Deutsche Bank:Anklage gegen Jürgen Fitschen

File photo of Fitschen Co-CEO of Deutsche Bank

Die Vorwürfe gegen den aktuellen Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, sind weniger schwer als die gegen seine Amtsvorgänger und Ex-Kollegen.

(Foto: REUTERS)

Die Münchner Staatsanwaltschaft hat ihre Vorwürfe gegen den Chef der Deutschen Bank eingereicht. Nun entscheidet der Richter, ob er den Prozess eröffnet.

Von Klaus Ott

Wenn man den Aktendeckel dazunimmt, dann wiegen die 600 Seiten Papier mehr als drei Kilo. So schwer ist die jetzt erhobene Anklage wegen versuchten Prozessbetrugs im Fall Kirch gegen den Co-Vorstandschef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und vier ehemalige Kollegen von ihm. Nach Angaben aus dem Kreis von Verfahrensbeteiligten ging die Akte dieser Tage von der Staatsanwaltschaft in München an das Landgericht. Die Ermittler haben damit nun Anklage gegen Fitschen erhoben - der amtierende Chef der Deutschen Bank hat somit ganz offiziell den Status eines Angeschuldigten. Zuvor hatte das bayerische Justizministerium den Anklageentwurf auf dem Tisch gehabt, aber offenkundig keine Einwände geäußert.

Dass die bereits seit Längerem erwartete Anklage nunmehr vorliegt, wird von den Behörden noch nicht bestätigt. Erst sollen die Betroffenen die Akten mit den Anschuldigungen zugestellt bekommen und somit offiziell in Kenntnis gesetzt werden. Die Betroffenen: Das sind neben Fitschen dessen Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer, außerdem Clemens Börsig, ehedem Vorstand und Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, und Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck. Sie alle sollen versucht haben, bei dem vom inzwischen verstorbenen Medienmagnaten Leo Kirch gegen das Geldinstitut betriebenen Schadensersatzprozess die Münchner Justiz zu täuschen. Alle Beschuldigten weisen das zurück.

Fitschen sagt seit langem, er habe "weder gelogen, noch betrogen".

Zu viel für das Fax

Die Münchner Staatsanwaltschaft erklärte am Montag auf Anfrage, das Ermittlungsverfahren sei abgeschlossen. "Erst wenn die Betroffenen über das Ergebnis informiert sind, können wir uns äußern." Ähnlich äußerte sich auch eine Sprecherin des Landgerichts. Man könne in dieser Angelegenheit keine Stellung nehmen, bevor eine "etwaige Anklage" den Betroffenen zugestellt sei. Vergangene Woche hatte die Sprecherin aber bereits öffentlich mitgeteilt, "wir rechnen damit, dass die Anklage noch im August bei Gericht eingeht".

Oft bekommen Angeschuldigte die Vorwürfe umgehend per Fax zugestellt, sobald die Akte bei Gericht eingegangen ist. In diesem Fall geht das aber nicht. Mehr als 600 Seiten - das ist zu viel zum Faxen. Bleibt also nur die gute alte Post plus Rückschein mit Empfangsbestätigung. Das dauert. Beim jüngsten großen Verfahren in München, dem in der vergangenen Woche abgeschlossenen Prozess gegen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone, hatte es fast zwei Monate gedauert, bis die Anschuldigungen von den Justizbehörden öffentlich mitgeteilt wurden. Wie lange das bei der Anklage im Fall Kirch dauert, ist für Fitschen unerheblich. Er bleibt Vorstandschef der Bank. Ein Rücktritt war für ihn und das Geldinstitut kein Thema. Vielleicht kommt es auch gar nicht zu einem Prozess gegen Fitschen. Das zu prüfen ist jetzt die Aufgabe von Peter Noll, Leiter der fünften Strafkammer am Landgericht, und seinen Kollegen.

Die Vorwürfe gegen Fitschen wiegen weit weniger schwer als gegen seine mitbeschuldigten Ex-Kollegen. Er soll, so der Vorwurf der Ermittler, die Anwälte der Bank nicht davon abgehalten haben, falsch bei Gericht vorzutragen. Aber hätte er das überhaupt gekonnt, wird in der Bank und deren Umfeld gefragt. Ein Vorstandschef könne sich nicht um alle Details selbst kümmern, sondern müsse sich auf seine Leute verlassen können, in diesem Fall auf die Mitarbeiter in der Rechtsabteilung und auf die Bank-Anwälte. Einige von ihnen haben in München inzwischen selbst ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Prozessbetrugs im Fall Kirch am Hals.

Fitschen hatte vor einigen Monaten das Angebot der Münchner Staatsanwaltschaft abgelehnt, 500.000 Euro Bußgeld wegen Verletzung seiner internen Aufsichtspflichten zu zahlen. Damit wäre das Verfahren gegen ihn ohne Anklage beendet gewesen. Anschließend hätte für Fitschen aber die Gefahr bestanden, dass die Bankenaufsicht Bafin gegen ihn vorgeht.

Schlechter als für Fitschen sieht es für Ackermann, Breuer, Börsig und von Heydebreck aus. Sie sollen, im Gegensatz zu Fitschen, als Zeugen bei Gericht versucht haben, die Justiz hinters Licht zu führen. In Kreisen von Verfahrensbeteiligten wird davon ausgegangen, dass es zumindest zu einem Prozess gegen Breuer kommt. Er gilt als Hauptbeschuldigter.

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