Ukraine und Russland:Putin signalisiert dem Westen Entgegenkommen

Ukrainisch-Russische Grenze

Ukrainische Grenzwachen patroullieren an der Ukrainisch-Russischen Grenze nahe Marynivka. Wladimir Putin möchte jetzt die russische Seite stärker kontrollieren.

(Foto: REUTERS)

Nach seiner Vereidigung als Staatschef ruft Petro Poroschenko die prorussischen Separatisten zur Waffenruhe auf und stellt Bedingungen für eine Amnestie. Wladimir Putin verstärkt die Grenzen zur Ukraine und setzt damit ein positives Zeichen.

  • Neu gewählter ukrainischer Staatschef Poroschenko tritt Amt an
  • Putin signalisiert erstes Entgegenkommen und kündigt verstärkten Grenzschutz an
  • Steinmeier warnt Ukraine vor unverhältnismäßigen Militäreinsätzen
  • Poroschenko sichert Separatisten Straffreiheit zu, bleibt in Krimfrage aber hart
  • Bundespräsident Gauck gratuliert Poroschenko und besucht den Maidan
  • US-Vizepräsident Biden stockt Ukraine-Hilfe symbolisch auf

Putin signalisiert erstes Entgegenkommen: Nach der Vereidigung von Petro Poroschenko zum ukrainischen Präsidenten ordnet Putin verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zur Ukraine an. Damit sollen illegale Grenzübertritte ausgeschlossen werden, meldet die russische Agentur Interfax unter Berufung auf den Kreml. Der für den Grenzschutz zuständige Inlandsgeheimdienst FSB sieht sich seit Wochen Vorwürfen der Ukraine ausgesetzt, russische Söldner in die Ostukraine vorzulassen.

Russland fordert Ende des Blutvergießens: Im Gegenzug fordert Russland, dass die Ukraine ihren Militäreinsatz mit Panzerfahrzeugen und Artillerie beendet, um einen Dialog in den Gebieten Donezk und Lugansk zu ermöglichen. Das sagte die Chefin des russischen Föderationsrates, Valentina Matwijenko, am Samstagabend im russischen Staatsfernsehen. Die Antrittsrede Poroschenkos kommentierte sie abschätzig. "Das sind alles nicht mehr als Illusionen von Herrn Poroschenko. (...) Ohne Russland wird dieses Land nicht aus der politischen und nicht aus der wirtschaftlichen Krise kommen." Auch der Chef des russischen Sicherheitsrats, Nikolai Patruschew, fordert ein Ende des Blutvergießens in der Ostukraine. Kiews Führung müsse aufhören, "in vollem Umfang die Armee einzusetzen", sagte Patruschew in einer ausgestrahlten Sendung des russischen Staatsfernsehens Rossija 24. Er warf Kiew die "Vernichtung des eigenen Volkes" vor.

Steinmeier warnt vor unverhältnismäßigen Militäreinsätzen: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnt die ukrainische Regierung vor unverhältnismäßigen Militäreinsätzen gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes. In der angespannten Lage sei es "klug, beim Einsatz militärischer Mittel vorsichtig und mit Augenmaß vorzugehen", sagt Steinmeier dem Tagesspiegel am Sonntag aus Berlin. Er forderte zugleich einen Beitrag Russlands zur Stabilisierung der Ukraine. Es sei "ganz wichtig, dass Moskau öffentlich die territoriale Einheit der Ukraine stützt und alle Bestrebungen zur Abtrennung ablehnt."

Poroschenko bleibt in Krimfrage hart, legt aber Friedensplan vor: Zwar ruft der neuvereidigte ukrainische Präsident Petro Poroschenko erneut zum Frieden auf, will aber in der Krimfrage keine Kompromisse eingehen. "Die Krim wird immer ukrainisch bleiben", sagt er. Diese Ansage wird mit Standing Ovations im Parlament gewürdigt. In russischer Sprache richtet sich der neue Staatchef dann an die prorussischen Separatisten: Er verspricht eine Amnestie für all jene, die niemanden getötet haben und einen Korridor, damit die Separatisten das Land verlassen können. Ebenso kündigt er Dialogbereitschaft an. Er habe vor, in die Region Donezk zu reisen, um auch dort seinen Friedensplan vorzustellen.

Poroschenkos Rede klar prowestlich geprägt: Schon der Beginn von Poroschenkos Rede zur Amtseinführung ist klar prowestlich geprägt. Er sagt: "Wir müssen mit Kopf und Fuß in der Ukraine stehen und in Europa." Schon bald wolle er den wirtschaftlichen Teil des EU-Assoziierungsabkommens unterzeichnen. Er wünsche sich Visumsfreiheit, sagt Poroschenko. Niemand habe das Recht, die Ukraine auf ihrem Weg in die EU zu stören, sagt er angesichts von Versuchen Russlands, den Westkurs der Ex-Sowjetrepublik zu bremsen. Sein langfristiges Ziel sei der EU-Beitritt.

Dezentralisierung und Kampf gegen Korruption: Auch zu einem der größten innenpolitischen Probleme bezieht Poroschenko Stellung - zur Korruption. "Ganz einfach: Offizielle nehmen kein Bestechungsgeld, Bürger geben keines", sagt er. Außerdem sollen Minderheiten mehr Rechte bekommen. So verspricht er den Menschen im Osten des Landes das Recht, Russisch zu sprechen und eine Dezentralisierung der Macht zugunsten stärkerer Befugnisse für die Regionen.

US-Vizepräsident Biden stockt Ukraine-Hilfe symbolisch auf: Die USA haben ihre Hilfen für die Ukraine leicht erhöht. Vizepräsident Joe Biden kündigte laut einer Erklärung des Weißen Hauses am Samstag in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an, Washington gebe der Ukraine zusätzlich 48 Millionen Dollar (rund 35 Millionen Euro). Damit greifen die USA dem Land mit insgesamt 184 Millionen Dollar in diesem Jahr unter die Arme. Biden hatte zuvor an der Vereidigung von Poroschenko teilgenommen.

Reaktionen auf Amtsantritt: Russlands Botschafter in der Ukraine, Michail Surabow, würdigt den neuen ukrainischen Staatspräsidenten Poroschenko als "ernstzunehmenden Partner". Sein Dialogangebot an Moskau sei "ermutigend". Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gratuliert Poroschenko in einer Mitteilung zum Amtsantritt und zeigt sich zuversichtlich, dass er das Land stabilisieren werde. Die Nato wolle die Souveränität, die Unabhängigkeit und die territoriale Integrität der Ukraine unterstützen. Die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko sagt der Nachrichtenagentur Interfax, dass Poroschenko für Stabilität sorgen werde.

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