Final-Schiedsrichter Nicola Rizzoli:"Ich werde der Beste sein"

Nigeria v Argentina: Group F - 2014 FIFA World Cup Brazil

Treffen zum dritten Mal bei der WM aufeinander: Lionel Messi und Schiedsrichter Rizzoli

(Foto: Getty Images)

Der Italiener Nicola Rizzoli leitet das WM-Finale - das überrascht. Bereits zum dritten Mal während der WM pfeift er Lionel Messi und erstmals ist der Final-Schiedsrichter nicht wegen seiner Herkunft ausgewählt worden. Mats Hummels allerdings hat keine guten Erinnerungen an Rizzoli.

Von Thomas Hummel, Rio de Janeiro

Für Massimo Busacca ist die Welt in Brasilien völlig in Ordnung. Fifa-Mann Busacca ist Chef der Schiedsrichter bei dieser Fußball-Weltmeisterschaft. Chef der viel kritisierten Schiedsrichter. Der Schweizer Busacca aber ist zufrieden: "Die Schiedsrichter haben sehr hart gearbeitet. Gott war mit uns, ihm möchte ich danken", sagte er am Freitag in Rio de Janeiro vor der Weltpresse.

Ob Gott tatsächlich die Schiedsrichter anleitete bei dieser Weltmeisterschaft? Oder doch Sepp Blatter vom Weltverband Fifa? Oder ob sogar ein paar Leute meinen, das sei das gleiche? Die Zweifel bleiben.

Sogar Bundestrainer Joachim Löw hatte sich vor dem Halbfinale gegen Brasilien beklagt, dass die Schiedsrichter die Regeln bei dieser WM viel zu lasch auslegen würden. Höhepunkt war das Viertelfinale zwischen Brasilien und Kolumbien, als der Unparteiische 54 Fouls gepfiffen hatte. Er zog aber nur vier gelbe Karten und ließ zahlreiche weitere durchgehen. Am Ende der Schlacht stand das fatale Foul von Juan Zúñiga gegen Neymar. Ergebnis: Lendenwirbelbruch, das Spiel lief weiter.

So war es wenig erstaunlich, als Busacca vorrechnete, die Schiedsrichter hätten 200 Entscheidungen weniger getroffen als noch in Südafrika 2010. Herr Busacca, gab es eine Anweisung, so wenig gelbe Karten wie möglich zu zeigen? "Es gab keine Anweisung", sagte der nun. "Dass weniger gelbe Karten gezeigt wurden, lag an den Spielern, dem entgegengebrachten gegenseitigen Respekt. Der Fußball hat gewonnen." Ob das die vielen Spieler, die böse und ungeahndete Tritte erhielten, genauso sehen?

Doch Busacca hatte an diesem Freitag in Rio nicht nur die Aufgabe, die Schiedsrichter zu verteidigen, sondern einen der Zunft besonders hervorzuheben. Der Chef der Schiedsrichter gab bekannt, wer das Finale Deutschland gegen Argentinien pfeifen wird. Es war gerätselt worden: Nach einem ungeschriebenen Gesetz soll es kein Referee aus den Kontinentalverbänden der beiden Teilnehmer sein, also in dem Fall aus Europa und Südamerika. Doch Busacca entschied anders. Auserkoren wurde Niccola Rizzoli aus Italien.

"Die Qualität war entscheidend. Du kannst einem Spieler nicht sagen, du darfst das Finale nicht spielen, weil im anderen Team ein Freund steht. Wir können nicht auf diese Details schauen. Er hat so viele Opfer gebracht, da darf man ihm eine verdiente Chance auf das Finale nicht nehmen", sagte Busacca und fügte hinzu: "Es kann nicht sein, dass ein Schiedsrichter nicht pfeift, weil vor 100 Jahren irgendwo etwas vorgefallen ist oder es Verbindungen zwischen dem einen Land gibt oder dem anderen." Damit vollzieht der Fifa-Schiedsrichter-Chef eine erstaunliche Kehrtwende.

Nun entscheidet plötzlich die Qualität. War das doch stets eine Forderung zum Beispiel des früheren Fifa-Schiedsrichters Urs Meier. Er sagte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: "Wir brauchen bei einer WM Profi-Schiedsrichter." Der Weltverband aber nominiert die Unparteiischen für eine Weltmeisterschaft nach einem Proporz-System aus allen Kontinenten.

Unbarmherzig bei verbalen Entgleisungen

World Cup 2014 - Nicola Rizzoli

Will der Beste sein: Nicola Rizzoli

(Foto: dpa)

Rizzoli sagte in einer Video-Einspielung bei Busaccas Pressekonferenz: "Das ist etwas, von dem jeder nur träumen kann. Es ist unglaublich für mich. Ich werde alles geben. Ich bin stolz Italiener zu sein und ich will Italien gut vertreten. Ich will der Beste sein und ich werde der Beste sein."

Der 42-Jährige, der im Hauptberuf als Architekt tätig ist, hat bislang drei Spiele in Brasilien gepfiffen. Bei der Partie Spanien gegen die Niederlande (1:5) übersah er vor dem 3:1 für Holland ein Foul im Fünfmeterraum gegen Torwart Iker Casillas. In den beiden anderen Partien ist nichts Auffälliges in Erinnerung geblieben. Es waren zwei Partien mit Argentinien. Das Vorrundenspiel gegen Nigeria (3:2) und das Viertelfinale gegen Belgien (1:0). Dass ein Schiedsrichter drei Spiele einer Mannschaft pfeift, ist ebenfalls ungewöhnlich. Auch bei Rizzoli schien es während der WM so, als ließe er wie alle Schiedsrichter in Brasilien den Spielern mehr durchgehen, als er das in der Champions League tun würde.

Nun werden allerlei Remineszenzen herausgekramt, ob Rizzoli für Argentinien und Deutschland ein gutes oder ein böses Omen sei. Von der DFB-Elf hat er bislang drei Spiele geleitet: Am 12. Oktober 2012 gelang in der WM-Qualifikation in Dublin ein 6:1-Erfolg gegen Irland, die Testspiele gegen Bosnien-Herzegowina (Juni 2010/3:1) und Rumänien (September 2007/3:1) wurden ebenfalls gewonnen.

Dafür hatte das bislang letzte deutsche WM-Finale in Yokohama auch ein Italiener geführt, Pierluigi Collina. Die Deutschen verloren bekanntlich gegen Brasilien mit 0:2.

Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Jérôme Boateng, Thomas Müller und Manuel Neuer vom FC Bayern dürften sich wohl fühlen mit Rizzoli. Denn der Italiener pfiff das Champions-League-Finale 2013 in Wembley. BVB-Spieler Mats Hummels hat da weniger gute Erinnerungen. Toni Kroos und Mario Götze waren damals nicht dabei. So geht das nun hin und her, vor einem WM-Finale wird alles zum Anlass genommen, ob der eine nun bessere Aussichten hat oder der andere.

Zurück zu den Fakten: Nicola Rizzoli galt bis vor dieser WM als ein Schiedsrichter, der eher schneller als langsamer gelbe und rote Karten zückt. Das wurde sogar statistisch festgehalten. Vor allem bei verbalen Entgleisungen kann er unbarmherzig sein. Diesen Ruf hat er bei der WM gründlich korrigiert. Zumindest bis zum Finale am Sonntag im Estádio do Maracana hat er noch keine rote Karte gezückt.

Mit Material von dpa und sid

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