Riesending-Höhle:Die Arbeit der Retter

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Rettungskräfte stehen in der Nacht zum Donnerstag am Untersberg neben einer Seilwinde, nahe des Einstiegs der Riesending-Schachthöhle. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Tagelang schuftete das Rettungsteam unter der Erdoberfläche, jetzt ist der in der Riesending-Höhle verunglückte Forscher Johann W. in Sicherheit. Doch was machen die Retter in der Tiefe eigentlich genau - und wie kann man das lernen?

Von Sarah Kanning, Berchtesgaden

Seit der Höhlenforscher Johann W. in der Riesending-Schachthöhle verunglückte, strömen Retter aus halb Europa zum Untersberg-Massiv bei Berchtesgaden. Bis dahin arbeiteten sie für die Öffentlichkeit eher unbemerkt, wenig war über sie bekannt. Was machen Höhlenretter eigentlich - und wie kann man einer werden? Süddeutsche.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was machen Höhlenretter?

In erster Linie retten sie Menschen, die sich in natürlichen Höhlen im Berg verletzt oder andere Schwierigkeiten haben. Sie sind auch teilweise bei Rettungen aus Bergwerken oder künstlichen Höhlensystemen im Einsatz. Darüber hinaus suchen Höhlenretter Vermisste und bergen Tote. Sie kümmern sich um Natur- und Höhlenschutz und übernehmen die Krisenintervention bei Höhlenunfällen.

Wie wird man Höhlenretter?

In Bayern sind für Höhlenrettungen die Bergwachten zuständig, seit die Höhlenrettung im Jahr 2009 im Bayerischen Rettungsdienstgesetz verankert worden ist. Höhlenretter durchlaufen also die gleiche Grundausbildung bei der Bergwacht wie auch die Bergretter: Sie müssen an Bergrettungen im Winter und im Sommer teilnehmen, müssen Theorie zu Themen wie Lawinen-, Wetter- und Materialkunde pauken. Außerdem müssen sie das Gelände gut kennenlernen, in dem sie später arbeiten sollen, und sich über Natur- und Pflanzenschutz informieren. Ganz wichtig ist die Rettungssanitäterausbildung. Insgesamt dauert die Grundausbildung etwa drei Jahre, die Höhlenrettung ist dabei eine Zusatzqualifikation. Mit zwei Prüfungen, die jeweils ein Wochenende dauern, müssen Anwärter nachweisen, dass sie einen Menschen aus einer Schachthöhle retten können.

Welche Voraussetzungen muss ein Höhlenretter mitbringen?

Von der Bergwacht Freilassing, die seit 2009 für die Höhlenrettung im gesamten Chiemgau zuständig ist, heißt es dazu: Wer lernen will, wie man klettert, Klettersteige geht oder in Höhlen steigt, der ist beim Alpenverein gut aufgehoben. Wer zur Bergwacht will, muss das bereits können. Die Anwärter müssen sehr erfahrene Kletterer sein, abseits der Pisten bei allen Schneeverhältnissen skifahren können, auch mit dem Akia-Transportschlitten. Zudem müssen sie sich auch in schroffem Gelände zügig bewegen können und künftige Höhlenretter sollten schon einmal in Höhlen gegangen sein. Einmal wöchentlich trainiert die Bergwacht für die Grundausbildung, zweimal im Monat für Zusatzqualifikationen wie die Lawinenhundestaffel, Höhlenrettung oder Canyonführung.

Sind auch Höhlenforscher bei der Bergwacht?

Nein, aber sie sind eigentlich immer auch Höhlenretter. Denn für Höhlenforscher gilt die sogenannte Kameradenrettung. Das bedeutet, dass ein unverletzter Kamerad einem Verletzten in der Höhle technisch wie medizinisch Erste Hilfe leistet. Die Kameradenrettung ist enorm bedeutend, da zwischen Unfall und Eintreffen der Höhlenrettung viele Stunden vergehen können. Höhlenforscher sind meist in Vereinen organisiert mit eigener Höhlenrettungsabteilung, wie beispielsweise die Höhlenrettung Baden-Württemberg, die sich zum Großteil aus Forschern zusammensetzt.

Riesending-Schachthöhle
:Gerettet aus der Tiefe

Elf Tage, zehn Stunden und 14 Minuten war er in der tiefsten Höhle Deutschlands gefangen. Am Donnerstag ist der schwer verletzte Forscher Johann W. gerettet worden. Eine Chronologie in Bildern.

Die Höhlenrettungsgruppen sind im Höhlenrettungsverbund Deutschland (HRVD) zusammengeschlossen und arbeiten bei größeren Unfällen zusammen. In Bayern wurden von 2002 bis 2004 die bis dahin eigenständigen Höhlenrettungsgruppen des Vereins für Höhlenkunde e.V. in die Bergwacht integriert.

Da Höhlenrettungen im Vergleich zu Bergrettungen äußerst zeit-, material- und personalintensiv sind, arbeitet die Bergwacht bundesweit und international eng mit anderen Organisationen im Team.

Wie alarmiert man die Höhlenrettung?

Die Alarmierung erfolgt grundsätzlich über die 112 mit dem Stichwort "Höhlenunfall". Die Rettungsleitstellen alarmieren die zuständige Bergwacht und Höhlenrettung. Bei Einsätzen im Ausland erfolgt die Alarmierung über die Landesgeschäftsstelle der Bergwacht Bayern.

Sind Bayerns Höhlen interessant?

In den nord- und südbayerischen Regionen gibt es die verschiedensten Höhlenobjekte. Neben den klassischen Höhlen in den Karstgebieten finden sich auch einzelne Objekte im Sandstein wie beispielsweise im Steigerwald, und im Granit wie im Fichtelgebirge. Die Riesending-Schachthöhle im Untersberg ist die tiefste und längste Höhle Deutschlands und wurde auf Grund der extremen Anforderungen nur von etwa einem Dutzend Forscher der Arbeitsgemeinschaft für Höhlenforschung Bad Cannstatt erkundet.

Wie sind Höhlenretter ausgestattet?

Die sogenannte persönliche Schutzausrüstung umfasst:

  • einen Unterschlaz, eine Art Overall aus Vlies
  • einen Speleogurt, eine Sitzgurtkonstruktion aus dem Bereich des technischen Kletterns
  • Seilklemme, Steigklemme, Handsteigklemme und Abseilgerät
  • zwei Arbeitsschlingen
  • Stirnlampen und Ersatzlampe
  • Helm, Gummistiefel, Neoprenanzug, Ellenbogen- und Knieschützer

Dazu kommen die jeweiligen Ausrüstungssäcke für die jeweilige Rettung. Entweder der des Vorstoßtrupps, also der ersten Retter, oder der mit dem Material für die Versorgungsseilbahn, wie Bohrmaschine und Haken, oder der Sack mit 1200 Metern Seil für den Schachteinbau.

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