Boateng im WM-Finale:Jérôme, der Retter

Jerome Boateng; WM; DFB;

Jérôme Boateng (li.): Enormer Rückhalt im deutschen Team

(Foto: REUTERS)

Diese Grätschen! Im WM-Finale erlebt Jérôme Boateng schönste Verteidigermomente. Mit perfektem Timing bewahrt er Deutschland vor einem Rückstand. Ein Mittel, das sogar gegen Messi hilft.

Von Saskia Aleythe

Jérôme Boateng hatte einen weiten Weg vor sich. 113 Minuten waren gespielt im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro, da legte Boateng beinahe einen Sprint bis zur Eckfahne hin, um zu Mario Götze zu gelangen. Da standen sie sich dann gegenüber: Der große Bullige und der kleine Flinke, der soeben das Endspiel-Tor geschossen hatte. Boateng klatschte mit Götze ab und umgekehrt - die beiden Münchner durften sich gegenseitig zu einigem beglückwünschen. Götze, der Erlöser. Und Boateng, der Retter.

Das Leben eines Verteidigers ist nicht immer das leichteste. Fußballfans tragen Trikots mit Namen von Stürmern darauf. Stürmern werden Fehlschüsse schneller verziehen als Verteidigern ein fataler Patzer. Doch beim 1:0-Erfolg gegen Argentinien im WM-Finale erlebte Boateng einen schönen, vielleicht den bisher schönsten Verteidigermoment seiner bisherigen Karriere. Er war unverzichtbar.

Erfolg ist, wenn der Gegner nicht zum Jubeln kommt, das gilt für Verteidiger im Speziellen. Argentinien hätte an diesem Abend früh zum Jubeln kommen können, Boateng verhinderte das immer wieder.

40 Minuten war das WM-Finale alt, da leistete er eine Großtat: Neuer war im Strafraum schon überwunden, Boateng klärte kurz vor der Linie, er bewahrte sein Team vor einem Rückstand, der die Deutschen in ihrer angespannten Verfassung schwer getroffen hätte. Es war ein Ball von Lionel Messi, der Argentinier ist wohl eine der größten Aufgaben für jeden Verteidiger. Kein Problem für Boateng an diesem Abend.

Medaille fest umklammert

Boatengs Verteidiger-Kollege Mats Hummels hatte früh festgestellt, dass er in puncto Schnelligkeit kaum mit Messi mithalten konnte. Auch Boateng ist keiner aus der Hochgeschwindigkeitsabteilung. Doch er setzte ein anderes Mittel ein gegen Messi, der so wendig ist, dass er den Verteidiger locker einmal unbemerkt umkreisen könnte. Boateng erlebte den Manuel-Neuer-Libero-Moment: Er hatte das perfekte Timing.

Man konnte den Eindruck gewinnen, dass die Argentinier kaum große Chancen hatten in diesem WM-Finale. Es war das Verdienst von Boateng. Er unterband durch gezielte Grätschen immer wieder das Spiel, wusste seinen Körper perfekt einzusetzen. Mal weit in der gegnerischen Hälfte, mal vorm eigenen Strafraum, mal als letzter Mann.

Als nach der Halbzeitpause schon wieder dieser Messi auf Manuel Neuer zulief, ließ Boateng auf gleicher Höhe seine langen Beine für sich arbeiten, er schickte den Ball gen Himmel. Vor allem ab der 85. Minute, als die deutschen Abwehrbeine immer müder wurden, klaute Boateng dem argentinischen Angriff reihenweise die Bälle.

Es war schon eine Stunde seit dem Abpfiff vergangen, da wandelte Boateng mit freiem Oberkörper über das Grün, die Goldmedaille mit der linken Hand fest umklammert. Eine Stadionecke weiter küsste Götze den Pokal. Auch er wusste, dass der Spielstand in der 113. Minute ganz anders hätte aussehen können. Tat er aber nicht. Dank Götze, dem Erlöser, und Boateng, dem Retter.

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