Frage an den SZ-Jobcoach:Darf ich im neuen Job gleich in Elternzeit?

Michael K. steckt in der Zwickmühle: Er hat ein Stellenangebot, doch der Übergang in den neuen Job fällt mit seiner geplanten Elternzeit zusammen. Wie verhält er sich nicht nur rechtlich korrekt, sondern auch fair gegenüber dem neuen Arbeitgeber?

SZ-Leser Michael K. fragt:

Ich bin im Gespräch für eine Anstellung als Projektmanager ab August 2014 in einer Firma mit nur acht Mitarbeitern. Im Herbst werde ich Vater und möchte gerne ein Jahr Elternzeit nehmen. Dies fällt natürlich ungünstig mit dem Übergang in den neuen Job zusammen, ich würde dann gerade mal drei Monate dort arbeiten. Ich weiß um meinen Rechtsanspruch und um die einzuhaltenden Fristen. Meine Frage: Wie verhalte ich mich dem neuem Arbeitgeber und den Kollegen gegenüber möglichst fair und gleichzeitig rechtssicher, ohne meine Anstellung oder die Elternzeit zu gefährden?

Ina Reinsch antwortet:

Lieber Herr K., Sie fühlen sich in der Zwickmühle: Einerseits möchten Sie das Jobangebot gerne annehmen. Als künftiger Vater tragen Sie eine Mitverantwortung für die wirtschaftliche Absicherung ihrer Familie. Ein interessanter neuer Arbeitsplatz kommt da gerade recht. Andererseits haben Sie ein ungutes Gefühl, wenn Sie die geplante Elternzeit verschweigen. Nicht ganz zu Unrecht. Gerade in einer kleinen, vermutlich inhabergeführten Firma könnte man Ihr Verhalten als Vertrauensbruch werten. Zudem wird sich Ihr künftiger Chef mit der Neubesetzung schwertun, weil er die Stelle, befristet für ein Jahr, neu ausschreiben muss. Bevor wir uns aber der moralischen Frage zuwenden, wollen wir einen Blick auf die Rechtslage werfen.

Grundsätzlich haben alle Eltern, egal ob in Kleinbetrieben oder in großen Konzernen, Anspruch auf Elternzeit, wenn sie mit ihrem Kind in einem Haushalt leben und es betreuen. Die Elternzeit müssen sie spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich vom Arbeitgeber verlangen. Gleichzeitig müssen sie erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren sie sich dem Kind widmen wollen.

Mitarbeiter in Elternzeit genießen besonderen Kündigungsschutz. Sie dürfen weder ordentlich, also unter Einhaltung der Kündigungsfrist, noch fristlos entlassen werden. Dieser Schutz beginnt ab dem Zeitpunkt, von dem an der Arbeitnehmer Elternzeit verlangt, höchstens aber acht Wochen vor Beginn. In der Probezeit sollten Sie daher ganz besonders aufpassen: Währenddessen, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis nämlich mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Einen besonderen Grund braucht der Arbeitgeber dafür nicht.

Offenbaren Sie sich gleich am ersten Arbeitstag, könnten Sie Ihren neuen Job schnell los sein. Da der besondere Kündigungsschutz erst acht Wochen vor Beginn der Elternzeit greift, kann der Chef Ihnen in der Zeit davor problemlos den Laufpass geben. Möchten Sie das vermeiden, sollten Sie genau auf die Frist achten.

In ganz seltenen Ausnahmefällen ist sogar eine Kündigung in der Elternzeit möglich. Sie muss allerdings zuvor von der für Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde für zulässig erklärt werden. So ein besonderer Fall kann vorliegen in Betrieben mit in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmern. Und zwar dann, wenn die Existenz des Betriebes auf dem Spiel steht, weil der Chef keine dringend benötigte und entsprechend qualifizierte Ersatzkraft findet, die bereit ist, befristet für die Dauer der Elternzeit einzuspringen. Ihr neuer Chef beschäftigt zwar acht Mitarbeiter. Bei der Anzahl der Arbeitnehmer zählen aber solche mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden nur zur Hälfte, wer nicht mehr als 30 Stunden arbeitet, wird zu drei Viertel berücksichtigt.

Die Zustimmung zu einer Kündigung könnte die Behörde ausnahmsweise auch dann erteilen, wenn der Arbeitgeber keine befristete Ersatzkraft findet und deshalb mehrere andere Arbeitsplätze wegfallen. Es handelt sich dabei aber wirklich um seltene Ausnahmefälle. Wenn Sie diese Punkte beachten, dürfte Ihnen Ihr Arbeitsplatz trotz Elternzeit sicher sein.

Ob es sich bei der Ausschöpfung der Ihnen zustehenden rechtlichen Möglichkeiten allerdings um ein faires Verhalten handelt, ist eine andere Frage. Sie müssen in jedem Fall damit rechnen, dass Ihnen der neue Chef nicht wohlgesinnt sein wird und durch Ihr Verhalten der Betrieb und die Kollegen leiden könnten. Ob Sie Ihre eigenen Handlungsinteressen höher bewerten als die anderer, müssen Sie nun selbst prüfen.

Ina Reinsch hat Rechtswissenschaft in München und Zürich studiert. Heute lebt sie als Rechtsanwältin, freie Journalistin, Buchautorin und Referentin in München und befasst sich mit dem Thema Arbeitsrecht.

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