Bergkirchen:Ein Ort schwelgt in Kultur

Zur 1200-Jahr-Feier gönnt sich Bergkirchen eine Inszenierung der Operette "Das weiße Rössl". Dazu führt Herbert Müller vom heimischen Hoftheater in einem eigens angemieteten Theaterzelt Regie.

Von Verena Jugel

"So, dann wollen wir mal!" Regisseur Herbert Müller klatscht in die Hände und betritt flugs die Manege des Zirkuszelts auf der Rathauswiese in Bergkirchen. Mehrmals am Tag schickt der Leiter des Hoftheaters seine Truppe um Schauspieler, Solisten und Tänzer in diesen Tagen von links nach rechts über die Bühne; die Proben laufen auf Hochtouren, denn am morgigen Freitag, 1. August, findet statt, wofür beinahe ganz Bergkirchen seit Monaten lernt, übt, plant und eifert: die Premiere der Operette "Im weißen Rössl".

Als großes Gemeinschaftsprojekt bringen das Hoftheater Bergkirchen, mehrere Gastsänger und der eigens gegründete Bürgerchor das bekannte Singspiel von Ralph Benatzky auf die Bühne. Anlass ist die Jubiläumsfeier zum 1200-jährigen Bestehen des Orts Bergkirchen.

"Wir wollten etwas Unterhaltendes zum Jubiläum machen", sagt Herbert Müller, der die Operette in Szene setzt. Für das Stück um das Hotel "Weißes Rössl" am Wolfgangsee in Österreich habe er sich deshalb entschieden, weil es als eines der bekanntesten musikalischen Werke zur "Lustbarkeit" der Zuschauer beitragen könne. Ein Gassenhauer jage schließlich den nächsten (bekannte Lieder: "Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist?", "Die ganze Welt ist himmelblau" oder "Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein"). Dass es sich allerdings um eine alte Operette handelt - "Im weißen Rössl" wurde im November 1930 in Berlin uraufgeführt - "ist eine Herausforderung gewesen", gesteht Müller. Das Stück ist damals als Revue-Operette produziert worden; den Witz und die Ironie dieser Zeit auch mit ins Jetzt zu nehmen, war nun der Anspruch an die eigene Inszenierung nach dem Prinzip des Hoftheaters.

Insgesamt 60 Personen, die meisten davon Bergkirchener, sind an der Aufführung beteiligt; ein Mammutprojekt, das die Mitwirkenden bereits seit Oktober vergangenen Jahres einstudieren. Allein dreißig Mitglieder zählt dabei der extra für die Produktion gegründete Jubiläumschor, bestehend aus Laiensängern aus der Gemeinde. Neben dem Ensemble des Hoftheaters treten zudem mehrere Gastsolisten auf. Unter ihnen Tenor Richard Wiedl. Der gebürtige Münchner spielt eine der Hauptrollen im Stück, den Zahlkellner Leopold Brandmeyer, der unglücklich verliebt ist in die Rössl-Wirtin Josepha Vogelhuber. Wiedl wurde nach seinem Studium an der Hochschule für Musik in seiner Heimatstadt bis 1996 ans Stadttheater Würzburg engagiert. Seitdem war er schon zu Gast in Opernhäusern und Theatern in Schwerin, Leipzig, Klagenfurt und Wien.

In Bergkirchen nutzt er nun die Zeit vor der Premiere, um seine Dialogszenen zu proben: "Was ist der sinnlichste Ort für ein Rendezvous?", fragt er beispielsweise den Ober Piccolo, gespielt von Helena Schneider. "Der Kuhstall", antwortet die Schauspielerin in ihrer Rolle als Mann mit einem Augenzwinkern. Bei dieser Szene kommt der Tenor kurz aus dem Konzept: "Wo stehen denn nun die Kühe?", schaut er sich verwirrt um. "Die Kühe stehen da, wo sie gestern auch schon standen", ruft Herbert Müller leicht ungeduldig dazwischen. Der Regisseur schaut von der Zuschauertribüne auf die Manege herab, gibt präzise Anweisungen und spielt zwischendurch selbst mit, in seiner - wie er selbst sagt - kleinen Nebenrolle als Wilhelm Giesecke, dem Trikotagenfabrikant aus Berlin.

Erst seit Anfang dieser Woche könne das Ensemble im Theaterzelt proben, erklärt Müller die kleinen Unsicherheiten der Schauspieler. Das Zelt sei schließlich erst am Montag auf der Rathauswiese in Bergkirchen aufgebaut worden, zuvor habe man im Hoftheater geprobt, in dem die Gänge, Tische und Requisiten anders aufgestellt waren. Müller ist aber zuversichtlich, dass bei der Premiere am Freitag alles glatt laufen wird: "Das sind normale Theaterprobleme, keine besonderen Schwierigkeiten", sagt Müller, der selbst 40 Jahre Bühnenerfahrung hat.

Damit bei der Premiere alles glatt geht, übt auch Janet Bens, Ensemblemitglied des Hoftheaters Bergkirchen, noch einmal ihren Auftritt. Die Berlinerin studierte Gesang an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig und steht nun als Rössl-Wirtin Josepha Vogelhuber auf der Bühne in Bergkirchen. Sie singt von ihrer Liebe zu einem Stammgast des Hotels (Rechtsanwalt Dr. Siedler, gespielt von Bernhard Schneider). Begleitet wird sie dabei am Klavier von Robert Scheingraber, der die musikalische Leitung des Stücks übernommen hat. Der Dirigent lobt bereits im Vorfeld die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten, die sich ergänze und ihm viel Freude bereitet habe. Er verspricht zudem eine "bekannte Überraschung für die Ouvertüre".

Die aufwendige Inszenierung hat sich Bergkirchen einiges kosten lassen. Das Festzelt anzumieten, habe bei gut zwei Wochen Aufführungszeit etwa 25 000 Euro gekostet, so Herbert Müller. "Damit die Vorführungen wetterunabhängig stattfinden können", erklärt er den Grund für die Anmietung. Insgesamt 260 Zuschauer passen hinein. "Wir hoffen, dass es voll wird", sagt Müller. Betrachte man den Kartenvorverkauf, seien sie auf einem guten Weg.

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