Neue Verfügung:Betteln verboten

Neue Verfügung: Bettler in der Münchner Innenstadt. Die Stadt will nun härter gegen Banden vorgehen.

Bettler in der Münchner Innenstadt. Die Stadt will nun härter gegen Banden vorgehen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Weil die Zahl der Bettler stark zugenommen haben soll, will München härter gegen organisierte Bettler vorgehen. Doch was bringt die neue Regelung? Gibt es hier überhaupt eine "Bettel-Mafia"? Und was machen andere Städte?

Von Andreas Glas

Weil die Zahl der Bettler in den vergangenen Monaten stark zugenommen haben soll, hat die Stadt eine Allgemeinverfügung erlassen, um härter gegen organisierte Bettler vorzugehen. Doch was bringt die neue Regelung? Und: Gibt es in München überhaupt eine "Bettel-Mafia"? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist bisher erlaubt, was ist verboten?

Grundsätzlich ist es in München erlaubt, in der Öffentlichkeit zu betteln. Nur in der Fußgängerzone, auf dem Viktualienmarkt und auf dem Oktoberfest gibt es ein absolutes Verbot. "Stilles Betteln" nennt die Stadt die Form, die außerhalb dieser Orte genehmigt ist: am Straßenrand sitzen, ohne aktiv auf Passanten zuzugehen. Nicht erlaubt ist "aggressives Betteln", bei dem Personen direkt angesprochen werden oder ihnen der Weg versperrt wird. Ebenfalls verboten ist organisiertes und bandenmäßiges Betteln. Gegen diese Bettelformen richtet sich die Allgemeinverfügung der Stadt.

Was ist eine Allgemeinverfügung?

Das ist ein Verwaltungsakt, der es Behörden ermöglicht, Gebote und Verbote auszusprechen, ohne den Stadtrat befragen zu müssen. Per Allgemeinverfügung werden zum Beispiel auch verkaufsoffene Sonntage genehmigt. Sie regelt einen bestimmten Einzelfall für eine unbestimmte Zahl von Adressaten. Im konkreten Fall sind diese Adressaten die Bettler in München.

Wann tritt die Verordnung in Kraft?

Am kommenden Dienstag, 12. August. Vorher will die Stadt mehrsprachige Handzettel an die Bettler verteilen, um sie über die neuen Regeln zu informieren.

Was ändert sich mit den neuen Regeln?

Das "stille Betteln" bleibt erlaubt, aggressives und organisiertes Betteln verboten. Auch das Vorgehen der Polizei ändert sich zunächst nicht: Sie kontrolliert, verteilt Platzverweise und Bußgeld. Weil viele Bettler das Bußgeld nicht zahlen können, bringt die Allgemeinverfügung ein weiteres Druckmittel ins Spiel: Wer weder Platzverweise befolgt noch Strafen zahlt, dem drohen bis zu vier Wochen Gefängnis. Die sogenannte Ersatzzwanghaft muss beim Verwaltungsgericht beantragt werden.

Welche Erfolgsaussicht hat die Allgemeinverfügung?

Das ist umstritten. Denn auch in Zukunft bleibt es schwierig festzustellen, wann organisiertes oder bandenmäßiges Betteln vorliegt und wann ein Mensch nur still für sich um Almosen bittet. Erst wenn klare Anzeichen vorliegen, darf die Polizei Strafen aussprechen. Die Verfügung dürfte es den Behörden aber erleichtern, diese Strafen im Ernstfall auch durchzusetzen.

Was ist der Unterschied zwischen organisiertem und bandenmäßigem Betteln?

Um bandenmäßiges Betteln handelt es sich, wenn Bettler auf der Straße für Hintermänner arbeiten, die einen Teil des Geldes für sich beanspruchen. Organisiertes Betteln liegt dann vor, wenn mehrere Personen gemeinsam oder arbeitsteilig betteln, ohne dass ein krimineller Drahtzieher im Hintergrund Zwang ausübt.

Gibt es die sogenannte "Bettel-Mafia" in München überhaupt?

Wer Polizeivizepräsident Robert Kopp fragt, in wie vielen Fällen tatsächlich Zwang oder Menschenhandel im Spiel war, erhält keine klare Antwort, auch keine konkrete Zahl. Er gibt aber zu, dass es nur wenige Hinweise auf kriminelle Hintermänner gebe. Dies habe laut Kopp damit zu tun, dass die meisten Bettler gegenüber der Polizei keine Aussagen machen. Ob sie aus Angst vor Bandenchefs schweigen oder weil die vermeintlichen Hintermänner in Wahrheit Familienangehörige sind oder gar nicht existieren, weiß niemand genau.

Wie regeln andere Städte und Länder den Umgang mit Bettlern?

Ähnlich wie München wenden fast alle größeren deutschen Städte eine juristische List an, indem sie das Betteln zur genehmigungspflichtigen "Sondernutzung" öffentlicher Flächen erklären - und den Bettlern die Nutzung bestimmter Flächen so erst verbieten können. In der Vergangenheit gab es zwar immer wieder juristische Vorstöße einzelner Kommunen, Bettelverbote auch flächendeckend einzuführen, doch blieben diese erfolglos. Auch in Österreich wurde ein absolutes Bettelverbot vom Verfassungsgerichtshof gekippt, weil es gegen Artikel zehn der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoße. Norwegen, das kein EU-Mitglied ist, plant dagegen, von 2015 an ein landesweit gültiges Bettelverbot einzuführen.

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