Kampfdrohnen:"Einstieg in eine neue, riskante Technologie"

Die Drohne Heron TP

Die Heron TP gehört zu den unbemannten Fluggeräten, die die Bundeswehr als Kampfdrohnen anschaffen könnte

(Foto: Getty Images)

Die Bundeswehr soll mit Kampfdrohnen ausgestattet werden, fordert die Verteidigungsministerin. Doch manche Experten fürchten, dass solche Maschinen in Zukunft selbst über den Einsatz militärischer Gewalt entscheiden werden. Dem gilt es bereits jetzt gegenzusteuern, meint die grüne Sicherheitsexpertin Agnieszka Brugger.

Von Markus C. Schulte von Drach

Braucht die Bundeswehr Kampfdrohnen? Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagt ja, genau wie die Soldaten und etliche Verteidigungsexperten. Aber es gibt auch Fachleute, die in der Technologie ein zu großes Risiko sehen. Zu ihnen gehört Agnieszka Brugger, Sprecherin für Sicherheitspolitik und Abrüstung sowie Obfrau im Verteidigungsausschuss der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

SZ.de: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen möchte die Bundeswehr mit Drohnen ausstatten, die sich bewaffnen lassen. Sie sind dagegen. Warum?

Agnieszka Brugger: Bislang ist Frau von der Leyen die sicherheitspolitische Begründung für die Anschaffung schuldig geblieben. Für welche Einsätze braucht Deutschland denn jetzt Kampfdrohnen? Bislang wurde immer nur der Einsatz in Afghanistan als ein Szenario angeführt. Der geht dem Ende entgegen. Die Ministerin müsste also klar sagen, dass sie sich einen solchen Auslandseinsatz prinzipiell schon in nächster Zeit wieder vorstellen kann.

Die Soldaten fordern Kampfdrohnen zu ihrem Schutz. Ist das nicht nachvollziehbar?

Das Argument lässt sich nicht so einfach vom Tisch wischen. Der Schutz der Soldatinnen und Soldaten ist in der Tat wichtig. Aber hier geht es um ein zu Recht hochumstrittenes Waffensystem, das den Einstieg in eine neue, riskante Technologie markiert.

Wo sehen Sie die Gefahren?

Moderne Drohnensysteme haben schon jetzt in Teilbereichen autonom funktionierende Komponenten. Ihre Computer werten so riesige Mengen an Bildmaterial aus, dass Menschen schon jetzt nicht mehr jeden ihrer Schritte in Echtzeit nachvollziehen können. Kampfdrohnen nehmen etwa schon heute anhand bestimmter Merkmale von Personen auf den Aufnahmen selbst die Zielauswahl vor. So kann es zu Angriffen auf nicht identifizierte Menschen kommen, die sich nur verdächtig verhalten, den sogenannten Signature Strikes.

Wenn die letzte Entscheidung beim Menschen liegt, wo ist der Unterschied zum Einsatz eines Kampfflugzeugs?

Es gibt unter Fachleuten die Befürchtung, dass hier fast zwangsläufig eine Entwicklung zu völlig autonomen Systemen stattfinden wird. Drohnen könnten dann nicht mehr nur das Ziel auswählen, sondern auch über den Einsatz militärischer Gewalt entscheiden. Das ist kein reines Science-Fiction-Szenario. Es geht um eine rasante Entwicklung, die uns in den nächsten Jahren droht und der wir schon jetzt entgegensteuern müssen.

Frau von der Leyen will das Parlament darüber entscheiden lassen, ob die Drohnen bewaffnet werden sollen. Dann würde also der Bundestag solche Einsätze kontrollieren.

Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll. Sie versucht sich hier offenbar hinter dem Bundestag zu verstecken. Der beschließt natürlich die Mandate für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Aber die konkreten Aufgaben eines solchen Einsatzes geben die Ministerin und die Bundesregierung vor. Das Parlament hat in der Regel nicht die Möglichkeit, dazu Änderungsanträge zu stellen oder über einzelne Fragen abzustimmen. Deshalb hat mich diese Ankündigung sehr verwundert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: