Internet in Nordkorea:Kims Kochrezepte

Trotz Hungersnot und Abschottung vom Internet: Nordkoreas erste Koch-Webseite mit Rezepten und Restaurant-Tipps ist online. Fragt sich nur für wen?

Von Benedikt Becker

Es gibt Dutzende Rezepte für Reiskuchen und Rohkost, Spezialitäten aus Pjöngjang und den Provinzen, traditionelle und moderne Gerichte: Nordkoreas erste Koch-Website Korean Dishes ist online. In einem Land, in dem 80 Prozent der Bevölkerung unter Mangelernährung leiden und das UN-Welternährungsprogramm (WFP) 2,4 Millionen Personen mit Lebensmitteln versorgt.

Nordkorea; Kochen; Zensur

Nordkoreas erste Koch-Webseite Korean Dishes umfasst hunderte Rezepte.

(Foto: Screenshot süddeutsche.de)

Bereits im März 2012 berichtete Nordkoreas staatliche Nachrichtenagentur KCNA erstmals über Korean Dishes, das von der Vereinigung koreanischer Köche betrieben wird und seitdem vermutlich über das Intranet Kwangmyoong abgerufen werden kann. KCNA schilderte den Nutzen der Webseite so: "Sie erklärt die Ursprünge von Gerichten und erzählt Anekdoten über lokale und internationale Kochtrends. Sie bietet einen unverwechselbaren Katalog, um den Bedürfnissen der Hausfrau zu dienen."

Das staatliche Netzwerk Kwangmyoong ist insbesondere in Universitäten und Bibliotheken zugänglich und dient der Abschottung der Bevölkerung vom globalen Internet. Anfang 2013 meldet KCNA stetig steigende Besucherzahlen für Korean Dishes: "Die meisten davon sind Hausfrauen", hieß es in der Mitteilung.

136 Millionen US-Dollar gegen Mangelernährung

Jetzt ist die Koch-Webseite weltweit verfügbar und bietet neben hunderten Rezepten auch einen ausführlichen Restaurantratgeber. Eine Kontaktadresse ist ebenfalls vorhanden. Die Vielfalt der nordkoreanischen Küche illustrieren zahlreiche Bilder und einige Videos. Zu sehen sind üppige Buffets, liebevoll angerichtete Platten und neben verschiedensten Reiskuchen vor allem Fisch- und Fleischgerichte.

Nutzen wird das den meisten Nordkoreanern nicht: Für den verarmten Großteil der Bevölkerung sind diese Lebensmittel unerreichbar und unbezahlbar. Vor allem Kinder und ihre Mütter leiden laut WFP unter Mangelernährung. Ein bis Juni 2015 laufendes Projekt der Welternährungsorganisation soll Lebensmittel im Wert von insgesamt 136 Millionen US-Dollar zur Verfügung stellen. Bisher ist jedoch erst ein Drittel der Summe durch Spenden gedeckt.

Die Entwicklung und Freischaltung von Korean Dishes reiht sich ein in öffentlichkeitswirksame Initiativen aus Nordkorea, die als Modernisierung daherkommen, von denen bisher aber nur die Elite des Landes profitiert. Vor zwei Jahre beispielsweise hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un den größten Vergnügungspark des Landes neu gestalten lassen. Auch hier gilt: Zutritt haben vor allem verdiente Parteikader.

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