Irak-Krise:Isis-Islamisten rücken weiter im Nordirak vor

Die Stadt Tal Afar war bislang ein Bollwerk der Sicherheitskräfte. Jetzt soll die Islamisten-Miliz Isis die strategisch wichtige Stadt kontrollieren. Die US-Regierung will schon diese Woche mit Iran über den Konflikt im Irak beraten und hält den Einsatz von Drohnen gegen die Isis für eine mögliche Option.

  • Islamisten-Miliz soll strategisch wichtige Stadt Tal Afar kontrollieren
  • Iran will keine Irak-Gespräche mit USA bei Atomverhandlungen
  • Kerry hält Drohnen-Einsatz für mögliche Option
  • Mutmaßliche Isis-Islamisten in Madrid festgenommen
  • Arabische Außenminister beraten über mögliche Gegenmaßnahmen
  • Isis bietet kurdischer Armee Waffenstillstand an

Islamisten-Miliz Isis bringt Teile von Tal Afar in ihre Gewalt

Im Kampf um die strategisch wichtige Stadt Tal Afar im Norden des Irak gewinnen die Rebellen an Boden. Die Sicherheitskräfte beharren zwar darauf, weiter die Kontrolle über die schiitische Enklave zu haben. Zahlreiche Einwohner und Behördenvertreter sagen jedoch, Rebellen hätten Teile der Stadt in ihre Gewalt gebracht. Der örtliche Regierungsvertreter Abdulal Abbas sagt, die Stadt sei mit "Märtyrern, Verletzten, Chaos und Flüchtlingen" konfrontiert. Abbas spricht von 200 000 Flüchtlingen und fordert internationale Unterstützung. Die Terrorgruppe selbst gibt bekannt, sie habe Hunderte Häftlinge aus einem Gefängnis der Stadt befreit. Eine unabhängige Bestätigung für diese Angaben gab es nicht.

Die Bevölkerung von Tal Afar ist mehrheitlich schiitisch, während die umliegenden Gebiete vorwiegend von sunnitischen Arabern und Kurden bewohnt sind. Die Stadt hatte bisher der Offensive der radikalen Dschihadistengruppe Isis widerstanden. Tal Afar diente der Regierung bislang als Bollwerk zwischen den von den Extremisten kontrollierten Gebieten im Irak und Syrien, wo sie ebenfalls Gebiete im Nordosten des Landes kontrollieren. Der Verlust von Tal Afar wäre ein weiterer Rückschlag für die irakische Armee.

Dschihadistische Milizionäre und die Armee liefern sich in der Nähe Bagdads weiter heftige Gefechte. Sicherheitskreisen zufolge wurden dabei in der Region von Bakuba, 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt, mindestens 23 Kämpfer der Isis getötet. Isis meldete, mindestens 75 Menschen bei Selbstmordanschlägen in Bagdad getötet zu haben.

Iran will keine Irak-Gespräche mit USA bei Atomverhandlungen

Der Iran wird bei den Atomverhandlungen keine Gespräche mit den USA über die Krise im Irak führen. "Bei den Verhandlungen in Wien reden wir - auch mit den Amerikanern - nur über das iranische Atomprogramm", sagte Vizeaußenminister Abbas Araghchi. Auch in dem Treffen zwischen Außenminister Mohammed Dschwad Sarif und dem US-Vizeaußenminister William Burns am Montagnachmittag gehe es nur um das Atomprogramm und nicht um den Irak, sagte Araghchi. Präsident Hassan Ruhani hatte am Samstag Gespräche und auch eine Zusammenarbeit mit den USA in der Irakkrise nicht ausgeschlossen. Außerdem hatte Ruhani erklärt, dass die Atomtreffen Teil der iranischen Außenpolitik seien und daher nicht nur über das Atomprogramm verhandelt werde. Das Wall Street Journal hatte unter Berufung auf hochrangige US-Regierungsvertreter berichtet, dass der Dialog voraussichtlich diese Woche beginnen werde. Ungewiss sei allerdings, über welche diplomatischen Kanäle die Regierung in Washington den Kontakt suche.

Kerry hält Drohnen-Einsatz für mögliche Option

US-Außenminister John Kerry hält eine militärische Zusammenarbeit mit dem Iran gegen die Isis für möglich. "Ich würde nichts ausschließen, was konstruktiv wäre", sagte er in einem Interview mit YahooNews. Zudem würden auch Angriffe mit unbemannten Flugzeugen gegen die Extremisten geprüft, sagte Kerry. US-Präsident Barack Obama prüfe "jede verfügbare Möglichkeit sehr genau". Den USA sei sehr wichtig, dass der irakische Staat nicht zerfalle. Es gehe um die Stabilität der Region.

Mutmaßliche Isis-Islamisten in Madrid festgenommen

Die spanische Polizei nimmt bei einer Razzia acht mutmaßliche Islamisten mit Verbindungen zu der Extremistengruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) fest. Wie das Innenministerium in Madrid mitteilt, wurde die Gruppe von einem früheren Häftling des US-Gefangenenlagers Guantánamo angeführt. Sie soll demnach Kämpfer für die Dschihadisten-Gruppe Isis angeworben haben, die im Irak und im syrischen Bürgerkrieg kämpft. Nach Informationen der Zeitung El País handelt es sich beim Anführer der Gruppe um einen Marokkaner, der 2001 in Afghanistan gefangen genommen wurde und jahrelang in Guantánamo festgehalten wurde.

Arabische Außenminister beraten über mögliche Gegenmaßnahmen

Die Außenminister der arabischen Staaten kommen an diesem Mittwoch und Donnerstag in Saudi-Arabien zusammen, um über den Vormarsch der Dschihadisten im Irak zu beraten. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, teilte in Kairo mit, dass es bei dem Treffen in Dschiddah um die "kritische Lage" im Irak und mögliche Gegenmaßnahmen gehen soll. Die Arabische Liga zeige sich äußerst besorgt über die Zunahme der "Terroreinsätze" im Irak.

Isis bietet kurdischer Armee Waffenstillstand an

Die Isis soll der kurdischen Armee am Sonntagabend einen Waffenstillstand angeboten haben. Die Dschihadisten hätten einen Kurier zum kurdischen Stützpunkt bei Tus Churmatu im Ostirak geschickt, berichtet die kurdische Nachrichtenseite Rudaw. Demnach habe der Kurier angeboten: "Wenn ihr uns nicht angreift, greifen auch wir nicht an." Zuvor hatte die irakische Armee im Kampf gegen die Isis in der Autonomieregion Kurdistan im Nordirak um Unterstützung der kurdischen Truppen gebeten. Die Peschmerga genannte kurdische Armee sicherte daraufhin die nordirakische Stadt Kirkuk und deren Umland sowie weite Teile der nördlichen Provinzen Nineve und Dijala. Die besonders ölreichen Provinzen waren bisher in irakischer Verwaltung. Das kurdische Verteidigungsministerium gab an, die Eroberungen nicht mehr herzugeben. Erst solle Bagdad Artikel 140 der irakischen Verfassung zur Anwendung bringe, zitiert die Nachrichtenseite Al-Sumaria News einen kurdischen Offizier. Artikel 140 der nach dem Sturz des Präsidenten Saddam Hussein durch die USA geschriebenen irakischen Verfassung sieht ein Referendum für die kurdischen Regionen des Iraks vor. Die Bevölkerung der Provinzen Kirkuk, Salaheddin, Nineve und Dijala sollen über eine Zugehörigkeit zur kurdischen Autonomieregion entscheiden. Die Regionen werden zu großen Teilen von kurdischstämmigen Irakern bewohnt, aber bislang von Bagdad aus verwaltet.

Speichersticks mit brisanten Infos zu Isis aufgetaucht

Beim Kampf gegen Isis sind einem Guardian-Bericht zufolge den irakischen Truppen mehr als 160 Speichersticks der Islamistenmiliz mit hoch brisanten Informationen in die Hände gefallen. Darunter seien Namen und Kriegsnamen aller ausländischen Isis-Kämpfer, von Isis-Anführern, Codewörter, die Initialen von Informanten in Ministerien sowie die kompletten Finanzdaten der Organisation. "Wir waren alle verblüfft, und die Amerikaner auch", sagt ein Geheimdienstoffizier dem Guardian. In den Besitz der Daten gelangten die irakischen Streitkräfte dem Bericht zufolge bereits vor dem Fall Mossuls.

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