Bewerbung zum Studium:Büffeln für den Master-Platz

BWL-Studium

Wer im GMAT, dem "Graduate Management Admission Test", gut abschneiden will, muss sich in der Regel mehrere Wochen oder gar Monate vorbereiten. (Symbolbild)

(Foto: dpa-tmn)

Mit einem sehr guten Bachelor-Abschluss hat man einen Platz für den Master sicher - so die weit verbreitete Vorstellung. Mehrere Unis fordern aber von Master-Bewerbern spezielle Tests. Eine fragwürdige Praxis.

Von Kevin Schrein

Eigentlich wollte Matia Riemer ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln in der Regelstudienzeit durchziehen, im Sommer kommenden Jahres die Bachelorarbeit schreiben und dann im Herbst den Master beginnen. Seitdem die 22-Jährige aber weiß, dass sie für einen Platz an einer guten Uni den GMAT - einen speziellen Test für Wirtschaftswissenschaften - ablegen muss, hat sie ihren Plan verworfen. Interessenten sollten sich zwei Monate auf den Test vorbereiten, raten Experten. In Vollzeit. Also wird Riemer nach der Bachelorarbeit für ein gutes GMAT-Ergebnis büffeln - und damit die Master-Bewerbungsfristen der Unis verpassen.

GMAT ist ein internationaler Standardtest für die Zulassung zur Managementausbildung, "Master of Business Administration" (MBA). Er besteht aus Logik-, Text- sowie Rechenaufgaben, findet auf Englisch statt und kostet 250 Dollar. Mittlerweile verlangen nicht nur Business Schools, sondern auch immer mehr Universitäten den GMAT für einen BWL-Masterplatz.

Darunter Mannheim, Köln und München sowie die Universität Frankfurt für einen von zwei Studiengängen. Die vier Unis gehören, gemessen an der Studentenzahl im Fach BWL, zu den fünfzehn größten Hochschulen in Deutschland. Und an der Humboldt-Universität Berlin sowie in einem weiteren Studiengang der Uni Frankfurt können Bewerber ihre Chancen mit einem guten GMAT-Ergebnis verbessern.

"Das entwertet den Bachelor"

Für einen MBA-Platz ergibt der GMAT durchaus Sinn, weil sich Absolventen unterschiedlicher Fachrichtungen bewerben können. Für einen BWL-Master kommen jedoch nur Absolventen infrage, die im Bachelor zuvor bereits viele Vorlesungen in Wirtschaft und Statistik besucht haben. "Ich studiere BWL und muss mit dem GMAT zeigen, dass ich für den Master im gleichen Fach geeignet bin?", fragt Riemer ungläubig. "Das entwertet den Bachelor."

Zwar gilt der sechssemestrige Bachelor als neuer Regelabschluss. Nur gut ein Viertel der Bachelorabsolventen an Unis wollen sich laut Studien aber mit dem ersten Abschluss begnügen, viele fühlen sich damit nicht gerüstet für den Arbeitsmarkt. Sie streben den Master an. Bedeutet der Trend zum GMAT, dass die Unis dem Bachelor gleichermaßen misstrauen?

Die betroffenen Hochschulen antworten auf Anfrage, mit dem GMAT würden sich nationale und internationale Abschlüsse besser vergleichen lassen. Die Uni Mannheim betont, auf ihren Master würden sich viele Absolventen aus dem Ausland bewerben. Mit GMAT könne deren Potenzial besser eingeschätzt werden. Die GMAT-Punktzahl sei nicht durch lokale Notensysteme verzerrt, antwortet die Ludwig-Maximilians-Universität München.

Bachelor ist nicht gleich Bachelor

Es könnte aber auch einen anderen Grund für die Einführung des GMAT geben: Die fünf genannten Unis belegen in Rankings oft vordere Plätze. Sie wissen um ihren elitären Ruf. Den Bachelornoten von weniger gefragten Hochschulen scheinen sie nicht zu trauen. Bachelorabschluss ist nicht gleich Bachelorabschluss, heißt es aus Mannheim. Die Uni München teilt mit, es herrsche "enorme Inhomogenität" bei den wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorangeboten.

Die Uni Köln verweist auf den eigenen BWL Bachelor, der als schwierig gelte. Andere Hochschulen hätten eine laxere Notenvergabe. Um das auszugleichen, gebe es den GMAT. Sie verweist darauf, auch den standardisierten Test "TM Viso" zu berücksichtigen. Das Problem hier: Keine der anderen genannten Unis akzeptiert diesen. Will sich ein Student mehrfach bewerben, braucht er den GMAT.

Es wirkt so, als misstrauten Unis ihren eigenen Studiengängen

Heinz Reinders zweifelt an der Aussagekraft des Tests. "Er misst die Vorbereitungszeit auf den Test", kritisiert der Bildungsforscher an der Universität Würzburg. Die Bewerber trainieren wochenlang die Struktur des GMAT. Wissen lasse sich so nur zum Teil abfragen, sagt Professor Reinders. Seiner Ansicht nach haben hiesige Universitäten wenig Erfahrung mit Zulassungstests und so ohne großes Nachdenken internationale Verfahren kopiert. "Es wäre aber wichtig zu schauen, was man für unsere Bildungslandschaft braucht."

Reinders schlägt vor, dass sich Universitäten bei Zulassungstests stärker am eigenen Profil orientieren. "Liegt eine Hochschule in der Umgebung vieler Mittelständler und kommen viele der Absolventen dort unter, wäre es denkbar, einen Test für dieses Profil zu konzipieren." Dass dies bald eintritt, glaubt er nicht: "Die hohen Bewerberzahlen erlauben den Unis, den Studenten jede Art von Test vorzusetzen."

Und so wird sich auch Matia Riemer nach dem Bachelor erst mal das Vorbereitungsmaterial für den GMAT kaufen, lernen - und auf ein gutes Ergebnis hoffen. In den Monaten danach möchte sie auch ein längeres Praktikum machen. Damit sich der Leerlauf bis Sommer 2016 wenigstens ein bisschen lohnt.

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