TSV 1860 München:Parabel vom jungen Wolf

TSV 1860 München: Spielt er beim Zweitliga-Auftakt von 1860 München in Kaiserslautern im Sturm? Der 19-Jährige Marius Wolf (am Ball).

Spielt er beim Zweitliga-Auftakt von 1860 München in Kaiserslautern im Sturm? Der 19-Jährige Marius Wolf (am Ball).

(Foto: Claus Schunk)

Zeit, auf den Tisch zu hauen: 1860-Trainer Ricardo Moniz will vorerst nicht mehr von hohen Zielen reden, er fordert Verstärkung für seinen Kader. Aber da es bei den Löwen mal wieder ums Geld geht, wird am Ende wohl ein 19-Jähriger spielen müssen.

Von Markus Schäflein

Ricardo Moniz hatte wohl den Eindruck, es sei jetzt an der Zeit, mal auf den Tisch zu hauen. Also haute Ricardo Moniz auf den Tisch im Biergarten des Löwenstüberls, zwei Mal, und dazu sprach er: "Es geht jetzt so - oder so." Die zwei Alternativen, die der Trainer des TSV 1860 München deutlich hervorheben wollte, lauten: Der Fußball-Zweitligist nimmt noch ordentlich Geld in die Hand, um mindestens einen weiteren Nachfolger für die verabschiedeten Stürmer Benjamin Lauth und Yuya Osako zu verpflichten. Oder eben nicht: "Dann spielt halt der junge Wolf. Wenn er in Kaiserslautern spielen muss, kann er das schon. Aber mit Wittek, Weigl und Wolf - dann brauchen wir noch ein Jahr Zeit."

Soll heißen: Moniz will neues Personal begrüßen - oder sich von allzu hohen Zielvorgaben vorerst verabschieden, nachdem er unlängst als Meistertipp noch 1860 genannt hatte. "Das, was wir in den vergangenen drei Testspielen gesehen haben, ist alles. Mehr ist nicht", sagte Moniz. Da gab es beim 2:3 gegen Bundesligist Mönchengladbach, beim 2:3 gegen Premier-League-Absteiger Cardiff City und beim 3:0 gegen Heimstetten insgesamt exakt ein Stürmertor, erzielt vom 19-jährigen Marius Wolf. Es war der dritte Treffer in Heimstetten, wo Wolf ursprünglich mit der Regionalliga-U21 spielen sollte. Und zu allem Überfluss klagte Moniz tags darauf: "Der Torabschluss im Training war wieder schlecht."

Zahlenmäßig geht die Personalplanung beim TSV 1860 auf: sieben Weggänge, sieben Zugänge. Aber für ganz vorne ist eben bislang nur Rubin Okotie, 27, gekommen, der in Österreich für Sturm Graz und Austria Wien in 113 Spielen 34 Tore erzielte und zuletzt in 15 Partien in der dänischen Superligaen für Sönderjysk Elitesport elf. Okotie, der sich einst beim 1. FC Nürnberg nicht durchgesetzt hatte, könnte für 1860 Treffer beisteuern - verlassen will sich Moniz darauf aber nicht. Dazu kommen für den Angriff Bobby Wood, der mit Trainingsrückstand angereiste Brasilianer Leonardo, der erneut verletzte Stephan Hain und der Südafrikaner Daylon Claasen, der bei Lech Posen nicht durchs Toreschießen aufgefallen ist. Sowie der schon unter dem x-ten Trainer sehr enttäuschende Marin Tomasov, der auch unter Moniz damit rechnen muss, nicht zum Kader zu zählen.

Zu wenig Torgefahr aus dem Mittelfeld

Nach dem letzten Test gegen Stoke City am Samstag wird entschieden, wer den engeren Kreis verlassen muss. Die Auswahl in der Offensive findet Moniz jedenfalls "hart für die Ansprüche". Zudem bemängelt der Trainer zu wenig Torgefahr aus dem jungen Mittelfeld mit Weigl und den Spaniern Edu und Ilie. Neben Lauth und Osako ist ja dummerweise in Moritz Stoppelkamp auch noch der bislang torgefährlichste Mittelfeldmann gegangen. "Wo sind die Leute im Mittelfeld, die Tore machen", fragt sich Moniz, "wo sind sie?"

Die meisten Treffer in den Testspielen erzielten die Abwehrspieler. Weil der uruguayische Innenverteidiger Gary Kagelmacher vom AS Monaco Probleme hat, rechtzeitig fit zu werden, ist Moniz ganz froh, dass der ursprünglich wenig geschätzte bisherige Kapitän Guillermo Vallori noch da ist. Auch Christopher Schindler und Kai Bülow können sich Hoffnung auf einen Platz in der ersten Elf machen.

"In Deutschland gibt es nicht, was wir brauchen"

Dass noch Personalbedarf für den Sturm besteht, haben auch andere längst erkannt. "Darüber gibt es bei uns keine zwei Meinungen", hatte Präsident Gerhard Mayrhofer noch vor Moniz' Appell der tz gesagt. "Und da wird auch noch was passieren, das hat Sport-Geschäftsführer Gerhard Poschner doch klar formuliert." Der Punkt, auf den Moniz hinauswollte, war wohl eher die Frage, wer noch kommt.

"Natürlich geht es ums Geld"

Der Grund, dass noch kein herausragender Stürmer verpflichtet wurde, ist laut Moniz sehr simpel. "Natürlich geht es ums Geld", sagte er, "und ich habe das Geld nicht." Offenbar hat er einen Wunschkandidaten, aber die Vorgabe ist klar: "Der Trainer kauft die Spieler nicht mehr, das macht jetzt der Verein. Wenn der Verein nicht einverstanden ist, muss ich das akzeptieren." Fest steht für den Trainer allerdings: "Wenn man jemand kauft, muss er wirklich eine Extra-Waffe haben. In Deutschland gibt es nicht, was wir brauchen."

Moniz deutete an, dass hinter den Kulissen in dieser Frage ordentlich debattiert wird: "Jetzt zeigen wir, wie stark wir sind, ob wir einen konstruktiven Dialog führen."

Dabei fordert er eine Grundsatzentscheidung - die Sache mit dem jungen Wolf darf man als Parabel sehen, als ein zu einer Erzählung ausgeweitetes Gleichnis. "Ich habe auch gerne 50 Prozent Nachwuchs in der Mannschaft", sagte Moniz. "Poschi entscheidet das. Wenn er sagt, du hast alle Zeit und Rückendeckung für einen Aufbau - dann ist das einzige Problem die Außenwelt." Wie problematisch die Außenwelt bei Sechzig wirklich sein kann, davon hat Moniz bislang nicht einmal ansatzweise etwas gespürt, aber er ahnt schon: "Ich denke, die Fans akzeptieren das nicht." Es ist zu befürchten, dass er da Recht hat.

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