DFB-Verteidiger Mats Hummels:Nach den Schmerzen eine Kusshand

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Schmerzen auf dem Rasen: Mats Hummels windet sich. (Foto: dpa)

Es sah so aus, als sei die frisch errichtete Abwehrreihe des Bundestrainers schon wieder eingerissen. Doch die Verletzung von Mats Hummels scheint weniger schwer zu sein als befürchtet. Dem ersten WM-Tor des Dortmunders sollen weitere Auftritte folgen.

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Nummer 5 wusste, dass es vorbei ist. Die Weltmeisterschaft, der Höhepunkt des Sommers, für die meisten auch der gedachte Höhepunkt des Fußballerlebens, war in diesem finsteren Moment für Nummer 5 beendet.

Fabio Coentrão, Portugals linker Verteidiger, fasste sich an den offensichtlich extrem schmerzenden Oberschenkel, rief nach den Sanitätern und hielt sich die Hände vors Gesicht. Sie brachten eine Liege und trugen ihn vom Platz. Er wird bei diesem Turnier nicht mehr wiederkommen, das konnten auch die medizinischen Laien im Stadion erkennen.

Auch Deutschlands Nummer 5 musste dann nach Hilfe rufen, etwas später, in der 73. Spielminute. Innenverteidiger Mats Hummels stützte sich auf die Schultern eines Betreuers und des Mannschaftsarztes Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, andernfalls hätten die Sanitäter auch ihn vom Feld tragen müssen.

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Allein hätte er die Strecke bis zur Seitenlinie nicht mehr geschafft. Nach einem Sprung zur Kopfballabwehr war Hummels unglücklich gelandet, und wie er sich nun mit leidender Miene zur Auswechslung schleppte, sah es so aus, als wäre die vom Bundestrainer frisch erbaute deutsche Abwehrreihe schon wieder eingerissen.

Doch anders als der unglückliche Coentrão kehrte Hummels zurück zu seiner Mannschaft, pünktlich zur kleinen Ehrenrunde reihte er sich wieder ein. Er humpelte, aber das hinderte ihn nicht daran, mit Portugals Miguel Veloso das Trikot zu tauschen, mit Benedikt Höwedes ein Fachgespräch unter Innenverteidigern zu führen und an den allgemeinen Feierlichkeiten teilzunehmen.

Zum Abschied warf er noch eine Kusshand ins Publikum, und da konnten sich die medizinischen Laien ziemlich sicher sein: Für den Dortmunder Abwehrspieler ist das Turnier noch nicht beendet, und das wird nicht nur die Person freuen, der die Kusshand galt, sondern auch den Bundestrainer.

Hummels hatte neben seinem wegweisenden Treffer zum 2:0 auch sonst einen tragenden Beitrag zum Sieg geleistet. Im Zentrum der neuen Abwehrkette - eine Art Schwermetall-Konstruktion - hat er mit der Wucht seiner 90 Kilo eine Schlüsselrolle neben Per Mertesacker, dessen Werk eher auf Umsicht als auf starker physischer Präsenz beruht.

Eine gute Stunde nach dem Abpfiff gab Hummels unter dem Vorbehalt seiner laienhaften Kenntnisse Entwarnung: Ein "klassischer Schlag" habe ihn am Oberschenkel erwischt, sagte er, "wenn nichts kaputt ist, dann ist die Sache in zwei, drei Tagen gegessen, und dann stünde auch einem Einsatz am Samstag nichts im Wege". Der 25-Jährige machte wahrlich nicht den Eindruck, als sei er das Opfer eines Verletzungsdramas.

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Es lässt sich auch nicht behaupten, dass die deutschen Spieler trommelnd, singend und tanzend durch den Kabinengang gezogen wären. "Sachlich, erleichtert, fröhlich", so schilderte Hummels die Stimmung in der Kabine, aber euphorisch? "Da fehlt noch einiges." Es war nur das erste Spiel, sechs weitere sollen noch folgen, und die werden größere Herausforderungen darstellen.

In den ersten Minuten habe es schon "ein paar Probleme gegeben", sagte Hummels, "da hätte es schon auch mal klingeln können". Aber nach dem 2:0 und dem Platzverweis für Pepe sah er keinen Anlass mehr für Zweifel - "wenn wir uns nicht ganz doof anstellen".

Dass sein erstes WM-Tor einem Eckstoß folgte, das könnte für Debatten im Land sorgen, denn Tore nach Standards kommen selten vor in der Nationalmannschaft. Aber wer sich nun freut, dass das beharrliche Eintreten für einen gepflegten und gezielten Umgang mit Ecken und Freistößen endlich Ergebnisse hervorbringt - der freut sich zu früh. "Es war ein gut geschlagener Eckball, und der landete zum Glück auf meinem Kopf. Aber es war keine einstudierte Variante", klärte Mats Hummels später auf. Aber er versprach mehr: "Hoffentlich können wir in den nächsten Spielen noch zeigen, was wir uns ausgedacht haben."

© SZ vom 17.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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