Krieg im Gazastreifen:Hamas stellt Bedingungen für Waffenruhe

Krieg im Gazastreifen: Ein Mann flüchtet mit seiner Familie in eine Schule der Vereinten Nationen im nördlichen Gazastreifen: Die UN-Kommissarin für Menschenrechte, Pillay, sieht Hinweise auf Kriegsverbrechen durch Israel

Ein Mann flüchtet mit seiner Familie in eine Schule der Vereinten Nationen im nördlichen Gazastreifen: Die UN-Kommissarin für Menschenrechte, Pillay, sieht Hinweise auf Kriegsverbrechen durch Israel

(Foto: AFP)

+++ Hamas-Sprecher: Feuerpause nur bei Beendigung von Israels Gaza-Blockade +++ UN-Menschenrechtsrat verabschiedet scharfe Resolution +++ US-Luftfahrtbehörde verlängert Verbot von Flügen nach Tel Aviv

  • Die Hamas ist zu einer Waffenruhe nur bereit, wenn Israel seine seit Jahren gegen den Gazastreifen verhängte Blockade aufhebt.
  • "Systematische und schwere Verletzung" von Menschenrechten: UN-Gremium verabschiedet scharfe Resolution. Mit Ja stimmen arabische und islamische Staaten, die Staaten der EU enthalten sich, die USA stimmen dagegen.
  • US-Luftfahrtbehörde verlängert Verbot von Flügen nach Tel Aviv.
  • Bei Gefechten um Tunnelsysteme der Hamas sterben Dutzende Kämpfer.
  • Bundesregierung fordert Deutsche zur Ausreise aus Gaza-Streifen auf.

Hamas stellt Bedingungen für Waffenruhe

Der Chef der radikalislamischen Hamas, Chaled Maschaal, hat sich unter bestimmten Bedingungen zu einer humanitären Feuerpause bei den Gefechten mit Israel bereiterklärt. Die Hamas werde sich einer Waffenruhe nicht verschließen, wenn Israel die Blockade des palästinensischen Gazastreifens beende, sagte Maschaal vor Journalisten in Katar. Einem vollständigen Waffenstillstand werde die Hamas erst zustimmen, wenn die Bedingungen ausgehandelt seien. "Jeder will, dass wir einem Waffenstillstand zustimmen und danach über unsere Rechte verhandeln. Dies lehnen wir ab und lehnen es heute wieder ab."

UN-Menschenrechtskommissarin warnt vor Kriegsverbrechen

Der UN-Menschenrechtsrat hat in scharfem Ton die "systematische und schwere Verletzung" von internationalen Menschenrechten im Gazastreifen verurteilt. Das Gremium, in dem 47 Staaten vertreten sind, nahm am Mittwoch mehrheitlich eine entsprechende Resolution an. Neben 29-Ja-Stimmen gab es allerdings 17 Enthaltungen sowie eine Nein-Stimme aus den USA. Mit Ja stimmten die arabischen und islamischen Staaten, die derzeit im Gremium vertreten sind. Deutschland und die anderen EU-Staaten enthielten sich.

In der Resolution wird unter anderem eine UN-Untersuchungskommission gefordert, die möglichen Verletzungen internationalen Rechts nachgehen solle. Israel und die radikal-islamische Hamas wurden nachdrücklich aufgerufen, die Zivilbevölkerung bei den Kämpfen im Gazastreifen zu schützen.

Wer sich nicht an diese internationalen Menschenrechte halte, laufe Gefahr, "Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zu begehen, sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay. Bei der Sitzung des Menschenrechtsrats in Genf zweifelte Pillay an, dass Israel alles tue, um zivile Opfer zu vermeiden. Jede Warnung vor einem Angriff müsse den Menschen, darunter Alten und Kranken, auch die Zeit zur Flucht geben, forderte Pillay.

FAA hält Lage in Tel Aviv für "potenziell gefährlich"

Die US-Luftfahrtbehörde FAA untersagt amerikanischen Fluggesellschaften weiterhin Flüge nach Tel Aviv. Das Verbot, den Flughafen Ben Gurion anzufliegen, gelte für weitere 24 Stunden oder bis auf weitere Anweisung, teilte die FAA am Mittwoch mit. Ben Gurion ist der wichtigste internationale Airport Israels. Die FAA verweist auf die "potenziell gefährliche Situation" durch den Gaza-Krieg. Die Behörde hatte sich am Dienstag nach einem Raketeneinschlag in rund 1,6 Kilometern Entfernung von dem Flughafen erstmals für diesen Schritt entschieden. Auch die Lufthansa (inklusive Germanwings, Austrian Airlines, Swiss und Brussels Airlines) und Air Berlin haben ihre Flüge ausgesetzt.

Israels Transportminister Yisrael Katz kritisierte die Entscheidung, Flüge nach Tel Aviv zu streichen. Das sei eine "Belohnung für den Terror" der Hamas, sagte Katz nach Angaben des israelischen Rundfunks.

Ein Sprecher der israelischen Armee betonte die Sicherheit des Flugverkehrs nach Tel Aviv: "Wir sind überzeugt, dass wir den Flughafen schützen können", so der Sprecher. Er räumte aber ein, dass Israels Raketenabwehrsystem Iron Dome "kein hermetisches System" sei. Es habe eine Erfolgsrate von etwa 90 Prozent, deshalb könne auch immer eine Rakete durchrutschen.

Blutige Kämpfe um Tunnel der Hamas

Die Kämpfe gehen trotz aller diplomatischen Bemühungen mit unverminderter Härte weiter. Vor allem um die geheimen Tunnel der radikalislamischen Hamas gebe es heftige Gefechte, sagte ein Sprecher der israelischen Armee. Dort treffe man "auf Widerstand, die Hamas versucht ständig, uns dort anzugreifen".

Allein am Mittwoch kamen nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 49 Palästinenser ums Leben. In der Nacht zu Mittwoch wurden nach Armeeangaben 30 militante Palästinenser getötet. Die Hamas erklärte, sie habe bei einer Attacke auf eine Patrouille mehrere israelische Soldaten getötet.

Erklärtes Ziel der am Donnerstag vergangener Woche gestarteten israelischen Bodenoffensive ist es, das verzweigte Tunnelsystem und die Raketenabschussbasen zu zerstören, von denen aus die Hamas israelische Städte unter Beschuss nimmt. Nach israelischen Angaben wurden seit Donnerstag 210 Hamas-Kämpfer getötet. Auf israelischer Seite starben mindestens 29 Soldaten.

Bundesregierung fordert von Israel Mäßigung

Die Bundesregierung hat an Israel appelliert, Zivilisten im Gazastreifen zu schonen. "Wir rufen Israel zur Zurückhaltung auf und zur Vermeidung von noch mehr Opfern", sagte eine Sprecherin des Außenministeriums. Zudem forderte sie nähere Informationen über den Angriff auf ein Haus im Gazastreifen, bei dem eine deutsche Familie ums Leben kam. "Es ist unser dringendes Interesse, dass der Sachverhalt aufgeklärt wird."

Das Außenministerium riet allen Deutschen im Gazastreifen zur Ausreise. Etwa 100 Menschen mit deutschen Pässen sollen dort leben, mehrere Familien haben die Region mit Unterstützung der Bundesregierung verlassen.

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