Isis in Westeuropa:Polizei nimmt mutmaßliche Dschihadisten fest

Die Bundespolizei bezeichnet ihn als "dicken Fisch": Am Berliner Flughafen Tegel ist am Wochenende ein Franzose unter Terrorverdacht in Gewahrsam genommen worden. Er soll sich in Syrien der Terrororganisation Isis angeschlossen haben. In Spanien verhaften die Behörden acht Verdächtige - darunter einen ehemaligen Guantánamo-Häftling.

Der Mann war stolz auf seine Verletzungen. Er zeigte die Schusswunden, die er sich bei Kämpfen in Syrien geholt hatte, posierte regelrecht, stellte sie im Internet aus. Den Behörden galt B. als "dicker Fisch". Eine Wortwahl, die vielleicht deswegen zur Anwendung kam, weil ihnen eben dieser Fisch nun tatsächlich ins Netz ging. Womöglich gerade noch rechtzeitig.

B. soll in Syrien gekämpft und dort auch Kontakt zur Terrorgruppe Isis gesucht haben, die derzeit ganz Irak Schrecken verbreitet. Am Samstag reiste der französische Staatsbürger über Istanbul nach Berlin und wurde dort am Flughafen Tegel mit Handschellen erwartet. Gegen 21 Uhr wurde er in Gewahrsam genommen, wie ein Sprecher der Bundespolizei bestätigte. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge wird ihm nach den entsprechenden Paragrafen des deutschen und des französischen Strafgesetzbuches die Vorbereitung einer terroristischen Handlung vorgeworfen. Es besteht also der Verdacht, dass der heimkehrende Dschihadist Gleichgesinnte rekrutieren wollte oder einen Anschlag in Europa plante.

Hier hat das Zusammenspiel zwischen den deutschen und den französischen Behörden offenbar deutlich besser funktioniert als noch vor wenigen Wochen im Fall von Mehdi Nemmouche, der den Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel verübte. Für einen Haftbefehl gegen Nemmouche, der sich in Syrien Isis angeschlossen hatte, hatten die Hinweise nicht ausgereicht. Die Beamten informierten sich zwar gegenseitig, aber nach der Grenzkontrolle am Flughafen verschwand Nemmouche vom Radar.

"Erhebliche Gefahr" durch 100 Extremisten

In B.s Fall bat die Bundespolizei die französischen Kollegen umgehend um Prüfung, ob die Ermittlungen gegen ihn nicht für einen Haftbefehl reichen. Der lag nur wenige Stunden später vor, rechtzeitig, um den Verdächtigen noch am Berliner Flughafen zu stellen. B. wird voraussichtlich in den kommenden Wochen nach Frankreich ausgeliefert. Gegen den mutmaßlichen Islamisten soll in den nächsten Tagen ein Auslieferungshaftbefehl erlassen werden.

Erst vorige Woche hatte Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, vor der "erheblichen Gefahr" gewarnt, die aus Europa stammende Islamisten nach ihrer Rückkehr aus Syrien darstellten und auf den Brüsseler Anschlag verwiesen. Der Fall B. scheint diese Einschätzung nun erneut zu bestätigen.

Er ist nicht der einzige. Dem Verfassungsschutz zufolge sind allein aus Deutschland seit Beginn des Syrien-Konflikts mehr als 320 Extremisten in das Bürgerkriegsland gereist, haben dort teils Kampferfahrung gesammelt und sich radikalisiert. Etwa 100 von ihnen sind wieder zurück in Deutschland. Die Behörden in Frankreich schätzen, dass etwa 700 französische Dschihadisten in Syrien kämpfen oder bereits zurück in ihrer Heimat sind.

Acht Verdächtige in Spanien festgenommen

Noch im ersten Stadium dieses fatalen Prozesses der Radikalisierung hat die spanische Polizei eine Terrorzelle zerschlagen, wie am Montag bekannt wurde. Die Extremisten versuchten offenbar, in Madrid Kämpfer für die Terrororganisation Isis und den Kampfeinsatz in Syrien und im Irak anzuwerben. Acht Verdächtige wurden festgenommen, darunter auch ein ehemaliger Guantánamo-Häftling, der die Gruppe angeführt haben soll.

Nach Informationen der spanischen Zeitung El País soll es sich beim Anführer der Gruppe um den Marokkaner Lahcen Ikassrien handeln. Der heute 47-Jährige (nach anderen Angaben geboren 1972) wurde 2001 in Afghanistan festgenommen und jahrelang im US-Militärgefängnis Guantánamo gefangen gehalten. Die Terrorvorwürfe gegen ihn ließen sich nicht erhärten, woraufhin Ikasrrien freigelassen wurde.

In Madrid nahmen ihn die Polizisten am Morgen in seiner Wohnung im Stadtteil Concepción fest. Dort und in einer weiteren Wohnung stellten die Beamten Computer-Dateien sicher, berichtet El País weiter.

Bei den übrigen Verhafteten soll es sich um eine Person aus Argentinien handeln, die zum Islam konvertiert ist, des Weiteren um mehrere Marokkaner und Spanier. Den Angaben zufolge ist es der Polizei nicht gelungen, den Bruder von Mohamed Al Falah festzunehmen, einem der Verantwortlichen für die Anschläge auf die Madrider U-Bahn im März 2004. Bis vor wenigen Tagen soll sich der Bruder in Madrid aufgehalten haben, dann aber über Marokko nach Syrien gereist sein.

In den vergangenen drei Jahren wurden laut El País insgesamt 48 mutmaßliche Islamisten festgenommen.

Speichermedien mit brisanten Infos über Isis entdeckt

Im Kampf gegen Isis sind einem Guardian-Bericht zufolge den irakischen Truppen mehr als 160 Speichersticks der Islamistenmiliz mit hoch brisanten Informationen in die Hände gefallen. Darunter seien Namen und Kriegsnamen aller ausländischen Isis-Kämpfer, von Isis-Anführern, Codewörter, die Initialen von Informanten in Ministerien sowie die kompletten Finanzdaten der Organisation.

"Wir waren alle verblüfft, und die Amerikaner auch", sagt ein Geheimdienstoffizier dem Guardian. In den Besitz der Daten gelangten die irakischen Streitkräfte dem Bericht zufolge bereits vor dem Fall Mossuls.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: