Stilfrage: Uhrenvergleich:Neuer Glanz versus alte Sachlichkeit

Stilfrage: Uhrenvergleich: Ladies & Gentlemen: Uhrenvergleich!

Ladies & Gentlemen: Uhrenvergleich!

(Foto: Piaget / Swatch)

Die Geschichte der Emanzipation ist ja grundsätzlich positiv. Doch warum sollen Uhren für Damen und Herren eigentlich gleich aussehen? Sie haben doch jeweils was ganz anders damit vor.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Die Geschichte der Emanzipation ist ja grundsätzlich positiv. Nur ästhetisch gesehen hat sie wenig Gutes angerichtet. Zu ihren schlimmsten modischen Errungenschaften zählt die Gleichstellung der Damen- mit der Herrenuhr. Wo man hinschaut: Stahluhren und Chronometer an zarten Damenhandgelenken!

Wie konnte es bloß so weit kommen, dass eine schmucklose Rolex in Mediumgröße zum größten Statussymbol der Frauen geworden ist? Und dass wir jetzt mit Männern über Automatik-Uhrwerke diskutieren, als sei das interessant? Früher, da scherten sich Frauen nicht um Technik, nur um Schönheit. Bei sogenannten Schmuckuhren tritt das Uhrwerk bis heute traditionell in den Hintergrund, aber die Quartz- Variante macht die Sache nicht billiger.

Den Preis wollen Sie gar nicht wissen

Diese Uhr aus der neuesten Haute Joaillerie-Kollektion von Piaget ist mit 20 Diamanten und vier Türkis-Cabochons besetzt, ihr Armband aus feinstem Roségold-Gewebe gearbeitet, außerdem flach wie eine Flunder, und den Preis, liebe Leser, wollen Sie gar nicht wissen. Jackie Kennedy besaß diese Uhr ab 1965 in einer grünen Smaragd-Variante, denn damals regte sich niemand auf, wenn die First Lady hohe fünfstellige Beträge am Arm trug.

Heute träumt im wahren Leben leider niemand mehr von solch zarten Kunstwerken aus Diamanten und Gold, jeder modernen Frau würden schließlich sofort zwischen Kindergarten und Büro die Diamanten aus der Lünette fallen. Es gibt sie aber noch, die Damen, die sich nie die Hemdsärmel hochkrempeln müssen. Man findet sie gerade irgendwo zwischen Nizza und Saint Tropez. Sie sind natürlich um nichts zu beneiden. Außer um diese Uhr.

Von Julia Werner

Alte Sachlichkeit

Angesichts der Zeitanzeigen in Telefonen und Notebooks wurde die Armbanduhr immer mal wieder dem Untergang geweiht. Aber das ist Unsinn, denn sie erfüllt ja neben der Stundenmessung noch eine andere wichtige Funktion: Die Uhr am Arm ist eines der wenigen Schmuckstücke, die für Männer klassisch akzeptiert sind.

All jenen, die sich täglich in der Welt formeller Anzüge bewegen, taugt sie seit jeher als Verweis auf individuelle Lebensart, ist mal sportiv, mal protzig, sentimental oder sogar militaristisch akzentuiert und Visitenkarte für jene Persönlichkeit des Trägers, die im Anzug verborgen bleibt. Die schlichte Swatch, wie sie etwa Commerzbankchef Blessing trägt, hat in diesem Code-System seit ihrer Erfindung eine feste Rolle. Sie weist ihren Träger als ökonomisch klaren Geist aus, der ein funktionales Produkt schätzt und nicht mehr dafür bezahlt als notwendig.

Bei guter Statussymbolik geht es nicht um den Preis

Gleichzeitig würde diese Botschaft mit einer ähnlich preiswerten No-Name-Uhr nicht funktionieren. Nein, es muss eine Ur-Swatch sein, oder auch eine alte Timex oder Seiko. Kein modisches Kollektionsmodell und schon gar nicht Lizenzprodukt einer Marke, die mit Uhren eigentlich nichts zu tun hat. Man darf nie vergessen, dass es bei guter Statussymbolik nicht so sehr um den Preis geht, sondern um die Stimmigkeit des Produkts.

Eine Uhr von Maserati, ein Fahrrad von Prada wären keine stimmigen Produkte. Aber eine Swatch ist eine Uhr, ein Klassiker. Sie kann umgeben von IWC und Rolex eine Pointe sein, ohne für Gespött zu sorgen. Zumindest so lange, wie man dem Träger abnimmt, dass er auch jede andere große Uhr tragen könnte - oder bereits getragen hat.

Von Max Scharnigg

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