"Schön doof": angeblich schwule Promis:Volks- und Kantinensport Schwulen-Raten

George Clooney

Schwul oder nicht schwul - George Clooney ist das egal. Vielen anderen offenbar nicht.

(Foto: dpa)

George Clooney wird bald heiraten. Aber eigentlich ist er schwul, megaschwul sogar. Das meinen zumindest viele Klatschfans und -Webseiten zu wissen. Dahinter stecken billige Stereotype, engagiertes Bescheidwissertum - und im dümmsten Fall homophober Neid.

Von Vera Schroeder

George Clooney hat sein Hochzeitsaufgebot bestellt. George Clooney, der Superschauspieler, Oscarpreisträger, Frauenliebling, Brad-Pitts-bester-Freund, Hollywoodintellektuelle und Comer-See-Hausbesitzer hat sich jetzt auch noch eine echt hübsche, schlaue, reiche Menschenrechtsanwältin geangelt - zum Heiraten! Also manchmal scheißt der Teufel wirklich genau auf den größten Haufen.

Aber Moment, hey, alles halb so wild und eigentlich ja auch egal, weil George Clooney, das wissen wir ja alle, George Clooney ist in Wirklichkeit doch schwul. 1807 Stimmen auf dem Gay-o-Meter bei gay-or-straight.com, megaschwul also, fast wissenschaftlich bewiesen. Uff, sein ganzes zur Schau gestelltes Glück mit dieser klugen und viel zu schönen Frau: alles nur ein einziger großer PR-Fake!

Gay-or-stright.com ist eine Internetseite, die sich dem beliebten Volks- und Kantinensport Schwule-Promis-Raten widmet. Per Mausklick dürfen User abstimmen, welcher Prominente wohl wie homo- oder heterosexuell ist. Bei George Clooney schlägt der Gay-o-Meter auf "75% schwul" aus. "Die durchschnittliche schwul-Rate auf gay-or-straight.com liegt bei 69%, was bedeutet das George Clooney stark schwul gewählt wurde", verrät die Seite dazu.

Justin Bieber, Philipp Lahm, Hugh Jackman ...

Wobei das Bescheuerte natürlich nicht diese Seite ist, sondern der Volks- und Kantinensport Schwulen-Raten. Ohne die aufgeregte Neigung so vieler Männer wie Frauen, permanent über die vermeintliche Homosexualität aller möglicher Prominenter zu spekulieren, gäbe es weder die Seite, noch das Wörtchen "schwul" als Dauerattribut hinter männlichen Prominentennamen in der Google-Suchmaske.

Justin Bieber, Philipp Lahm, Hugh Jackman, Jogi Löw, James Franco, Cristiano Ronaldo, Wladimir Klitschko, Daniel Radcliff, Will Smith, Miroslav Klose ...

SchönDoof 16.8.14

Jogi Löw und George Clooney sind zwei Promi-Männer, die sich seit Jahren Spekulationen über ihre sexuelle Orientierung gefallen lassen müssen.

(Foto: SZ-Grafik)

Die Liste der nicht geouteten Männer, die im Netz und in der Kantine als "ganz sicher schwul" diskutiert werden, lässt sich unendlich fortsetzen. Im Grunde landet fast jeder männliche Prominente auf ihr, der entweder sehr gut aussieht oder sich sehr gut anzieht oder eine längere Beziehung mit einer eher normalgewichtigen, womöglich sogar älteren Frau führt oder keine längeren Beziehungen führt oder sich für die Gleichstellung Homosexueller einsetzt oder sich gerade nicht dafür einsetzt, oder lange Wimpern hat oder rasierte Beine oder bunte Hosen trägt oder am besten alles auf einmal.

Am Ende sind es billige Stereotype, die hinter diesen Spekulationen stecken. Dazu kommt die simple Lust am Klatsch und engagiertes Bescheidwissertum. Im dümmsten Fall sogar abwertender, homophober Neid, worauf auch die Tatsache hinweist, dass über prominente Frauen in diesem Zusammenhang kaum je spekuliert wird. Der ist so gut aussehend, so erfolgreich, so toll - na wenigstens ist er dazu auch noch schwul.

Provozierte Abwehrhaltung

Als vor ein paar Jahren in einem ARD-"Tatort" ein (fiktiver!) Kommissar sagte, dass ja angeblich über die Hälfte der Nationalmannschaft schwul sei und das Verbreiten dieser Gerüchte zu einer "Art Volkssport" geworden sei, fühlte sich Nationalelf-Manager Oliver Bierhoff verpflichtet, offiziell klarzustellen, dass man sich gegen diese haltlosen Gerüchte unbedingt wehren müsse. "Wir werden grundsätzlich bei der Nationalelf überlegen, wie wir mit solchen Dingen umgehen. Dass wir nicht wehrlos sind gegen Gerüchte und falsche Unterstellungen aller Art."

Was in Bierhoffs Statement deutlich wird: Die durch ihre Verbreitung provozierte Abwehrhaltung gegen solche Gerüchte suggeriert natürlich immer auch, dass Schwulsein etwas Negatives ist.

Wenn man davon ausgeht, dass den meisten Prominenten daran gelegen ist, ihr Privatleben so weit es geht aus der Öffentlichkeit herauszuhalten, ist auch nachvollziehbar, dass sie sich gegen diese Gerüchte wehren - egal, mit wie vielen Männern und/oder Frauen im Bett sie tatsächlich leben mögen. Philipp Lahm, der sich jahrelang gegen die Diskriminierung Homosexueller öffentlich einsetzte, stellte dieses Engagement irgendwann ein, weil er keine Lust mehr auf die Gerüchte hatte. Er würde nach diesen Erfahrungen auch keinem schwulen Fußballer raten, sich zu outen, sagte Lahm.

"Das Letzte, was ich tun werde, ist, zu sagen, dass das alles Lügen sind"

Am Ende ist die Herumspekuliererei über Dinge, die niemand wirklich weiß, auch schlicht und einfach langweilig. Also vielleicht öfter mal einfach die Klappe halten. Nicht jeder ist schließlich so cool wie George Clooney.

Auf seine vermeintliche Homosexualität angesprochen, sagte dieser in einem Interview mit einem Schwulen-Magazin: "Das Letzte, was ich tun werde, ist, mich darüber aufzuregen und zu sagen, dass das alles Lügen sind. Das wäre meinen engen Freunden in der Schwulengemeinde gegenüber unfair und lieblos. Ich werde nicht zulassen, dass jemand es so aussehen lässt, als wäre es schlecht, schwul zu sein. Mein Privatleben ist privat, und ich bin damit sehr glücklich."

Klingt doch gut. Happy Hochzeit!

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