Freising:Gebot der Menschlichkeit

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Ende des Jahres werden voraussichtlich 670 Asylbewerber im Landkreis leben, viele fühlen sich allein gelassen. Diakonie und Caritas sind in die Beratung eingestiegen und helfen den Flüchtlingen im Umgang mit Behörden

Von Gudrun Regelein, Freising

Die Zahl der Asylbewerber im Landkreis schnellt nach oben: Von Dienstag an werden 420 Menschen, die aus ihren Herkunftsländern geflüchtet sind, hier leben. Bis Ende des Jahres werden es voraussichtlich 670 Asylbewerber sein. Diese Menschen müssen aber nicht nur untergebracht, sondern auch beraten und begleitet werden. Für die Asylsozialberatung stehen in Bayern in diesem Jahr über fünf Millionen Euro zur Verfügung.

Sie sei sehr froh, dass das Landratsamt in Freising die Wohlfahrtsverbände bei der Asylsozialberatung mit ins Boot geholt habe, sagt Beate Drobniak, Leiterin der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit (Kasa) im Diakonischen Werk Freising. Seit Mai bietet die Sozialpädagogin Kim Meiforth eine aufsuchende Beratung an, das bedeutet, dass sie in die Unterkünfte fährt. In Mauern, Wang, Nandlstadt, Haag, Unterhaindlfing, Seel und Heigenhausen betreut sie derzeit 170 Asylbewerber - überwiegend jüngere Männer aus Afghanistan und Pakistan. Der Personalschlüssel, den die Regierung für die Betreuung von Asylbewerbern vorsieht, liegt bei 150 Personen pro Sozialpädagogen.

Verstehen das Angebot der Diakonie für Asylbewerber als Hilfe zur Selbsthilfe: Kim Meiforth und Beate Drobniak (rechts). (Foto: Einfeldt)

Für Meiforth lautet der Grundsatz ihrer Arbeit "Hilfe zur Selbsthilfe". Wichtig sei ihr ein distanzierter und reflektierter Umgang mit den Klienten. In festgelegten Sprechstunden werde ein sehr breites Themenspektrum besprochen: Da geht es um Probleme beim Schriftverkehr mit den Ämtern, um rechtliche Fragen oder um Informationen über Rückkehrhilfen. Die Sozialpädagogin begleitet die Asylbewerber aber auch bei Behördengängen oder Arztbesuchen. "Ein großer Teil besteht in Netzwerkarbeit, herauszufinden, wo welche Unterstützung möglich ist", sagt Meiforth. Zwei Fragen, die in der Beratung immer wieder gestellt werden, seien die nach Deutschkursen und nach Sozialtickets. Bei beiden könne sie nicht helfen: Im Landkreis muss der Asylbewerber sein MVV-Ticket selber bezahlen, berichtet Meiforth. Und einen Anspruch auf einen Deutschkurs gebe es erst nach der Anerkennung. "Meine Klienten sind arbeitsfähig und lernwillig, aber sie haben kein Geld, keine Deutschkenntnisse und keine Tagesstruktur. Ihr Tag besteht darin zu essen und zu schlafen", schildert Meiforth. Die meisten fühlten sich nicht willkommen, manche berichteten sogar von Beschimpfungen. "Wir werden behandelt wie die Tiere - das ist ein Satz, den ich sehr häufig höre", sagt Meiforth. Im Durchschnitt dauere es drei Jahre, bis über den Antrag eines Flüchtlings entschieden werde - Jahre, in denen dieser zwar Haus an Haus mit Einheimischen lebt, aber sich nicht verständigen kann. Integration aber, so sagt Beate Drobniak, sei kein politischer Auftrag, sondern ein Gebot der Menschlichkeit. "Wir sollten akzeptieren, dass sie hier leben."

Angesichts der steigenden Zahl der Asylbewerber im Landkreis werde das Thema brisant bleiben, meint Drobniak. Die Asylsozialberatung bei der Diakonie werde ausgebaut - von September an ist eine weitere Vollzeitstelle eingeplant. Auch die Caritas wird dann mit einer halben Stelle in die Asylsozialberatung einsteigen: Flüchtlinge, die in Allershausen und Attenkirchen leben, werden dort vor Ort betreut. Die Beratung sei dringend notwendig, betont Caritas-Kreisgeschäftsführerin Carolin Dümer. Bislang wendeten sich viele Asylbewerber an die Soziale Beratung der Caritas und müssten weitergeschickt werden.

Asylsozialberatung sei für die Wohlfahrtsverbände im Landkreis zwar relativ neu, werde diese aber in den nächsten Jahren in zunehmendem Maße beschäftigen: "Die betroffenen Menschen brauchen Unterstützung", sagt Dümer. Sie könne es deshalb auch nicht verstehen, weshalb der von der Caritas beantragte Zuschuss zur Migrationsberatung durch den Landkreis komplett abgelehnt wurde. Seit Anfang Juli bietet die Caritas die Folgeberatung für anerkannte Asylbewerber nun dennoch an. Und muss 35 Prozent aus Eigenmitteln, wie Spendengeldern, finanzieren. "Das fällt uns nicht leicht", sagt Dümer.

© SZ vom 09.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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