Unterwegs im BMW i8:"Voll die Zukunft, Alter"

Der BMW i8 ist das zweite Modell, dass unter dem Elektro-Label erscheint.

Der BMW i8 sieht hinreißend aus - das findet auch das Publikum

(Foto: UWE FISCHER; BMW)

Wer mit dem BMW i8 unterwegs ist, lernt nicht nur einen Sportwagen der Zukunft kennen, sondern trifft auch auf begeistertes Publikum. Erst mit röhrendem Dreizylinder im Rücken über Land, dann elektrisch säuselnd kreuzbrav durchs nächste Dorf - eine Probefahrt.

Von Jörg Reichle

Schon auf den ersten Blick ist alles anders. Dieses Auto hat zwar auch vier Räder, aber sonst räumt der BMW i8 ziemlich gründlich auf mit gängigem Sportwagendesign. Da sind diese scheibenförmigen Seitenpaneele, die ins Auge springen, genauso wie der schwarze Gürtel, der V-förmig am Bug entspringt und sich über das flache Dach nach hinten zieht. Fast magisch wirken die Lufteinlässe an der Front, die eingezogenen Seitenschweller, oder die Leichtigkeit, mit der sich Dachlinie und Seitenteil am Heck treffen und dort dem Fahrtwind die gewünschte Richtung geben.

Der Hersteller betont den günstigen Cw-Wert von 0,26, aber man muss das nicht überbewerten, eine neue C-Klasse schafft das locker auch. Und nicht alles, was auf den ersten Blick begeistert, tut das auch im Alltag. Die hoch aufschwingenden Türen verlangen eine gewisse Gelenkigkeit, was Minirock-Trägerinnen und Rückenkranke naturgemäß benachteiligt. Außerdem ist die Sicht nach schräg hinten schlecht. Und der Kofferraum? Nun ja, 154 Liter sind nicht die Welt.

Überall werden Fotohandys gezückt und am Zebrastreifen gibt es Applaus

Trotzdem sieht der i8 hinreißend aus. Und andere finden das auch. Viele, sehr viele andere. Man hat sich noch gar nicht richtig in den Verkehr eingefädelt, da werden schon die ersten Fotohandys gezückt, am Zebrastreifen gibt es stehende Ovationen. Und sollte man seinen geparkten i8 nicht mehr finden - einfach die größte Menschentraube ansteuern.

Dann sollte man auch sattelfest sein, was die technischen Details angeht, es wäre schließlich peinlich, wenn einen das fragende Publikum ins Stottern brächte. Also gibt man bereitwillig Auskunft. Was er kostet? 126 000 Euro mindestens. Ja, die Karosserie ist aus Carbon, das Chassis weitgehend aus Aluminium und der Antrieb eine Plug-in-Kombination aus E-Motor und aufgeladenem dreizylindrigem Verbrenner, der die Vorderräder antreibt.

Wie schnell er fährt? 250 km/h und von null auf 100 km/h schafft er in 4,4 Sekunden, gut ausgeruht und mit vollen Akkus, wohlgemerkt. Und was er verbraucht? 2,1 Liter auf 100 km, sagt BMW, die SZ-Verbrauchsrunde ergab aber 7,5 Liter. Was immer noch günstig ist für einen 2+2 sitzigen Sportwagen mit 362 PS Systemleistung.

Vollkommen neue Erlebniswelt

Längst haben sich die Fachmagazine mit dem Eifer von Jagdhunden in die Frage verbissen, ob der i8 nun ein richtiger Sportwagen sei. Dazu hetzten sie ihn über diverse Rennstrecken oder verglichen ihn gar mit einem Porsche 911. Schlussendlich entlarven solche Vergleiche aber bloß die Klischees und Fragestellungen von gestern.

Tatsache ist, dass der i8 eine vollkommen neue Erlebniswelt des Fahrens erschließt. Dabei gibt sich das Auto erstaunlich unkompliziert und gar nicht divenhaft, ungeachtet seiner futuristisch gestalteten Innenwelt und dem Instrumentendisplay mit seinen diversen Farbspielen und Darstellungsformen. Drückt man die E-Taste, kann man in den Fahrmodi Comfort oder EcoPro bis zu 37 Kilometer weit rein elektrisch fahren und sich von den Lithium-Ionen-Batterien im Unterboden mit Energie versorgen lassen. Das klingt bescheiden, reicht aber zum geräusch- und emissionslosen Durchqueren mittlerer Städte.

Schnell gewöhnt man sich ohnehin einen ganz eigenen Fahrstil an. Man ruft das Sportprogramm auf und sieht, wie sich die Instrumente feuerrot einfärben. Die Schaltzeiten per Paddel sind jetzt deutlich kürzer, das Dämpferprofil straffer und der Dreizylinder röhrt unternehmungslustig - und nicht nur dann, wenn mit Zwischengas runtergeschaltet wird. Weil der Verbrenner recht hoch drehen muss, assistiert ihm ein 15 PS starker Hochvolt-Startergenerator. Das sorgt für blitzschnelles Ansprechen und eine prompte Anbindung an den E-Motor.

Fahrer und Publikum applaudieren zu Recht

Jetzt entfaltet der i8 die gewohnte Markendynamik, nähert sich dem Grenzbereich mit dezentem Untersteuern und bereitet pure Freude mit linearer Leistungsentfaltung. Und das Schönste: je aktiver der Fahrstil, desto fleißiger wird rekuperiert und desto schneller wächst die elektrische Reichweite. Damit kann man über Land seine pure Freude haben- erst mit dem röhrenden Dreizylinder im Rücken - und rollt dann elektrisch säuselnd kreuzbrav durchs nächste Dorf. Noch ist nicht alles perfekt im i8. Die Klimaanlage spielt bisweilen verrückt, der Wendekreis ist zu groß und das Zusammenspiel von E-Motor und Verbrenner hat auch seine Mucken.

Trotzdem applaudieren Fahrer und Publikum dem Sportwagen zu Recht. Wie die drei Halbwüchsigen, nachdem sie den i8 mehrfach ehrfürchtig umrundet haben. "Voll die Zukunft, Alter" sagt einer nach langem Schweigen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Und nach drei Stunden Laden ist der Akku wieder voll.

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