Epidemie in Westafrika:Chef-Bekämpfer erkrankt selbst an Ebola

Khan, head doctor fighting the deadly tropical virus Ebola in Sierra Leone, poses in Freetown

Sheik Umar Khan (Bild vom Juni 2014)

(Foto: Umaru Fofana/Reuters)

Sheik Umar Khan ist Sierra Leones wichtigster Ebola-Arzt. Mehr als hundert Patienten hat er nach dem Ausbruch der Epidemie behandelt - nun ist er selbst infiziert.

Von Johannes Kuhn

In Sierra Leone hat sich der leitende Arzt im Kampf gegen das Ebola-Virus selbst mit dem Erreger infiziert. Das Gesundheitsministerium bezeichnet Sheik Umar Khan als Nationalhelden, in seinem Krankenhaus im Osten Sierra Leones hat der Virologe in den vergangenen Wochen mehr als hundert Ebola-Patienten behandelt.

Der 39-Jährige gilt als anerkannter Experte im Kampf gegen Krankheiten wie Ebola oder das Lassa-Fieber, er arbeitet seit fast zehn Jahren in diesem Gebiet. Gerade jetzt wird er dringend gebraucht: Seit dem Ausbruch im Februar breitet sich das Ebola-Virus in Westafrika aus, insgesamt sind laut der Weltgesundheitsorganisation WHO 632 Menschen an der Krankheit gestorben, davon 206 in Sierra Leone.

Doch während Ebola in Guinea, wo die ersten Erkrankungen auftraten, derzeit eingedämmt scheint, steigt in den Nachbarländern Liberia und Sierra Leone die Infektionsgefahr. Ebola wird durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten übertragen, die Erkrankten leiden an hohem Fieber, inneren und äußeren Blutungen. Bis zu 90 Prozent der Infizierten sterben an den Folgen des Virus. In der aktuellen Epidemie liegt die Rate noch bei rund 60 Prozent.

"Ich muss gestehen, dass ich um mein Leben fürchte"

Khan ist einer von zwei Ärzten im Regierungskrankenhaus von Kenema, einer der beiden am stärksten betroffenen Gegenden. Das Einzugsgebiet umfasst 800.000 Menschen. Die Ebola-Station besteht aus zwei Zelten, die sich in der Nähe der Hauptgebäude befinden.

Noch im Juni besuchte ein Reuters-Reporter Sheik Umar Khan bei der Arbeit. "Wer im Gesundheitsbereich arbeitet, ist gefährdet", erzählte dieser. "Wir sind die ersten Ansprechpartner, wenn jemand krank wird. Selbst mit Schutzkleidung setzt man sich dem Risiko aus."

Ebola und das Misstrauen

Gerade in den ländlichen Regionen der betroffenen Länder herrscht ein großes Misstrauen gegenüber der Ebola-Behandlung in Krankenhäusern. Viele Einwohner fürchten, eine Behandlung in einer Klinik käme einer "Todesstrafe" gleich und vermeiden deshalb trotz Symptomen, sich untersuchen zu lassen. Falsche Gerüchte über die Tötung von Patienten und die Nutzung von Leichen für schwarze Magie halten sich hartnäckig.

Weil die Traditionen in Sierra Leone die Waschung eines Leichnams vorsehen, infizierten sich gerade in den ersten Wochen nach Ausbruch vor allem Frauen mit dem Virus, da sie diese Aufgabe in der Regel übernehmen. Inzwischen dürfen die Toten Berichten zufolge wegen des Ansteckungsrisikos nicht mehr in ihrer Dorfgemeinschaft beerdigt werden.

Im Krankenhaus von Kenema sind in den vergangenen Wochen Berichten zufolge neun Nonnen gestorben, die für die Pflege der Kranken zuständig waren. Als Reaktion auf die Todesfälle streikten die Angestellten für bessere Arbeitsbedingungen. Darauf erklärte die Regierung erst vor wenigen Tagen, das Krankenhaus der Obhut der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" zu übergeben.

Khans Vorgänger war am Lassa-Fieber gestorben, das er bei seinen Patienten zu heilen versuchte. "Ich muss gestehen, dass ich natürlich um mein Leben fürchte, weil ich mein Leben liebe", erklärte Khan noch vor wenigen Wochen. Der Arzt befindet sich derzeit in einer von "Ärzte ohne Grenzen" betriebenen Klinik in der Stadt Kailahun. Sein Zustand ist unklar. Gegen Ebola gibt es bislang keine Impfung und keine Medikamente.

Update, 29. Juli 2014: Sheik Umar Khan ist an den Folgen seiner Infektion gestorben. Er wurde 39 Jahre alt.

Mit Material von dpa.

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