"Letzter Moment" im Ersten:Ganz ohne ARD-Romantikgarantie

"Letzter Moment" in der ARD

Matthias Habich und Ulrike C. Tscharre im ARD-Film "Letzer Moment"

(Foto: NDR/Georges Pauly)

Der Mittwochsfilm "Letzter Moment" in der ARD erzählt von der Schwierigkeit zwischenmenschlicher Beziehungen. Dabei reißt der Film die großen Fragen sehr fein an, ohne sie je zu benennen.

Von Katharina Riehl

Die Liebe in all ihren Darstellungsformen ist in der ARD traditionell ein Thema für den Freitagabend, wenn die Produktionsfirma Degeto das Leben mit einem Hauch von Puderzucker bestreut. Am Mittwochabend sendet das Erste zwar auch Spielfilme, aber meist ist die Liebe hier nur ein Statist, wenn man doch intensiv seinem Bildungsauftrag nachkommen will. Mittwochs in der ARD geht es um Krankheit, Mobbing, Steuerfahndung, Gewalt oder Komasaufen - Problemfilme, die immer ein großes Thema im Mittelpunkt haben, aber selten eine Figur und ihre Geschichte.

Es ist ein Film ohne aktuelles oder sonstwie gerade besonders relevantes Thema, den NDR und Arte schon im Herbst 2009 drehten, der aber erst jetzt einen Sendeplatz in der ARD bekommen hat. Sathyan Ramesh (Buch und Regie) erzählt eine Geschichte, die erst einmal so klingen mag, als könnte sie auch im Puderzuckerprogramm jederzeit gut unterkommen: Isabel (Ulrike C. Tscharre) lernt nur wenige Tage vor ihrer Heirat einen fast 40 Jahre älteren Mann kennen (Matthias Habich), verliebt sich und türmt in weißem Tüll von ihrem eigenen Hochzeitsfest. Beim ersten Zusammentreffen des neuen Freundes mit den Eltern erkennen der Liebhaber und Isabels Mutter (Gila von Weitershausen) sich wieder. Sie waren einst ein Liebespaar, sahen sich jahrzehntelang nicht und ließen einander doch nie ganz gehen.

Großartiges Ensemble

Aus so eine Geschichte aber kann ohne weiteres ein schöner Film werden, einfach weil keine der Handlungswendungen so verläuft, wie man es - schließlich fernsehfilmgeschult - immer kurz zuvor vermutet. Weil Letzter Moment anhand seiner aktuellen und vergangenen Beziehungen sehr fein ein paar große Fragen anreißt, ohne sie je zu benennen. Sind 35 glückliche Ehejahre plötzlich nichts mehr wert, weil es im Rückblick auch einen anderen, möglicherweise noch besseren Lebensweg gegeben hätte? Sind viele Jahre mit wenig Liebe besser als wenige Jahre mit viel Liebe?

Großartig ist vor allem das Ensemble der vier Schauspieler (Thomas Thieme spielt Isabels Vater), deren Figuren im letzten Drittel des Films samt all ihren Enttäuschungen aufeinanderzurasen. Und keine ARD-Romantikgarantie, die sie retten könnte.

Letzter Moment, ARD, 20.15 Uhr.

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