Flug MH17:Neue Hinweise auf Abschuss durch Separatisten

UKRAINE-DEFENCE-EXERCISES

Ein Kampfjet vom Typ Su-25: Nach ukrainischen Angaben sollen die Separatisten im Osten zwei solche Maschinen abgeschossen haben.

(Foto: AFP)

Rebellenführer berichtet von Besitz von BUK-Raketen +++ Aufständische im Osten der Ukraine schießen erneut zwei Kampfjets ab +++ Kiew: Raketen wurden von russischem Territorium aus abgefeuert +++

  • Indizien deuten darauf hin, dass prorussische Separatisten für den Abschuss von MH 17 verantwortlich sind.
  • Die Separatisten haben erneut Kampfjets der ukrainischen Luftwaffe abgeschossen.
  • Im niederländischen Eindhoven sind die Leichen mehrerer Opfer von Flug MH17 eingetroffen.

Hinweise auf Abschuss von MH17 durch Separatisten verdichten sich

Die US-Geheimdienste gehen Medienberichten zufolge davon aus, dass ostukrainische Separatisten die Malaysia-Airlines-Maschine mit der Flugnummer MH17 mit einer Boden-Luft-Rakete vom Typ SA-11 vom Himmel geholt hätten. Dabei habe es sich wahrscheinlich um ein Versehen gehandelt. Sie stützten sich dabei auf Bilder und Einträge in sozialen Medien, Satellitenaufnahmen und Telefonmitschnitte.

Erstmals räumte ein Rebellenkommandeur gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zumindest den Besitz von BUK-Luftabwehrraketen ein. Alexander Chodakowski sagte, das BUK-System stamme möglicherweise aus Russland. Es könne sein, dass es dorthin zurückgebracht worden sei, um zu verschleiern, dass die prorussischen Rebellen über es verfügt hätten. "Ich weiß von diesem BUK-System", zitiert die Agentur den Rebellenkommandeur, "ich habe davon gehört."

Offen bleibt jedoch, wer geschossen hat. Beweise für eine unmittelbare Beteiligung Moskaus an dem Abschuss haben auch die US-Geheimdienste nicht. Dennoch trage Russland eine besondere Verantwortung, da es die Separatisten ausbilde und unterstütze.

Ein weiterer Aspekt deutet auf die Separatisten als Täter hin. Einem Korrespondenten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung haben prorussische Kämpfer bestätigt, dass sie am Absturztag kurz nach der Explosion den Befehl erhalten haben, zur Unglücksstelle zu fahren und "die Piloten festzunehmen". Das würde bedeuten, dass die Separatisten davon ausgingen, es habe sich bei der abgeschossenen Maschine um ein Kampfflugzeug gehandelt, dessen Piloten mit Hilfe ihrer Fallschirme den Absturz überlebt hätten.

Kiew: Kampfjets von Russland aus abgeschossen

Die Särge mit den ersten Opfern des Flugs MH17 sind in den Niederlanden eingetroffen - doch im Osten der Ukraine gehen die Kämpfe unvermindert weiter: Die prorussischen Rebellen haben zwei ukrainische Kampfflugzeuge abgeschossen. Das teilten sowohl ein ukrainischer Militärsprecher als auch die Aufständischen mit. "Das Schicksal der Piloten ist ungeklärt", sagte der Presseoffizier Alexej Dmitraschkowski in Kiew. Ein Sprecher der Separatisten teilte mit, dass sich ein Pilot östlich von Donezk per Schleudersitz gerettet habe, die zweite Maschine sei zunächst schwer getroffen Richtung Norden weitergeflogen.

Die Raketen, mit denen die Jets abgeschossen wurden, sollen laut Angaben der Regierung in Kiew aus Russland gekommen sein. Sie seien "nach vorläufigen Informationen von russischem Territorium aus abgeschossen" worden, erklärte der Sicherheitsrat der Ukraine. Die Kampfflieger vom Typ Suchoi Su-25 seien in einer Höhe von 5200 Metern unterwegs gewesen. Bereits vergangene Woche hatte Kiew Moskau beschuldigt, zwei ukrainische Militärflugzeuge abgeschossen zu haben. Russland wies diese Behauptung zurück.

Ermittler rätseln über die Anzahl der Leichen

Ein Kühlzug mit den sterblichen Überresten der MH17-Passagiere und Besatzungsmitglieder war am Dienstag in der ostukrainischen Stadt Charkow eingetroffen, die von der Regierung in Kiew kontrolliert wird. In den Niederlanden sollen die Opfer in einer Kaserne nahe Amsterdam identifiziert werden.

Unklarheit herrschte jedoch darüber, wie viele Leichen in den Waggons waren. Nach niederländischen Angaben könnten sich darin lediglich die Überreste von 200 Menschen befunden haben. Die Suche nach den weiteren Opfern müsste dann an der Absturzstelle fortgesetzt werden, zitiert der britische Sender BBC den Forensiker Jan Tuinder. Zunächst hatte es geheißen, die sterblichen Überreste von etwa 250 Menschen und weitere Leichenteile seien in den Waggons.

Unterdessen ergab eine Untersuchung des Stimmrekorders, dass der Flugschreiber aus dem Cockpit der abgestürzten Boeing nicht manipuliert wurde, teilte der niederländische Sicherheitsrat mit. "Der Cockpitrekorder war beschädigt, aber die Speicher waren intakt", hieß es. Internationale Spezialisten in Großbritannien hätten die Aufzeichnungen heruntergeladen, um sie zu analysieren. Die Arbeit am Flugdatenrekorder werde am Donnerstag beginnen.

Merkel dringt auf Sanktionen gegen Russland

Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert, dass möglichst schnell substanzielle EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt werden. Da Russland kein Interesse an einer Aufklärung des Flugzeugabsturzes gezeigt habe, halte die Kanzlerin rasche Beschlüsse für nötig, sagte der stellvertretenden Regierungssprecher Georg Streiter. Auch eine Sprecherin des Außenministeriums kritisierte, Russland tue nicht genug. "Jetzt reicht es", sagte sie. Merkel begrüßte, dass die EU-Kommission am Donnerstag Vorschläge zur Beschränkung des Kapitalmarktzugangs und in den Bereichen Rüstung, Dual-Use-Güter und sensitive Technologien einschließlich des Energiesektors vorlegen soll. Die EU-Botschafter sollten diese Liste nicht nur diskutieren, sondern gleich Sanktionen gegen erste russische Firmen verhängen, hieß es in Regierungskreisen. Merkel sei auch bereit zu einem EU-Sondergipfel, falls das nötig sei, sagte der Regierungssprecher.

Britische Firmen liefern weiterhin Waffen nach Russland

Trotz der harschen Kritik der britischen Regierung am Verhalten Russlands in der Ukraine-Krise dürfen Firmen des Landes weiterhin Waffen und militärische Ausrüstung an Moskau liefern. Insgesamt 251 Exportgenehmigungen mit einem Handelsvolumen von mindestens 132 Millionen Pfund (etwa 167 Millionen Euro) sind weiterhin in Kraft, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht für das Parlament hervorgeht. Die britische Regierung hatte im März angekündigt, sämtliche Waffenexporte nach Russland zu stoppen. Dem Bericht zufolge wurden allerdings nur 31 Genehmigungen zurückgezogen oder ausgesetzt. Noch am Dienstag hatte Premierminister David Cameron Frankreich für dessen geplante Lieferung eines Kriegsschiffs an Russland scharf kritisiert.

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