Bastian Schweinsteiger bei der WM:Ein wunderbarer Partner zum Reden

Trainingslager Südtirol

Bastian Schweinsteiger (li.): Wichtig für Löw, auch neben dem Platz

(Foto: dpa)

Auch wenn er noch nicht gespielt hat, ist Bastian Schweinsteiger für Joachim Löw unverzichtbar. Er werde noch sehr wichtig für das deutsche Team, kündigt der Bundestrainer an - doch Sami Khediras Fitness könnte zum Problem des Münchners werden.

Von Saskia Aleythe

Oliver Bierhoff hat sich Gedanken gemacht. Der Manager der deutschen Nationalmannschaft hört im brasilianischen Camp nicht nur Country-Musik, sondern schreibt auch eifrig Blogeinträge, die schon mal episches Ausmaß annehmen können. Auf der Facebook-Seite des DFB erschien jüngst eine Huldigung aus seiner Tastatur, acht Absätze lang, mit Herz und Pathos.

"Wie sich Bastian, Lukas und Miro gegen Portugal präsentiert haben, war einfach gut", schrieb Bierhoff also und erwähnte anerkennend: "Spieler mit überragender Reputation haben ihr Ego nach hinten gestellt, sie haben der Mannschaft geholfen, auch wenn sie nicht oder nicht viel gespielt haben."

Warme Wort für Bastian Schweinsteiger, lieber wäre ihm wohl ein Lob für eine feine Vorstellung gewesen. Doch der stellvertretende Kapitän vom FC Bayern hatte ja gar nicht mitgewirkt beim 4:0 gegen Portugal. Und so kam es auch, dass nicht Schweinsteiger, sondern Sami Khedira die letzte Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Ghana an der Seite von Joachim Löw bestreiten durfte. Zweifel an seinem stellvertretenden Kapitän wollte der Bundestrainer aber nicht aufkommen lassen. "Er ist für mich als Trainer extrem wertvoll", sagte Löw also.

Er spreche mit Schweinsteiger oft über taktische Dinge, führte Löw aus, über Spiele und Analysen. Er sei jemand, "der sich wahnsinnig viele Gedanken macht", meinte Löw und adelte Schweinsteiger dann als einen "sehr guten Ansprechpartner". Schöner könnte ein Lob gar nicht ausfallen - würde es sich dabei um einen Ko-Trainer handeln.

Löw ließ noch ein paar Ausführungen über den großen Einfluss Schweinsteigers auf die Mannschaft folgen, der so groß wie eh und je sei. Nur ein Satz konzentrierte sich allein auf den Fußballer Schweinsteiger: "Ich glaube, nach und nach hat er seine Form auch gefunden."

Die Form von Schweinsteiger und Khedira hatte sich seit Sommer letzten Jahres immer wieder an bestimmten Punkten getroffen, mittlerweile scheint sie erneut auseinander gedriftet zu sein. Dabei war Khedira das längerfristige Sorgenkind des deutschen Teams. Im November war er im Freundschaftsspiel gegen Italien so unglücklich in einen Zweikampf mit Andrea Pirlo geraten, dass sein rechtes Knie nachgab. Kreuz- und Innenbandriss, die WM rückte für den der Spieler von Real Madrid in weite Ferne.

Bei Schweinsteiger machte anfangs das Sprunggelenk Probleme, im Saisonendspurt und der WM-Vorbereitung die Patellasehne. Doch viel Beschwichtigung und Optimismus aus dem Mannschaftskreis sollte seinen Verletzungen die Dramatik nehmen.

Nullkommanull überheblich

Dass Löw im ersten Spiel auf Khedira setzte, war der Tatsache geschuldet, dass Khedira nun eben doch auf ein paar beschwerdefreie Trainingseinheiten mehr zurückblicken konnte als sein Konkurrent. Dass er im Verbund mit Toni Kroos und Philipp Lahm ein formidables Mittelfeldgespann darbot, könnte Schweinsteiger nun noch etwas länger im Ansprechpartner-Modus vom Bundestrainer verweilen lassen.

Löw hatte zwar angemerkt, auf die Idee gekommen zu sein, Schweinsteiger gegen Portugal einzuwechseln, doch dann musste er Hummels' Ausfall in der Abwehr kompensieren. Khedira spielte durch und machte das souverän. Bedeutet also: noch mehr Spielpraxis für Khedira.

So ist der Startelf-Einsatz des Legionärs gegen Ghana wahrscheinlicher als eine Berufung Schweinsteigers. "Wir sind nullkommanull überheblich", versicherte Khedira auf der Pressekonferenz reflektiert, "das Turnier hat gezeigt, dass wir da gewarnt sein müssen". Vor allem die physische Stärke und den absoluten Willen der Afrikaner hoben Löw und Khedira hervor. "Wir dürfen nicht nachlassen. Wer nachlässt, der verliert bei diesem Turnier", meinte Löw.

Ob Hummels gegen Ghana auflaufen kann, wird nach dem Abschlusstraining entschieden. Aktuell erwägt der Bundestrainer eine Lösung mit Shkodran Mustafi oder Matthias Ginter, Boateng würde eventuell ins Abwehrzentrum gehen. Löw ließ aber verlauten, dass er wenig Freude daran hätte, die Abwehr umzugestalten. Was funktioniert, soll bleiben - dass er im Mittelfeld experimentierfreudiger ist, scheint unwahrscheinlich.

Seinen Schweinsteiger-Komplex schloss Löw dann noch mit einem hoffnungsstiftenden Satz. "Basti wird für uns noch extrem wichtig sein", sagte er. Ob der Münchner das als Spieler oder inoffizieller Löw-Berater tun wird, bleibt offen. Immerhin lässt sich aus der Erfahrung von Khedira ableiten: viel reden mit dem Bundestrainer muss nicht schaden. Und dann könnte ja noch die brasilianische Hitze die Körper der Wunschelf ausmergeln, sodass es wie vom deutschen Trainerstab angekündigt auf den gesamten Kader ankommt. In den Blogeinträgen von Oliver Bierhoff wird Schweinsteiger so oder so weiter eine Rolle spielen.

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