Saisonstart des FC Bayern:Guardiolas nächste Erbschaft

MSV Duisburg v FC Bayern Muenchen - Friendly Match

Zweite Saison als Bayern.Coach: Pep Guardiola.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Späte Rückkehr von sechs Weltmeistern, Spaniens frühes Aus bei der WM: Auch in seine zweite Saison als Bayern-Trainer startet Pep Guardiola unter erschwerten Bedingungen. Doch er vertraut seinen Gedanken.

Von Benedikt Warmbrunn

Pep Guardiola hat eine sehr eigene Mimik, die Guardiola-Gesichtssprache, manchmal muss man ihm nicht einmal zuhören, um zu erahne n, was er denkt. Es reicht, ihn zu beobachten. Die Augen, die Stirn, die Lippen. Gerader Blick, leicht geöffneter Mund: Er ist einverstanden mit dem Gedanken. Zusammengeschobene Augenbrauen: leichtes Unverständnis. Die Unterlippe versteckt sich unter der Oberlippe, dazu die Stirn in Wellen: radikale Ablehnung des Gedankens.

Die Augen, die Stirn, die Lippen. Am Donnerstag hat Pep Guardiola die erste Pressekonferenz in seiner zweiten Saison als Trainer des FC Bayern gehalten, er hat oft den Mund leicht geöffnet. Er hat aber auch die Augenbrauen zusammengeschoben. Manchmal hat er sogar die Unterlippe unter der Oberlippe versteckt. Er hat sich präsentiert als ein Trainer, der jeden seiner Gedanken für gut hält, weil er ihn tausendfach durchdacht hat. Und als ein Trainer, der nicht vergessen hat, wie all die Kritiker zum Ende der vergangenen Saison mit seinen Gedanken umgegangen sind.

Als Guardiola vor einem knappen Jahr seine erste Pressekonferenz als Trainer des FC Bayern gehalten hatte, war er ein Trainer mit einem schwierigen Erbe. Jupp Heynckes, sein Vorgänger, hatte sich mit drei Titeln verabschiedet.

Guardiola kam, er brachte seine eigenen Ideen mit, am Ende der Saison hatte er das Erbe sehr beachtlich verwaltet, mit dem Gewinn von Meisterschaft und DFB-Pokal. Ein Jahr später startet Guardiola wieder mit einem Erbe in die Saison, es ist erneut kein leichtes.

Es ist die Hinterlassenschaft der WM. Er hat nun sechs Weltmeister im Kader, das weckt Erwartungen, er muss aber auch bis Anfang August auf acht Halbfinal-Teilnehmer verzichten. Außerdem ist da das Erbe der spanischen Nationalelf. Das Erbe des in der Vorrunde gescheiterten Tiki-Taka.

Kleine, schnelle, wendige Spieler, Ballbesitz, Passfolgen, das Spiel auf engem Raum, der Stil der spanischen Nationalmannschaft war auch der Stil des FC Barcelona unter Guardiola. Es war auch der Stil des FC Bayern unter Guardiola. Und es wird der Stil der Mannschaft bleiben, das hat der Trainer mit einem sehr geraden Blick formuliert. "Was du glaubst, was du denkst, darauf musst du vertrauen und nach vorne gehen."

Guardiola glaubt und denkt, dass die Idee des Ballbesitz-Fußballs überleben wird, er vertraut seinen Gedanken. So hat Guardiola auf die Fragen nach seinem System mit den Augenbrauen, manchmal auch ohne Unterlippe geantwortet. Er hat gesagt, dass er in der Abwehr weiterhin auch eine Dreierkette ausprobieren will. Zugleich hat er bekräftigt, dass dies die Ausnahme bleiben soll: "Normalerweise werden wir mit vier Verteidigern spielen."

Guardiola sieht Lahm im Mittelfeld

Auch das kreative Zentrum vor der Abwehr wird Guardiola nicht aufgeben, auch nicht nach dem Wechsel von Toni Kroos zu Real Madrid. Er denkt an Thiago Alcántara, der nach einem Innenbandriss im Knie "noch ein bisschen mehr Zeit braucht"; bei einem Vorbereitungsturnier am Wochenende in Hamburg wird der Spanier fehlen (dafür wird Franck Ribéry wohl "wenige Minuten" spielen). Außerdem denkt Guardiola an David Alaba, den bisherigen Linksverteidiger.

Ob dieser auch im zentralen Mittelfeld spielen könne? Gerader Blick, leicht geöffneter Mund. "Ja. Er ist ein großes Geschenk für Bayern München." Und natürlich denkt der Trainer an Philipp Lahm, er bleibt sein "intelligentester Spieler". "Im Moment" sehe er den Kapitän im Mittelfeld, angesprochen auf Lahms Rolle als Rechtsverteidiger in den letzten WM-Spielen sagte Guardiola: "Wir sind glücklich, dass er beides spielen kann."

Wie sehr Guardiola seinen Gedanken vertraut, das demonstrierte er mit einer anderen Botschaft: dem Vertrauen in seine Spieler. Nach dem 0:4 im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid hatte er in der ersten Erregung mehrere Zugänge gefordert, um seine Ideen besser umsetzen zu können. Nun, selbst nach dem Kroos-Wechsel, fordert er keine neue Spieler, außer: "Ich will einen dritten Torwart." An Keylor Navas war der FC Bayern wohl interessiert, Costa Ricas WM-Torwart wechselt aber wohl zu Real Madrid.

Bleibt ein letztes Erbe: der verspätete Trainingsstart der acht Halbfinal-Teilnehmer. "Wir müssen uns anpassen", sagte Guardiola, den Gedanken an einen Nachteil wehrte er jedoch mit einer gewellten Stirn ab.

Vielmehr sei es so: "Nach drei Wochen Pause ist ein bisschen Muskulatur noch da", der kurze Urlaub der Weltmeister dürfe also "keine, keine Ausrede" sein. Nach Spaniens WM-Sieg 2010, das erwähnte Guardiola auch, hat er mit Barcelona Meisterschaft und Champions League gewonnen.

Das zweite Jahr also. Guardiola sagte, er sei "ein bisschen mehr geduldig, ein bisschen weniger nervös". Er sagte es mit einem sehr geraden Blick.

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