Umbruch bei Mainz 05:Neuanfang mit Fachwissen aus Nordsjaelland

Kasper Hjulmand

Kasper Hjulmand will mit dem FSV Mainz in die Europa League - ein Sieg gegen Tripolis würde dabei sehr helfen.

(Foto: dpa)

Tuchel ist weg, vieles hat sich verändert: Trainer Kasper Hjulmand führt den FSV Mainz an diesem Abend in die Qualifikation um die Europa-League-Teilnahme. Vor dem Spiel gegen die Griechen aus Tripolis wird klar, dass der Klub aus dem Wandel Kraft ziehen muss.

Von Tobias Schächter, Mainz

Gaz Metan Medias. An diesen Klub aus Rumänien wird Christian Heidel, 51, gerade wieder häufig erinnert. Aber nur, weil der 1. FSV Mainz 05 vor drei Jahren in der Europa League schon in der Qualifikation gegen jenes Gaz Metan Medias gescheitert ist, lässt sich Heidel doch jetzt nicht die Vorfreude nehmen.

Drei Jahre lang lagerten die wegen der Uefa-Auflagen angeschafften Stuhlreihen in Containern, erst zum Länderspiel gegen Armenien im Mai und beim Public Viewing während der WM kamen sie wieder zum Einsatz. Und diesen Donnerstag braucht Mainz sie nun erneut: Diesmal geht es gegen den griechischen Vertreter Asteras Tripolis, wieder in einer Qualifikationsrunde für die Gruppenphase der Europa League.

Der Manager Heidel sagt, er sei stolz, dass Mainz 05 sich zum zweiten Mal in vier Jahren die Chance erspielt habe, im Europapokal mitzumischen. Dass in der vergangenen Saison Vereine wie Eintracht Frankfurt oder der SC Freiburg unter der Belastung der zusätzlichen Spiele in Europa ächzten? Lässt Heidel nicht gelten. Er sagt: "Wo steht denn geschrieben, dass Eintracht Frankfurt zwingend eine bessere Vorrunde gespielt hätte ohne Europapokalspiele?" Nein, nein, Christian Heidel lässt sich die Vorfreude auf das Spiel gegen die Griechen nicht verderben.

Und auch nicht die auf die neue Bundesligasaison, in der in Mainz mal wieder alles ganz anders und doch alles wie immer werden wird. Hofft Heidel. Auch in diesem Jahr muss der Klub wieder einen Umbruch verkraften. Thomas Tuchel, 40, der prägende Trainer der letzten Jahre, löste mit einigem Getöse seinen Vertrag auf. In den fünf Spielzeiten unter Tuchel holten nur Bayern, Dortmund, Leverkusen und Schalke mehr Punkte als Mainz. Heidel sagt: "Wir haben einen Neuanfang in allen Bereichen - und auch wieder nicht."

Mainz macht Gewinn, der HSV macht Schulden

Ziemlich schnell hat Heidel den Dänen Kasper Hjulmand, 42, als Tuchels Nachfolger präsentiert. Hjulmand gewann mit dem kleinen Kopenhagener Vorortklub FC Nordsjaelland die dänische Meisterschaft, und die Spielweise erinnerte Heidel an die der Mainzer. Hjulmand und Tuchel seien zwar grundverschiedene Menschen, aber in ihrer Idee von Fußball ähnelten sie sich sehr, sagt der Manager.

Nach vier Wochen und einem Trainingslager in England mit dem neuen Trainer seien die Spieler überrascht, wie ähnlich die Arbeit Hjulmands auf dem Platz der von Tuchel sei. Auch Hjulmand bevorzugt Spielformen auf kleinen Spielfeldern und intensives Üben des Passspiels. Egal, mit wem man in Mainz spricht, alle sind begeistert von dem umgänglichen Trainer, der mit seinen drei Assistenten akribisch jede Einheit plant und später aufarbeitet.

Kein Grund für Pessimismus

Kasper Hjulmand hat aber bisher noch kein wichtiges Spiel gewonnen. Heidel weiß das, aber sein Gefühl ist "absolut positiv: Wir sind hier voller Optimismus, wir haben eine richtig gute Mannschaft". Fast unmerklich habe man die Mannschaft verjüngt, in Zdenek Pospech und Eric Choupo-Moting gingen zwei Stammspieler. Und nur, weil nun in Nicolai Müller ein weiterer Leistungsträger den Klub möglicherweise verlassen könnte, sieht Heidel keinen Grund für Pessimismus.

Müller, der nach dieser Saison ablösefrei wechseln könnte, hat ein Angebot des Hamburger SV. In einem Telefonat teilte Heidel dem HSV-Kollegen Dietmar Beiersdorfer mit, es gebe "absolut keine wirtschaftliche Notwendigkeit", den Spieler schon in diesem Sommer abzugeben. Er sei aber immer gesprächsbereit, sagt der Manager, das gehöre zum Geschäftsmodell von Mainz 05.

Der Klub hat durch das neue Stadion und durch die Verkäufe seiner besten Spieler den wirtschaftlichen Abstand auf viele Vereine verkleinert. In den letzten drei Jahren, hat Heidel ausgerechnet, erwirtschaftete etwa der HSV 20 Millionen Euro Minus, während Mainz 20 Millionen Gewinn gemacht habe.

Ein attraktives Angebot an Müller kann sich der HSV dennoch leisten, dank des Investors Klaus-Michael Kühne. Doch ohne gleichwertigen Ersatz - und ohne eine Ablösesumme von mehreren Millionen Euro für die Mainzer - dürfte der Deal nicht zustande kommen.

Dem Ziel, dem Kader eine "Qualitätsentwicklung in der Breite" zu geben, ist der Klub allerdings schon jetzt recht nahe gekommen. Heidel schwärmt von den Zugängen: Der chilenische WM-Spieler Gonzalo Jara (ablösefrei von Nottingham Forest) spiele schon, als sei er jahrelang in Mainz, der serbische Offensivtrickser Filip Djuricic (ausgeliehen von Benfica Lissabon) trainiere überragend, und rechts rase Daniel Brosinski (für 1,5 Millionen Ablöse aus Fürth) die Linie entlang wie einst Pospech.

Loris Karius bleibt wohl die Nummer eins im Tor, auch wenn der Grieche Stefanos Kapino (für rund zwei Millionen von Panathinaikos) ein starker Konkurrent sein wird. Und die beiden Talente Patrick Pflücke und Devante Parker beeindruckten Trainer Hjulmand offenbar nachhaltig. Der ständige Wandel hat die erstaunliche Entwicklung von Mainz 05 in der letzten Dekade nicht stoppen können - und das wollen die Mainzer nun erneut beweisen.

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