Gustl Mollath:Der Angeklagte hat das Wort

Prozess Gustl Mollath

Gustl Mollath vor dem Landgericht Regensburg

(Foto: dpa)

Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Sachbeschädigung: Zu diesen Tatvorwürfen wollte Gustl Mollath im Wiederaufnahmeverfahren bislang nichts sagen. Zum Thema Schwarzgeld dafür umso mehr. Nun will er sich doch noch äußern.

Von Ingrid Fuchs

Das Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath geht in die Schlussphase. Nun hat der 57-Jährige angekündigt, dass er entgegen seiner Ankündigung vom ersten Prozesstag doch noch aussagen möchte. Will er das Bild von sich geraderücken, das in den vergangenen Tagen etwas in Schieflage geraten ist? Oder nutzt er seine Aussage, um noch einmal die Schwarzgeldvorwürfe gegen seine Exfrau und deren früheren Arbeitgeber, die Hypo-Vereinsbank (HVB), zum Thema zu machen? Es sei "eine Einlassung zur Person und Sache" am 8. August zu erwarten, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts.

Erst seit vergangenem Freitag kann sich Mollath ohne Angst frei äußern, braucht keine selbstauferlegte Rücksicht mehr auf Norbert Nedopil zu nehmen. Der forensische Psychiater musste - weil Mollath ein persönliches Gespräch verweigerte - aufgrund seiner Eindrücke aus dem Prozess und Erkenntnissen aus Akten ein Gutachten erstellen. Sein Urteil klang im Detail zwar nicht besonders schmeichelhaft für Mollath, die wesentliche Frage beantwortete Nedopil aber für den Angeklagten positiv: Von ihm gehe heute keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit aus. Eine erneute Zwangseinweisung sei nicht angemessen.

Zurückhaltend verhielt sich Mollath aber auch in Anwesenheit des Psychiaters nicht. Er verzichtete als Angeklagter zwar auf eine eigene Aussage, stellte den Zeugen vor dem Landgericht Regensburg dafür aber umso mehr Fragen, teils in inquisitorischem Ton. Auch der Kammer gegenüber äußerte Mollath seine Meinung meist sehr deutlich. Gemessen an der Reaktion seiner beiden Verteidiger, Gerhard Strate und Johannes Rauwald, manchmal zu deutlich. Zwei Mal haben die beiden versucht, ihr Mandat niederzulegen. Zwei Mal hat das Gericht ihre Anträge abgelehnt.

Was ist vorgefallen? Seit dem ersten Verhandlungstag drängte Mollath darauf, dass weitere Zeugen und Sachverständige zum Prozess geladen werden. Er halte das für nötig, um seine Unschuld zu beweisen. Denn mit einem Freispruch "zweiter Klasse", also mangels Beweisen, wollte er sich in dem Wiederaufnahmeverfahren nicht zufriedengeben. Das hatte Mollath schon kurz nach seiner Freilassung aus der geschlossenen Psychiatrie vor knapp einem Jahr deutlich gemacht. Angeklagt ist der 57-Jährige wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung.

Um einen Freispruch erster Klasse zu erreichen, forderte Mollath vehement, das Gericht möge doch noch Mitarbeiter und Vorstandsmitglieder der Hypo-Vereinsbank (HVB) sowie von verschiedenen Schweizer Banken laden. Sie sollen Auskunft über angeblich illegale Geldgeschäfte seiner Exfrau geben - und aufklären, ob sie damals mit einem Komplott dafür sorgte, dass er in der geschlossenen Psychiatrie landete.

Mollath sieht "kein nennenswertes Fehlverhalten"

Mit seiner Beharrlichkeit überreizte Mollath die Geduld seiner Anwälte. "Wenn man mir hier die Möglichkeit zur objektiven wahrheitsgemäßen Darstellung nimmt, spricht das für sich", beklagte er vergangenen Mittwoch, als das Gericht anmahnte, dass der Schwarzgeldkomplex nicht Thema des Verfahrens und weitere Zeugen deshalb nicht vorgesehen seien. Er sei entsetzt über die Auswahl der Zeugen durch Staatsanwaltschaft und Gericht.

Daraufhin legte Strate sein Mandat nieder - nur um kurz darauf die Bestellung als Pflichtverteidiger durch das Gericht anzunehmen. Im Nachhinein lässt sich das als Warnschuss für den Angeklagten werten, wirklich sitzenlassen wollen ihn seine Anwälte zu diesem Zeitpunkt wohl nicht. Ein Dämpfer für Mollath? Er sehe bei sich "kein nennenswertes Fehlverhalten", sagte er und beteuerte mit betroffener Miene, dass er noch immer vollstes Vertrauen in seine Verteidiger habe.

Am 14. Prozesstag schien ihm aber auch das verloren gegangen zu sein. Noch vor Verhandlungsbeginn kommt es zum Schlagabtausch. Mollath sagte, er sei "befremdet" über die Art und Weise, wie Strate mit seinen Forderungen umgehe. Der wiederum bezeichnete Mollaths 30 Beweisanträge als "Mist" - und forderte die Entpflichtung durch das Gericht. Der zweite Eklat binnen weniger Tage. Diesmal ist das von den Verteidigern als ernstgemeinter Aufstand zu werten.

Der Prozess sei auf einem guten Wege gewesen, um einen glatten Freispruch und die volle Rehabilitierung Mollaths zu erreichen, sagte Strate. Doch mit einem Mandanten, der "öffentlich Lügen über seine Verteidigung verbreitet", könne er nicht zusammenarbeiten. "Das ist ein Angriff auf meine Ehre."

Diesmal schien auch Mollath genug zu haben. Trotz Strates herausragender Leistungen habe er Zweifel, "ob mit so einer Art von Feindseligkeit eine ordentliche Verteidigung für mich möglich ist". Davon ließ sich die Vorsitzende Richterin Escher nicht beirren: Die Pflichtverteidiger müssen weitermachen. Und auch von ihrer Haltung zu den Schwarzgeldvorwürfen lässt sich Escher nicht abbringen, er spiele in diesem Strafprozess eigentlich keine Rolle, das Gericht lehnte Mollaths Beweisanträge am Montag ab. Die Behauptungen darin, dass Mollaths Exfrau mit illegalen Geldtransfers zu tun hatte, seien als wahr anzusehen, erläuterte Escher - zugunsten des Angeklagten.

Nach Angaben eines Gerichtssprechers werden die Vorwürfe aber nicht weiter überprüft, haben somit keine Wirkung auf andere Verfahren, also keine strafrechtliche Relevanz. Ob sich Mollath damit zufriedengibt? Wohl kaum.

Linktipps

Die einzelnen Berichte zu den bisherigen Prozesstagen:

  • Mollath-Verteidiger müssen bleiben - Tag 14
  • "Eine psychische Störung ist nicht nachweisbar" - Tag 13
  • Zwei Gutachter, zwei Meinungen - Tag 12
  • Angeklagter will Ankläger sein - Tag 11
  • Gutachter sieht keinen Beweis für Misshandlungen - Tag 10
  • Richter Ahnungslos - Tag 9
  • Gutachter verteidigt Einschätzung von Mollath - Tag 8
  • Polizist hält Mollath für den Täter - Tag 7
  • "Dem schaut der Wahnsinn aus den Augen" - Tag 6
  • Urteil "eilig diktiert" - wegen Urlaubsplänen - Tag 5
  • Ärztin glaubte an psychische Störung - ohne Untersuchung -Tag 4
  • Peinliche Befragung für Arzt im Zeugenstand - Tag 3
  • Polizisten berichten von Prügelvorwürfen - Tag 2
  • "Moralisch ist das nicht in Ordnung" - Tag 1
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: