Schuldenfreier Haushalt 2015:Schäuble im Zinsglück

Bundestag

"Das Glück ist mit den Tüchtigen": Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

(Foto: dpa)

"Das ist eine historische Leistung": Nach den Plänen von Wolfgang Schäuble soll es 2015 einen schuldenfreien Haushalt geben. Dass hierbei viele glückliche Umstände zusammenspielen, wird im Finanzministerium augenzwinkernd kommentiert.

Von Guido Bohsem, Berlin

Manchmal hilft ein Blick zurück, um die Dinge nüchterner zu sehen. Und so ist es ganz gut, an Peer Steinbrück (SPD) zu denken, wenn die Bundesregierung am kommenden Mittwoch den Haushalt für 2015 und damit den ersten beschließt, der nach 45 Jahren ohne neue Schulden auskommt.

"Das ist eine historische Leistung", rühmte sich die große Koalition, als es nun darum ging, den Etat für dieses Jahr zu verabschieden. Im Haus von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist man auf "die Null" sogar so stolz, dass man tönte, es sei eine Frage der Haltung, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Haltung? Vielleicht sind es ja auch die Umstände. Der damalige Finanzminister Peer Steinbrück jedenfalls musste für das Jahr 2008 insgesamt 40,2 Milliarden Euro Zinsen zahlen. So viel kostete es damals, die Schuldenlast des Bundes zu bedienen. Eine gigantische Summe, sie machte etwa 14 Prozent der gesamten Ausgaben aus und war in etwa so hoch wie die Kosten der Arbeitsmarktpolitik. Die Experten des Ministeriums ahnten alsbald noch Schlimmeres: Schon 2013 sollten die Zinszahlungen über 52 Milliarden Euro liegen.

Es kam bekanntlich anders, und man kann sagen, dass Schäuble es bei aller Haltung deutlich leichter hatte als sein Vorgänger. Im Kampf gegen die Finanzkrise senkte die Europäische Zentralbank radikal ihre Zinsen. Und Deutschland galt den Anlegern als derart sicherer Hafen für ihre Investitionen, dass sie bereit waren (und sind), dem Bund für einen lächerlich niedrigen Preis Geld zu leihen.

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Im Ergebnis wird der Bund 2015 nur etwa 27 Milliarden Euro für den Schuldendienst zahlen. Das sind 13 Milliarden Euro weniger als 2008 und nur etwa die Hälfte des erwarteten Wertes. Der Anteil am Haushalt liegt laut Planungen des Finanzministeriums nur noch bei neun Prozent. Darauf angesprochen, heißt es in Schäubles Haus: "Das Glück ist mit den Tüchtigen."

Steigende Steuereinnahmen und ein niedriges Zinsniveau

Nun gehört Glück zur Regierungskunst und aus Schäubles Ministerium ist zu hören, dass zumindest das Zinsglück noch bis 2018 anhalten werde. "Wir erwarten ein konstant niedriges Zinsniveau", hieß es. Auch bei den Steuereinnahmen sieht es gut aus, denn die steigen bis 2018 um gut 43 Milliarden Euro an, im Jahr.

Bis dahin soll das Wachstum der Ausgaben das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes nicht übersteigen. Mit diesem Vorgehen soll der Schuldenstand 2017 auf unter 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts fallen und in zehn Jahren unter den 60 Prozent liegen, die der europäische Stabilitätspakt vorschreibt. "Wir streichen die Zeile aus dem Haushalt, in der vorher die Nettoneuverschuldung vermerkt wurde", heißt es zuversichtlich in Schäubles Haus.

Nicht mehr vorgesehen sind indes Überschüsse, wie sie noch vor der Bundestagswahl in Aussicht gestellt worden waren. Man werde sicherlich keine Wurst ins Schaufenster hängen, die dann alle verspeisen wollten, warnen Schäubles Vertraute. Sprich, die Sozial-, Verteidigungs-, Bildungs-, Verkehrs- und sonstigen Fachleute aus CDU, CSU und SPD sollen erst gar nicht auf den Gedanken kommen, dass es womöglich etwas zu verteilen gib. Das soll im Übrigen auch für die Steuern gelten. Denn, so heißt es in Schäubles Haus, für Steuersenkungen gebe es keinen Spielraum in der Finanzplanung.

Insgesamt will der Bund im kommenden Jahr 299,5 Milliarden Euro ausgeben. Das sind etwa drei Milliarden Euro mehr als für das laufende Jahr vorgesehen sind. Die Steuereinnahmen belaufen sich auf 278,5 Milliarden Euro. Die fehlenden 21 Milliarden Euro sollen aus anderen Quellen wie zum Beispiel dem Bundesbank-Gewinn erzielt werden.

Unverändert glaubt die Bundesregierung daran, dass die Brennelementesteuer rechtens ist - obwohl das Finanzgericht Hamburg vor Kurzem zu einer anderen Auffassung gekommen ist. Schäubles Experten rechnen mit einer anderen Entscheidung einer höheren Instanz, weshalb die 1,3 Milliarden Euro Einnahmen auch weiterhin eingeplant sind. Skeptischer zeigen sich die Beamten bei der geplanten und umstrittenen Finanztransaktionsteuer. Aus dieser Quelle seien keine Einnahmen eingeplant, heißt es.

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