Haderthauer soll Immunität verlieren:Seehofer erwartet schnelles Verfahren

Sitzung Kabinett

Die damalige Sozialministerin Christine Haderthauer im Kabinettssaal in der Staatskanzlei in München (Archivbild von 2012)

(Foto: dpa)

Die Staatsanwaltschaft will gegen CSU-Ministerin Haderthauer wegen Betrugs ermitteln und dazu ihre Immunität aufheben. Bayerns Staatskanzleichefin gibt sich uneinsichtig. Seehofer steht zu ihr - und rechnet mit einem schnellen Ermittlungsverfahren.

Von Dietrich Mittler und Mike Szymanski

  • Die Staatsanwaltschaft München II hat die Aufhebung der Immunität von Christine Haderthauer beantragt. Ihr und ihrem Mann wird Betrug in der sogenannten Modellbau-Affäre vorgeworfen.
  • Nach einer Krisensitzung einiger Kabinettsmitglieder mit Ministerpräsident Seehofer ist klar: Haderthauer bleibt zunächst im Amt.
  • Die CSU-Politikerin weist die Vorwürfe zurück: "Ich habe nichts zu verbergen."

Haderthauer droht Aufhebung der Immunität

In der sogenannten Modellbau-Affäre will die Staatsanwaltschaft München II gegen Staatskanzleichefin Christine Haderthauer ermitteln. Wie der Süddeutschen Zeitung bestätigt wurde, läuft im Verfassungsausschuss bereits ein Schnellverfahren, mit dem Ziel, ihre Immunität aufzuheben. Die Ermittler hatten Landtagspräsidentin Barbara Stamm am Montagabend schriftlich über ihre Absicht informiert - verbunden mit dem Gesuch, die Immunität der Ministerin aufzuheben.

Stamm wiederum leitete dieses Anliegen am Dienstagmorgen an den für die Aufhebung der Immunität zuständigen Leiter des Rechtsausschusses und seine Stellvertreterin weiter. Wenn von dieser Stelle innerhalb von 48 Stunden keine Einwände kommen, dürfen die Staatsanwälte das Strafverfahren einleiten. Die Immunität ist damit aber nicht aufgehoben - sie ist nur zeitweilig außer Kraft gesetzt.

Nach Krisensitzung: Haderthauer darf bleiben

Am Dienstagmittag haben sich Ministerpräsident Horst Seehofer, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, Innenminister Joachim Herrmann und Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer (alle CSU) mit Haderthauer zu einer Krisensitzung in der Staatskanzlei getroffen. Das Ergebnis: Haderthauer bleibt im Amt. "Allein die Aufnahme von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen begründet keine Notwendigkeit, personelle Konsequenzen zu ziehen. Die Amtsführung als Staatsministerin ist dadurch nicht tangiert", heißt es in einer Mitteilung der Staatskanzlei.

Seehofer sagte der Süddeutschen Zeitung nach der Sitzung, er sehe Haderthauer durch das Ermittlungsverfahren nicht geschwächt. Er stehe weiter zu ihr: "Wir haben ein Vertrauensverhältnis wie es für die tägliche Arbeit unerlässlich ist." Dennoch hofft er auf ein schnelles Verfahren, um zu klären, ob an den Vorwürfen etwas dran ist. "Der Sachverhalt ist nicht so kompliziert, dass man schon erwarten darf, dass das Verfahren zügig abgeschlossen werden kann."

Haderthauer weist Vorwürfe zurück

Am frühen Abend meldete sich auch die Ministerin selbst zu Wort. Über ihren Anwalt ließ sie schriftlich mitteilen: "Der Vorwurf ist nach meiner festen Überzeugung nicht haltbar." Zudem wies sie einen Bezug des Ermittlungsverfahrens zu ihrem Amt zurück - und erklärte: "Die Frage nach persönlichen Konsequenzen stellt sich nicht." Einem Untersuchungsausschuss stehe sie gelassen gegenüber: "Ich habe nichts zu verbergen."

Opposition fordert Rücktritt

Die Oppositionsparteien forderten am Dienstag erneut den Rücktritt der Ministerin. "Frau Haderthauer muss zurücktreten, um weiteren Schaden vom Freistaat Bayern und sich selbst abzuwenden", sagte der SPD-Rechtsexperte Horst Arnold. Die Grünen-Abgeordnete Ulrike Gote drängte erneut darauf, Haderthauers Rolle in der sogenannten Modellbau-Affäre durch einen Untersuchungsausschuss klären zu lassen. "Jetzt erst recht", sagte Gote. Bereits jetzt sei klar, dass sie nun als Ministerin nicht mehr haltbar sei.

Strafanzeige gegen unbekannt

Die Ermittler reagierten mit ihrem Gesuch zur Aufhebung der Immunität auf eine Strafanzeige gegen unbekannt, die jedoch mit zahlreichen Unterlagen über die CSU-Politikerin und ihren Mann, den Ingolstädter Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer, angereichert ist. Hinter der Anzeige steht der französische Unternehmer Roger Ponton, ein ehemaliger Geschäftspartner der Haderthauers in der Firma "Sapor Modelltechnik", der sich durch das Paar "arglistig getäuscht", ja "betrogen" und "hintergangen" fühlt.

Nach den Unterlagen, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, wurden mit dem Verkauf exklusiver Oldtimer-Modelle, die von psychisch kranken Straftätern im Rahmen einer Arbeitstherapie hergestellt worden waren, Einnahmen in bis zu sechsstelliger Höhe erzielt. Von diesen Einnahmen hatte Ponton jedoch laut einer eidesstattlichen Erklärung "im Zeitraum von 1993 bis zum heutigen Tage" nichts bekommen - "weder persönlich, noch über Dritte, noch in sonstiger Weise".

Politikerin war an Firma Sapor Modelltechnik beteiligt

Die Vorkommnisse um die Firma Sapor Modelltechnik waren bereits vor mehr als einem Jahr in die Öffentlichkeit gelangt. Anfangs richtete sich das Interesse der Medien auf den jetzt als Landgerichtsarzt tätigen Ehemann der Ministerin und die Frage, ob er seine damalige Stellung als Arzt im Bezirksklinikum Ansbach dazu genutzt haben könnte, die von psychisch kranken Straftäter hergestellten Modelle relativ billig einzukaufen und dann teuer weiterzuverkaufen. Später musste sich auch Christine Haderthauer unangenehme Fragen stellen lassen.

Wie aus Gewerberegister-Unterlagen hervorgeht, war sie an der Firma Sapor Modelltechnik beteiligt. Erstmals tauchte ihr Name in einer Eintragung vom 11. Juli 1990 auf - als eine von drei geschäftsführenden Gesellschaftern. Am 31. Dezember 2003 habe ihre Zeit als Mitgesellschafterin geendet, ihren Gesellschaftsanteil übertrug sie "an ihren Mann", wie es aus der Staatskanzlei auf Anfrage der Grünen hieß. Ihr Engagement in der Firma, so betonte Haderthauer stets, habe also vor ihrem Eintritt in die Landespolitik geendet.

Doch die Opposition - die sich von den Antworten auf ihre Landtagsanfragen alles andere als gut informiert fühlt - hat große Zweifel daran, ob die Angaben in dieser Form rechtlich überhaupt Relevanz haben. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile habe ohne einen Gesellschafterbeschluss, ja sogar ohne Wissen des Mitgesellschafters Ponton stattgefunden.

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