Fehler beim Business-Englisch:Bam bam bam per E-Mail

Viele deutsche Führungskräfte sprechen Englisch, haben aber kein Gespür für kulturelle Feinheiten. Karrierecoach Eveline Goodman-Hedtke erklärt, womit wir englischsprachige Geschäftspartner verstören und was sie Briten im Kurs "How to work with Germans" vermittelt.

Von Bianca Bär

SZ: Längst nicht alle Führungskräfte sprechen verhandlungssicher Englisch. Platzt deshalb auch der ein oder andere Deal?

Eveline Goodman-Hedtke: Ja, auf jeden Fall. Das Problem ist, dass die fehlenden Englischkenntnisse die Führungskräfte Selbstvertrauen kosten. Viele, die auf Deutsch ganz gut verhandeln, fühlen sich in Verhandlungen auf Englisch unwohl, weil sie sich nicht richtig artikulieren können. Dann sind sie frustriert und haben keine Lust mehr, weiter zu argumentieren.

Es ist also nur eine Frage des Selbstbewusstseins?

Es geht nicht nur um die Sprachkenntnisse, sondern auch um die Herangehensweise an fremde Kulturen. Wie verhalte ich mich gegenüber Amerikanern, Briten, Israelis? Deutsche übersetzen oft einfach eins zu eins und hoffen einfach mal, dass es trotzdem höflich rüberkommt, wenn sie schreiben: "We want to ask you to come for our conference in Rome." Briten würden stattdessen sagen: "We would love to welcome you in our conference." Irritiert vom herrischen Tonfall der Deutschen wenden sie sich dann an einen Geschäftspartner, der sie besser behandelt. Hier haben deutsche Führungskräfte enorme Defizite.

Wie kann man diese Defizite beheben?

Man müsste schon den Schulunterricht umkrempeln. Bis zum Abitur werden Jugendliche mit Vokabeln und Grammatik vollgepackt, aber die Sensibilisierung für die Unterschiede zwischen den Kulturen kommt einfach viel zu kurz.

Sollten nur noch englische Muttersprachler als Lehrkräfte arbeiten?

Nein, es gibt auch tolle deutsche Lehrkräfte, die dieses Feingefühl für Kulturen haben und Auslandsaufenthalte in den USA oder Großbritannien hinter sich. Aber sie müssen noch Techniken lernen, wie sie diese interkulturelle Sensibilität am besten rüberbringen. Wichtig ist auch der Bezug zur Alltagsrealität. Viele Schüler, die seit Jahren auf hohem Niveau Englisch lernen, sind total ratlos, wenn sie tatsächlich einmal telefonisch ein Hotelzimmer reservieren müssen. Dabei ließe sich das ganz einfach in Rollenspielen trainieren. Es kommt mir immer so vor, als würde man in Deutschland den Jugendlichen einen Kühlschrank voll mit Eiern und Gemüse hinstellen, aber kein Rezept.

Sie trainieren Führungskräfte und Politiker, also Personen, von denen man Durchsetzungsvermögen erwartet. Gestaltet sich da die Zusammenarbeit auch manchmal schwierig?

Nein, bei mir sind sie eigentlich ganz pflegeleicht. Das hat vielleicht auch mit meinem Trainingsstil zu tun. Ich konfrontiere sie mit Situationen aus dem echten Leben und lasse sie beispielsweise kaum Lückentexte ausfüllen. Bei mir lernen sie, wie sie eine Telefonkonferenz leiten oder etwas rhetorisch geschickt ausdrücken. Wie formuliere ich eine E-Mail fordernd, aber sehr höflich? Solange man sich professionell ausdrückt, ist das auch in den USA und Großbritannien kein Problem.

Was wäre denn unprofessionell?

Engländer und Amerikaner finden es immer ein bisschen grenzwertig, wenn deutsche Führungskräfte sagen: "We want this until Friday." Sie würden eher erwarten: "We'd be glad if we could receive the documents by Friday." Von Deutschen bekomme ich oft zu hören: Wer soll denn die Zeit für solche Formulierungen haben? Aber ich finde, wer sich diese zehn Sekunden Zeit nicht nimmt, kann auch keinen Geschäftsabschluss erwarten.

"Oft muss man nach dem Gefühl gehen"

Ihre Schüler kommen aus unterschiedlichen Bereichen: Top-Executives aus der Automobilbranche, Abgeordnete des EU- Parlaments, Chirurgen, Journalisten. Wo lauern denn die meisten Fettnäpfchen?

Überall, nur sind sie sehr unterschiedlich. Die Qualität englischer Rhetorik, die ein Parlamentsabgeordneter braucht, hat mit der eines Managers nichts zu tun. Auf der einen Seite ist Diplomatie gefragt, auf der anderen Geradlinigkeit und Klarheit. Oft muss man auch nach dem Gefühl gehen und sich auf die Persönlichkeit seines Gegenübers einlassen. Da gibt es kein Pauschalrezept. Ich sage immer, man kann eine Sprache nicht laufen, aber man kann eine Sprache Tango tanzen.

Und wenn man dabei doch mal jemandem auf den Fuß tritt - rettet einen dann der Ausländer-Bonus?

Ja, doch, mittlerweile wissen die meisten, wie sie damit umgehen müssen. Ich war kürzlich in England für ein großes Seminar "How to work with Germans" und habe den britischen Teilnehmern erklärt, dass Sachlichkeit in Deutschland sehr wichtig ist. Und da haben sie vieles endlich verstanden. Ich habe ihnen auch gesagt, sie sollten es nicht persönlich nehmen, wenn ein Deutscher alles, was man vorher mündlich besprochen hat, noch einmal - bam bam bam - per E-Mail abhakt. Deutschen ist eben Sicherheit wichtig, die wollen immer etwas Greifbares in der Hand haben.

Sie warnen gerne vor der Verwendung von "Globish". Was ist das?

Globish ist Mischmasch-Englisch. Wenn ich beispielsweise einen Bericht über Brot verfasse, dann schreibe ich nicht in einem Absatz "Semmeln", im zweiten "Brötchen" und im dritten "Schrippe". Das wäre Quatsch. Und auch im Englischen ist wichtig: Stick to one style. Wer sich beruflich eher im europäischen Raum aufhält, sollte British English benutzen, wer sich mehr in Richtung Naher Osten oder Mittlerer Westen orientiert, sollte American English hernehmen. Einem Top-Executive muss bekannt sein, welche Redewendungen wo geläufig sind. Ein Amerikaner fragt sich nämlich nicht, wie die britische Variante eines Begriffs sein könnte. Er versteht sie dann schlichtweg nicht.

Wozu raten Sie Angestellten, die ihr Englisch verbessern wollen, sich aber kein professionelles Training leisten können?

Von E-Learning und dergleichen halte ich nicht viel. Da fehlt die aktive Anwendung, man sitzt ja nur vor dem Bildschirm. Das ist dann wie beim Fitness-Club: Die Leute melden sich hochmotiviert an, nehmen das Angebot erst zweimal pro Woche wahr, dann zweimal pro Monat, und irgendwann ist die Sache gestorben. Auch mit einem moderaten Einkommen kann man sich an seinem Wohnort einen Muttersprachler suchen, den man dafür bezahlt, dass er sich mit einem unterhält und einen korrigiert.

Eveline Goodman-Hedtke ist englische Muttersprachlerin und lebt in Berlin. Die promovierte Psychologin coacht seit mehr als zehn Jahren Manager und Politiker in "Soft Skills".

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