen. Diese Kritiker sollten nach der neuesten Episode aus Stuttgart vorerst befriedigt sein. "Du bisch ja scho do", freut sich die Frau über die Heimkehr ihres Mannes. Und der "Vadder", der ist noch im "Dienscht". Und auf eine Frage des Polizisten antwortet die junge Witwe: "Noi, wie kommet Sie da drauf?" Ein Hoch auf das Schwabenland.

Die besten Zuschauerkommentare:

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Top:

Von den wenigen Highlights, die der Film zu bieten hat, haben zwei mit der Musikauswahl zu tun. Wenn Lannert zum konspirativen Treffen im Stripclub eintrifft und dort Marcy Playgrounds "I smell sex and candy" aus den Boxen trällert, ist das schon amüsant. Wenn aber wenig später im selben Stripclub der dubiose Franke ins Bild kommt und "(You're the) Devil in Disguise" vom King of Rock n' Roll persönlich läuft, dann ist das sehr fein ausgewählt.

Flop:

"Freigang" ist ein Tatort der alten Schule. Der ganz alten Schule. Jede von den Kommissaren gewonnene Erkenntnis wird in der nächsten Szene nochmal mundgerecht portioniert wiederholt, damit auch wirklich jeder noch so schnarchnasige Zuseher mitbekommt, dass es nun einen neuen Verdächtigen et cetera gibt. Dazu ist Tempowechsel ein absolutes Fremdwort. Der Film wird niemals besonders schnell oder besonders langsam, nie besonders laut oder leise, er plätschert einfach so dahin.

Die Schlusspointe:

Es ist ein untypischer Krimi, in dem die Guten fast von Beginn an immer einen Informationsvorsprung gegenüber den Bösen haben. (Womöglich mag auch deshalb nur selten so etwas wie Spannung aufkommen.) Immerhin haben sich die Macher nach 80 Minuten Dahinplätscherei für das Finale noch eine kleine unerwartete Wendung ausgedacht. Aber die Kavallerie kommt natürlich trotzdem rechtzeitig und alles wird gut.

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