Kolumne "Er sagt, sie sagt":Was findest du bloß an dem?

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Er und Sie finden ihren Ex womöglich beide komisch - jedoch aus verschiedenen Gründen.

(Foto: iStock)

Wenn man der Vergangenheit des Partners begegnet, ist das immer auch ein Test für die Partnerschaft. Und für das eigene Selbstbewusstsein. Ein Beziehungsdrama in Dialogform.

Von Violetta Simon

Er und Sie sitzen im Biergarten, da kommt ein anderes Paar vorbei - der Mann muskulös, sonnengebräunt, Typ "Abercrombie & Fitch-Begrüßungskasper", die Frau zierlich, lange Mähne, einen Tick zu stark geschminkt. Sie springt auf, begrüßt den Muskelmann mit Küsschen. Es handelt sich um ihren Ex und dessen neue Freundin. Nach kurzer Zeit verabschieden sich die beiden. Er und Sie bleiben zurück - er stumm, sie abwartend.

Sie: Hast du seine Freundin gesehen? Ein Blick, schon weiß man Bescheid. Polyacryl-Fingernägel! Und dieses Make-up! Und hast du gesehen, was die anhatte? So was von billig! Ich frag mich wirklich, was er von der will.

Er: Ach, ich finde, die beiden passen ganz gut zusammen.

Sie: Findest du? Wie meinst du das?

Er: Ich? Ach, ich meine gar nichts.

Sie: Na los, jetzt sag schon.

Er: Was soll ich denn sagen?

Sie: Naja, was du über ihn denkst.

Er: Aber ich denke nichts! Komm, lass uns nach Hause gehen.

Sie machen sich auf den Heimweg. Während sie vor sich hinschlendern, sieht sie ihn von der Seite an.

Sie: Tut mir leid, ich glaube dir nicht. Ich sehe dir an, dass du was denkst.

Er: Ach. Und, was denke ich so?

Sie: Das weiß ich doch nicht! Aber denken tust du was, da bin ich mir sicher.

Er: Ich habe diesen Typen gerade zum ersten Mal in meinem Leben gesehen, was soll ich da groß denken?

Sie: Wie du das schon sagst: diesen Typen. Was soll das jetzt wieder heißen?

Er: Nichts, gar nichts .... höchstens, dass ich etwas überrascht bin. Weil er irgendwie nicht zu dir passt.

Sie: Muss er ja auch nicht mehr - Hauptsache, du passt zu mir!

Er: Aber genau das verstehe ich nicht! Wie kann ich zu dir passen, wenn es offenbar eine Zeit gab, in der jemand wie er zu dir gepasst hat?

Sie: Sag mal, wovon redest du eigentlich?

Er: Naja, ich frage mich, was passiert ist zwischen der Beziehung mit ihm und der Beziehung mit mir.

Sie: Ich habe mich eben in dich verliebt. Willst du mir vorwerfen, dass ich mich weiterentwickelt habe?

Er: Äh ... schön, dass du das so siehst. Können wir jetzt über etwas anderes sprechen?

Einige Tage später. Er kommt nach Hause, sie sieht gerade noch, wie er möglichst unauffällig versucht, seine Sporttasche in die Ecke zu stellen.

Sie: Du warst beim Sport?

Er: Ach, nur ein bisschen im Fitness-Studio.

Sie: Ich wusste gar nicht, dass du in einem Studio bist!

Er: Naja, ich dachte mir, ich könnte vielleicht mal ein Probetraining versuchen.

Sie: Wow! Woher dieser plötzliche Motivationsschub?

Er: Einfach so. Ich wollte schon lange endlich mal wieder mehr Sport machen. Ich meine (deutet mit einer Hand auf seine Körpermitte): Schau mich an!

Sie: Also wegen mir musst du nicht, nur damit das klar ist.

Er: Glaub mir, ich muss. Schon deshalb, damit ich nicht jedes Mal, wenn ich vor dem Badezimmerspiegel stehe, meinen Bauch einziehen und ihn mit diesem Sixpack in meinem Kopf vergleichen muss.

Sie: Das glaub ich jetzt nicht! Denkst du immer noch an die Begegnung mit meinem Ex? Aber du weißt doch, dass mich dein kleiner Bauch nicht stört. Wirklich, ich mag ihn!

Er: Sagen wir mal so: Du duldest ihn.

Sie: Aber nein, im Ernst (tätschelt die Wölbung, die sich unter seinem T-Shirt abzeichnet)! Er ist so - gemütlich.

Er: Lass das! Du machst es nur schlimmer. Was bin ich für dich, eine Wärmflasche, mit der man sich in die Komfortzone zurückzieht? Ein großer Kuschelbär?

Sie: Oh ja. (versucht ihn zu küssen) Komm her, mein Kuschelbär!

Er: Denk nicht mal dran! Nicht, bevor ich über diese Begegnung hinweggekommen bin. Außerdem versuchst du nur wieder, vom Thema abzulenken.

Sie: Aber nein, du verstehst das völlig falsch! Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ich mich bei dir sicher fühle.

Er: Siehst du? Genau das meine ich: Du gehst davon aus, dass mich keine andere Frau attraktiv findet.

Sie: So ein Quatsch! Aber ich schätze dich dafür, dass ich mich auf dich verlassen kann.

Er: Du meinst: wie auf lauwarmen Kamillen-Aufguss, den man zu schätzen weiß, wenn man zu viel Wodka erwischt hat? Ich wusste es! Ich bin der Mann, bei dem die unglücklichen Frauen stranden, die das Tränenmeer an Land schwappt.

Sie: Oh Gott, bist du pathetisch ... sag mal, hast du mich etwa gerade beleidigt?

Er: Aber nein, so war das nicht gemeint. Ich weiß doch, dass du mit ihm Schluss gemacht hast - oder, so war es doch?

Sie: Klar! Äh ... zumindest hat er mich dazu gebracht. Ach, ich weiß auch nicht. Himmel, könnten wir nicht endlich aufhören mit dem Quatsch? Ist doch ok, wenn mein Ex und seine neue zusammenpassen.

Er: Absolut. Man könnte sogar sagen, die beiden haben sich verdient. Und im Gegensatz zu dir scheint er sich kein bisschen weiterentwickelt zu haben.

Sie: Du bist süß (tätschelt seinen Bauch), danke!

Er: Würdest du das bitte unterlassen?!

Sie: Komm her, Kuschelbär!

Er: Na gut. Aber das Licht bleibt aus!

Hatten auch Sie schon denkwürdige Auseinandersetzungen mit dem Ego Ihres Partners? Beschreiben Sie in wenigen Sätzen Ihre Erfahrungen und senden Sie sie an leben@sueddeutsche.de (Betreff: Kolumne). Unsere Autorin verarbeitet die besten Ideen zu einer Kolumne, die auf SZ.de veröffentlicht wird.

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