Comeback von Holger Badstuber:Schmerzfrei, aber ohne Anspruch

FC Bayern München - Allgäu-Auswahl

Spielt wieder Fußball: Bayern-Abwehrspieler Holger Badstuber

(Foto: dpa)

Robert Lewandowski bleibt mit Kniebeschwerden in München, die WM-Fahrer machen Urlaub. Der Testkick des FC Bayern München in Memmingen bringt dennoch Erkenntnisse: Holger Badstuber spielt erstmals seit 17 Monaten wieder Fußball - und das bereits richtig gut.

Von Martin Schneider, Memmingen

Memmingen ist eine der unterschätztesten Fußballstädte Deutschlands. Der Allgäu-Ort mit den 40 000 Einwohnern ist ja hauptsächlich für seinen Flughafen bekannt, der stark beschönigt "München-West" heißt und auf dem hauptsächlich sogenannte Billigfluglinien abfliegen. Doch der Ort hat auch ein paar vorzeigbare Fußballer hervorgebracht. Vor ein paar Tagen schoss jedenfalls der Memminger Mario Götze Deutschland zum Weltmeistertitel, der Fast-WM-Fahrer Kevin Volland hat hier mal gespielt, der frühere Bayern-Stürmer Franz "Bulle" Roth ist ebenfalls Memminger und den vierten Nationalspieler, der aus ihrem Städtchen kommt, haben die Memminger am Freitagabend wieder in ihrem kleinen Stadion spielen sehen.

Holger Badstuber stand auf dem Platz. Der Holger Badstuber, der sich im Bundesligaspiel gegen Borussia Dortmund am 1. Dezember 2012 in der 35. Minute das Kreuzband im rechten Knie riss, dessen Kreuzband dann in der Reha wieder riss, der viermal operiert wurde und der im Februar 2014 wieder mit dem Lauftraining anfing. Nach 17 Monaten ist er nun zurück. "Es war ein schönes Gefühl. Es bringt mir sehr sehr viel wieder auf dem Platz zu stehen", sagte Badstuber später, während im Hintergrund die Fans seinen Namen skandierten.

Der FC Bayern München spielt jedes Jahr in der Vorbereitung gegen einen ausgewählten Fanklub, Traumspiel heißt das dann, an diesem Freitag ging es gegen die "Red Baroons Dietmansried." Dietmansried ist nicht weit weg von Memmingen und weil der FC Bayern das letzte Mal vor 31 Jahren hier gekickt hat, wollten sie im Allgäu was ganz Großes draus machen.

11 150 Zuschauer kamen in das mit drei mobilen Tribünen erweiterte Stadion, eine Zuschauerzahl die manche Zweitligapartie nicht erreicht. Gegner war auch effektiv nicht der Fanklub, der stellte nur fünf Spieler die alle spät eingewechselt wurden, sondern der FC Memmingen. Der spielt immerhin Regionalliga und man kann sich vorstellen, dass das Pep Guardiola nicht unrecht war. Nach 90 Minuten stand es nur 3:0 (3:0).

Der Trainer musste neben den WM-Fahrern auf Franck Ribéry, Claudio Pizarro und Diego Contento (alle im Aufbautraining) verzichten. Robert Lewandowski, dessen Debüt eigentlich angekündigt war, blieb mit leichten Knieproblemen in München "Wirklich nur zur Vorsicht", sagte Sportdirektor Matthias Sammer später. Beim nächsten Testspiel am Montag gegen Duisburg könne er eventuell wieder spielen. Stattdessen liefen zwei Neue auf. Sebastian Rode und der kürzlich vom FC Valencia geholte Juan Bernat. Im Mittelfeld spielten unter anderem Gianluca Gaudino (Sohn von Maurizio) und Lucas Scholl (Sohn von Mehmet).

Und es entwickelte sich tatsächlich so etwas wie ein Fußballspiel gegen die kompakt stehenden Memminger. Guardiola spielte mit einer Dreierkette in der Besetzung Rafinha - Badstuber - Alaba (von rechts nach links). Bernat und Sebastian Rode spielten auf den Außenpositionen und Pierre Emil Hojbjerg (19 Jahre) sollte als alter Hase im Mittelfeld Scholl (18) und Gaudino (17) anleiten.

Durch zwei Distanzschüssen von David Alaba (5. und 37.) und einem Schuss von Nachwuchsspieler Daniel Hägler (14.) gewann der FC Bayern, das Traumspiel im vergangenen Jahr endete 15:1. Aber das Ergebnis ist in solchen Spielen ja mindestens drittrangig.

Der junge Scholl streichelt den Ball

Entscheidender ist vielmehr den Eindruck den man so mitnimmt und der war vor allem bei Badstuber gut. "Ich bin schmerzfrei, ich hatte ein gutes Gefühl", sagte er. Ansprüche auf einen Stammplatz, den er vor seiner Verletzung beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft hatte, habe er überhaupt nicht. "Ich habe zwei Jahre kein Fußball gespielt. Ich bin von 100 Prozent noch weit entfernt", sagte er.

Die jungen Scholl und Gaudino machten ebenfalls einen guten Eindruck, auch wenn Scholl den Ball vielleicht zweimal zu oft mit der Sohle streichelte und Gaudino sehr verdutzt schaute, als in Guardiola um die 70. Minute rum an die Seitenlinie bestellte und gestenreich zutextete.

Und Juan Bernat? Ist vom Spielertyp er eher klein und durchsetzungsfähig, nicht so breit wie Shaqiri, aber die Tendenz geht eher in Richtung Kraftwürfel. Er ist technisch stark, flitzte die Linie entlang und durfte durchspielen. Sebastian Rode, der ja ablösefrei von Eintracht Frankfurt kam, arbeitete sich eher die Linie entlang, spielte engagiert, verlor aber auch den ein oder anderen Ball und blieb zur Halbzeit draußen. "Ich bin zufrieden mit dem, was ich gesehen habe, werde das aber weder unter-, noch überbewerten", sagte Matthias Sammer. Es gehe jetzt hauptsächlich darum den Rhythmus zu finden und "dann die anderen Spieler zu integrieren."

Thiago wird nach seiner Operation am rechten Innenband zum Saisonstart wahrscheinlich nicht fit. Die deutschen WM-Fahrer und der ebenfalls bis zum Schluss aktive Arjen Robben werden erst Anfang August zur Mannschaft kommen. Die Bundesliga startet am 22. August. Überhaupt ist es erstaunlich, wie schnell der Fußballfan von WM auf Bundesliga umschalten kann.

Im Nationalmannschafts-Trikot saß kaum einer im Stadion, über Philipp Lahms Rücktritt als Kapitän wurde ein bisschen diskutiert, ansonsten ist wieder Alltag. Und sollte jemand nach Memmingen gekommen sein, um vor dem Geburtshaus von Mario Götze Andacht zu halten, wurde er enttäuscht: Das Kreiskrankenhaus haben sie schon lange abgerissen.

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