Investieren in Rolex & Co.:Warum Luxus-Uhren eine riskante Geldanlage sind

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Ein Ausstellungsstück mit chinesischen Vögelchen auf der weltgrößten Uhren- und Schmuckmesse, der Baselworld.

(Foto: AFP)

Unter Sammlern gelten Luxus-Uhren als interessante Investition. Für Anleger aber gilt: Nur mit Geduld und Branchenkenntnis können sie sich zu einer rentablen Geldanlage entwickeln.

Von Sabrina Keßler

Eine Uhr verrät viel über ihren Besitzer. Der Geschäftsmann setzt dem Klischee nach auf ein elegantes Modell, das ab und an unter der Manschette hervor gleitet und unauffällig die ökonomische Potenz offenbart. Coole Jungs neigen zum Sport-Chronographen, mit dem sie theoretisch hunderte Meter in die Tiefe tauchen könnten, praktisch aber lieber die Zeit stoppen, die sie brauchen, um ein Bier zu exen. Und für Normalos muss eine gute Uhr einfach nur die Zeit anzeigen.

Walter Castillo gehört einer weiteren Gattung an: Für ihn sind Uhren weder Statement noch Spielerei. Für ihn sind sie Leidenschaft - und lohnende Geldanlage. Etwa 300 Uhren lagern in seinem Safe auf der Bank, mehr als den Gegenwert eines Einfamilienhauses habe er schon investiert, sagt er. Ob ihm die Stücke gefallen, sei für ihn inzwischen zweitrangig: "Hauptsache wertvoll."

Angeblich wertbeständiger als Kunst oder Oldtimer

Vor 15 Jahren fing Castillo als Sammler an, damals arbeitete er noch im mittleren Management des Rückversicherers Munich Re. Heute hat er sein Hobby zum Beruf gemacht und berät Uhrenkäufer und Verkäufer in Diensten des Online-Händlers Chronext. Er sagt: "Ich will Kunden bei der Wahl der perfekten Uhr helfen", sagt er. Sein Job besteht zu einem guten Teil aus Optimismus: "Einige Luxusuhren sind sehr wertbeständig, noch viel stärker als Kunstobjekte, Oldtimer oder Wein."

Der Luxusgut-Investmentindex der Beratungsagentur Knight Frank stützt Castillos These nur zum Teil. Luxusuhren haben demnach in der vergangenen Dekade im Wert um beachtliche 83 Prozent zugelegt. Doch sowohl Autos, Wein und selbst ausgewählte Briefmarken legten noch stärker zu. Größter Haken: Man muss genau wissen, was man sich in den Safe legt, um wirklich ein tickendes Investment zu tätigen.

Allzu gerne nutzen Finanzgurus die Anlageklasse der Uhren, um in Niedrigzinszeiten Anleger mit Schlagwörtern wie "Leidenschaft" zu ködern. "Alte Sammleruhren sind ein besonders sicherer Hafen für Anleger", wirbt Michel Tamisier vom luxemburgischen Beratungshaus Elite Advisers. "Mit unseren Uhrenfonds verbinden wir die reine Geldanlage mit den Emotionen unserer Kunden und bieten ein ganz neues Erlebnis." Ein großes, lautes Versprechen.

Verbraucherschützer raten zur Vorsicht

Tamisier, der früher bei der Bank JP Morgan arbeitete, hat einen speziellen Fonds mit sogenannten Vintage-Uhren aufgelegt. Der Anleger soll hier keine Uhren selbst erwerben, die Auswahl übernimmt Elite Advisers. Die Hälfte des eingesammelten Kapitals soll in alte Uhren der Edelmarke Patek Philippe angelegt werden. Auch Namen wie Breguet, Rolex, Audemars Piguet, Vacheron Constantin und Cartier stehen auf der Kaufliste der Elite Advisers.

Sind Uhren also eine wertstabile Nische unter den Anlageprodukten? Verbraucherschützer raten zur Vorsicht. Mit den Renditeversprechen von sagenhaften 15 Prozent pro Jahr könnte auch Elite Advisers Probleme haben. Über die Floskel "Investieren mit Leidenschaft" hinaus will das pressescheue Unternehmen keine genaueren Informationen herausgeben. Erst recht nicht zur tatsächlichen Wertentwicklung des Uhrenfonds. Nur noch Bestandskunden dürften in den Fonds investieren, teilt eine Pressesprecherin mit: "Wir haben den Fonds für neue Anleger geblockt und werden ihn umstrukturieren."

Für die meisten Anleger ungeeignet

Annabel Oelmann, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale NRW, hält hohe Gewinnversprechen für einen guten Grund, skeptisch zu werden: "Mehr als zehn Prozent Rendite pro Jahr werden aktuell nur in Anlagebereichen mit Totalverlustrisiko angeboten." Bei Investitionen in Uhren warnt sie vor Naivität. "Uhren bringen weder regelmäßige Zinsen noch Dividenden. Der Anleger setzt damit allein auf die Wertentwicklung der jeweiligen Uhr". Für die meisten Verbraucher seien Uhren als Geldanlage daher ungeeignet.

Ganz ausgeschlossen ist der finanzielle Erfolg natürlich nicht - aber dafür müssen Anleger bei der Auswahl Glück haben. "Bei der richtigen Uhrenwahl ist das Wachstum des Wertes sogar sehr wahrscheinlich", sagt Oelmann. Berühmtes Beispiel: die Rolex Daytona mit dem Paul-Newman-Ziffernblatt. Ende der 1960er Jahre galt die Uhr, die dem US-Schauspieler und Rennfahrer gewidmet ist, als Ladenhüter - damals kostete sie gerade einmal 1500 D-Mark. Heute, fast fünf Jahrzehnte später, blättern Sammler nach Angaben des Auktionshauses Sotheby's je nach Ausführung bis zu 400 000 Euro hin.

Solch spektakuläre Wertsteigerungen bleiben allerdings die Ausnahme. Auch Uhren-Berater Castillo warnt: "80 Prozent der Nobel-Uhren taugen keineswegs als Geldanlage. Einfach eine Uhr zu kaufen und auf Wertsteigerung zu hoffen, das ist eine Illusion." Dabei gebe es ähnlich wie bei Aktien erkennbare Merkmale, die über Werthaltigkeit und das Steigerungspotenzial einer Luxus-Uhr entscheiden. Und selbst wenn das Investment einmal fehlschlägt, hat Castillo passenden Trost: "Die schönste Rendite ist immer noch die Freude an der Uhr."

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