Immer mehr fehlerhafte Autos:So viele Rückrufe wie nie zuvor

Auto-Reparatur

Laut einer Studie des Center of Automotive Management (CAM) gab es in den USA im ersten Halbjahr 2014 so viele Auto-Rückrufe wie noch nie.

(Foto: dpa)

2014 ist das Jahr der Auto-Rückrufe. Das bestätigt eine aktuelle Studie, die die Zahlen des US-Marktes ausgewertet hat. Unrühmlicher Spitzenreiter in der Statistik ist ein US-Hersteller, der in diesem Jahr schon einige Negativschlagzeilen produzierte.

  • Berechnungen des Center of Automotive Management (CAM) zeigen, dass in den USA im Jahr 2014 so viele Autos zurückgerufen wurden wie nie zuvor. Vor allem GM, Toyota und Tesla sind betroffen. Die Gründe für den Trend sind vielfältig.
  • Erst heute hat GM 823 000 Autos wegen defekter Sitze, Blinker und Servolenkungen zurückgerufen.
  • GM musste 2014 bereits 28,8 Millionen Autos zurückrufen, der Verdacht der Verschleierung steht im Raum.
  • Die Kosten für die Rückrufe drücken auf die GM-Bilanz. Die Zahlen für das zweite Quartal 2014 werden heute präsentiert.
  • Auch andere Hersteller müssen Rückrufaktionen durchführen.

Die genauen Zahlen zum Rückruf-Rekord

Laut einer Studie des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach sind im ersten Halbjahr 2014 mehr Autos zurückgerufen worden als jemals zuvor. Demnach mussten allein im Referenzmarkt USA 37,2 Millionen Personenwagen zur Überprüfung in die Werkstatt gebracht werden. Das sind 11,1 Millionen Fahrzeuge mehr als im Vorjahreszeitraum und zudem schon jetzt mehr als in den Kalenderjahren 2012 und 2013 zusammen. Damit markiert das Jahr 2014 bereits zur Halbzeit das größte Rückrufvolumen aller Zeiten.

Negativ-Spitzenreiter ist General Motors. Bis Ende Juni musste der US-Konzern im Rahmen von 37 Rückrufaktionen insgesamt etwa 25 Millionen Autos in die Werkstätten beordern. Die jüngsten Maßnahmen, welche die Zahl auf 28,8 Millionen anhoben, sind in den Berechnungen des CAM noch nicht berücksichtigt. Auf Platz zwei folgt der Toyota-Konzern, der in den USA im Jahr 2014 bislang 4,4 Millionen Toyota- und Lexus-Modelle zurückrufen musste. Auch Tesla Motors, Subaru und Ford haben sich im Vergleich zum Vorjahr massiv verschlechtert. Deutlich weniger Rückrufe als 2013 konnten Honda, BMW und Hyundai verzeichnen. Gemessen an den Neuzulassungen weist der VW-Konzern die beste Rückrufquote aller deutschen Hersteller in den USA auf. Am zuverlässigsten sind die US-Varianten von Mitsubishi- und Jaguar/Land Rover-Modellen.

Die Gründe für den negativen Rückruf-Trend sind vielfältig. Laut CAM tragen vor allem die steigende technische Komplexität der Fahrzeuge, die größere Entwicklungsgeschwindigkeit aufgrund der gestiegenen Wettbewerbsintensität und die Verlagerung zahlreicher Entwicklungen auf Zulieferer, die bei der Qualitätssicherung nicht immer die Standards der Autohersteller sichern können, zu der Entwicklung bei. Aber auch der erhöhte Kostendruck und die Strategie vieler Autobauer, zahlreiche verschiedene Modelle nach dem Baukastenprinzip zu entwickeln und dadurch viele Gleichteile einzusetzen, erhöhe die Gefahr von Massenrückrufen. In je mehr Automodellen ein fehlerhaftes Teil eingebaut sei, umso mehr Autos müssten im Falle eines Rückrufs zur Überprüfung in die Werkstatt gebracht werden.

Die Details zum jüngsten Rückruf

Der aktuellste Rückruf geht auf das Konto des derzeitigen Problemkindes General Motors. Wegen nicht richtig befestigter Sitze, unzuverlässiger Blinker und einer fehlerhaften Servolenkung müssen insgesamt 823 000 Exemplare der Chevrolet-Modelle Spark, Impala, Camaro und Silverado sowie der Buick Regal in die Werkstatt. 718 000 der betroffenen Autos, die meist neueren Baujahrs sind, wurden in den USA verkauft. Wegen der Mängel habe es zwei Unfälle mit drei Verletzten gegeben, teilte der Autokonzern in Detroit mit. Modelle der europäischen Tochtermarke Opel sind nicht betroffen.

GM rief 2014 bereits 28,8 Millionen Autos zurück

Durch den erneuten Rückruf steigt die Anzahl an GM-Fahrzeugen, die seit dem Jahreswechsel in Werkstätten überprüft werden müssen, auf 28,8 Millionen. Die meisten davon sind auf US-Straßen unterwegs. Ein Großteil der Rückrufe betrifft Autos mit defekten Zündschlössern. Diese können während der Fahrt in die "Aus"-Position springen, was neben dem Motor auch Sicherheitssysteme wie die Airbags, die Servolenkung oder den Bremskraftverstärker abschaltet. Laut GM habe es wegen des Defekts etwa 50 Unfälle mit 13 Toten gegeben. US-Verbraucherschutzorganisationen gehen von deutlich mehr Unfalltoten aus.

GM wird Verschleierung vorgeworfen

Im Zusammenhang mit den defekten Zündschlössern wird General Motors Verschleierung vorgeworfen. Dem Konzern soll das Problem bereits seit 1997 bekannt gewesen sein, er soll es jedoch jahrelang verschwiegen und nötige Rückrufe hinausgezögert haben. Der Skandal, für den sich General Motors derzeit vor den US-Behörden verantworten muss, hat bereits personelle Konsequenzen gefordert. GM-Chefin Mary Barra, die dem Konzern seit Anfang Januar vorsteht, hat vorbehaltlose Aufklärung versprochen. Die jüngsten Rückrufe seien ein positives Ergebnis der neuen Transparenz-Strategie. "Diese Rückrufe zeigen, wie sehr wir unseren Sicherheitsansatz verbessert haben", sagte der zuständige GM-Manager Jeff Boyer in Bezug auf den jüngsten Rückruf.

Die Bilanz leidet unter den Rückrufen

Der jüngste Rückruf kommt jedoch zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn am heutigen Donnerstag legt General Motors seine Zahlen für das zweite Quartal 2014 vor. Obwohl der Konzern im ersten Halbjahr 2014 ein Absatzplus von 1,4 Prozent verzeichnen konnte, ist fraglich, ob er im vergangenen Vierteljahr einen Gewinn erwirtschaftet hat. Denn die Rückrufe belasten die Bilanz schwer. Für die Reparaturen rechnet GM nach letztem Stand mit Kosten von insgesamt 2,5 Milliarden US-Dollar (1,8 Milliarden Euro). Schon im Auftaktquartal hatte der größte US-Autobauer wegen des Rückruf-Debakels einen Gewinn von lediglich 108 Millionen US-Dollar (80,2 Millionen Euro) eingefahren. Hinzu kommen Strafzahlungen: 35 Millionen US-Dollar (26 Millionen Euro) musste GM wegen der Pannenserie bereits berappen. Darüberhinaus haben zahlreiche Unfallopfer und deren Hinterbliebene Schadenersatzklagen eingereicht, wegen denen GM Zahlungen in Milliardenhöhe drohen.

Auch BMW und Chrysler rufen Autos zurück

GM ist allerdings nicht der einzige Autokonzern, der kürzlich Rückrufaktionen starten musste. In der vergangenen Woche beorderte BMW insgesamt 1,6 Millionen Exemplare einer älteren 3er-Generation in die Werkstätten - 450 000 davon in Deutschland. Grund für die Maßnahme waren möglicherweise defekte Airbags. Erst gestern musste Chrysler, der drittgrößte US-Autobauer, eine Rückrufaktion wegen defekter Zündschlösser starten. Bei etwa 792 000 Exemplaren des Jeep Grand Cherokee der Modelljahre 2005 bis 2007 sowie des Jeep Commander aus 2006 und 2007 kann der Zündschlüssel in die "Aus"-Position springen, wenn der Fahrer mit dem Knie dagegen stößt. Nach Chrysler-Angaben habe es wegen des Problems einen Unfall gegeben, bei dem aber niemand verletzt wurde. Schon im Juni hat der Konzern aus diesem Grund einen Rückruf von Minivans gestartet.

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