- Türkisches Gericht wertet Leggings als Provokation.
- Das Opfer hatte die Scheidung von ihrem Mann eingereicht.
Strafmilderung nach "Provokation" durch Leggings
Ein Gericht in der Türkei hat die engen Leggings einer Frau als Provokation gewertet und ihrem Angreifer Strafnachlass gewährt. Der Mann habe seine Frau, die sich von ihm scheiden lassen wollte, mit mehreren Messerstichen verletzt, berichtete die Online-Ausgabe der Zeitung Hürriyet. In dem Prozess in Erzurum im Osten des Landes hätten die Richter nun als strafmildernd unter anderem gewertet, dass das Opfer seinen Mann mit engen Leggings provoziert habe. Sie verurteilten den Angeklagten zu sechs Jahren und drei Monaten Haft; die Anklage hatte bis zu 15 Jahren Gefängnis gefordert.
Opfer verzichtete auf Kopftuch
Der Angeklagte hatte seine Frau an einer Tankstelle im Wagen eines anderen Mannes gesehen und sie daraufhin mit einem Messer attackiert. Vor Gericht sagte der Angeklagte laut Hürriyet aus, seine Frau hätte ihm vor der Ehe versprochen, das islamische Kopftuch anzulegen. Dann habe sie sich aber eine Arbeitsstelle gesucht und sei mit Make-Up und offenem Haar auf die Straße gegangen. Das Paar lebte in Scheidung, als der Mann seine Frau mit dem Messer verletzte.
129 Türkinnen in sechs Monaten getötet
Gewalt gegen Frauen gehört zu den größten sozialen Problemen der Türkei. Nach einer Zählung des Internetportals Bianet wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres 129 Frauen von ihren Männern oder Lebenspartnern getötet und fast 300 verletzt.
Frauenverbände werfen der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan vor, nicht genug gegen die Gewalt zu tun. In den vergangenen Tagen hatte Erdogans Stellvertreter Bülent Arınç mit der Forderung, Frauen sollten sich in der Öffentlichkeit sittsam kleiden und nicht laut lachen, die Kritik von Frauengruppen und der Opposition auf sich gezogen.