Büro-Gadget:US-Tüftler erfinden 16-Millionen-Farben-Stift

Scribble

Das neueste Büro-Gadget: der "Scribble", ein Stift, der Farben erkennen und reproduzieren kann.

(Foto: Scribble)

Er kann alles außer Glitzer: Zwei amerikanische Tüftler haben einen Stift erfunden, der die Farbe jedes Objekts erkennt und reproduziert. Für Arbeitnehmer eröffnen sich damit ganz neue Möglichkeiten - so können wir uns endlich fühlen wie "Die drei ???".

Von Johanna Bruckner

Vielleicht ist diese Kinderwerbung aus den frühen neunziger Jahren Schuld. In der besaßen kleine Mädchen (aller Ethnizitäten, was aber wohl eher einer maximalen Zielgruppenerschließung als der Political Correctness geschuldet war) einen Zauberstift, mit dem sie bunte Glitzerspuren über weißes Papier zogen. Und dabei die Augen und Münder unnatürlich weit aufrissen, das sollte wohl die Sensationalität des Produkts betonen. Was damals auch funktionierte: Vor dem Bildschirm saßen kleine Mädchen mit vergleichbarer Mimik und schrieben fortan den Zauberstift auf ihre Wunschzettel. Mit einem profanen Buntstift.

Die Faszination für den Zauberstift wird jetzt von zwei Tüftlern aus San Francisco wiederbelebt: Mark Barker und Robert Hoffman haben einen Stift erfunden, der jede beliebige Farbe aufnehmen und wiedergeben können soll. Angeblich ist der "Scribble" in der Lage, 16 Millionen (!!!) verschiedene Töne zu reproduzieren.

Zwei Jahre haben sie mit einem Team aus Elektrotechnikern und Farbspezialisten an ihrem Wunder-Schreibwerkzeug gearbeitet. Seit dieser Woche präsentieren sie den Scribble auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter. Ihr Ziel, 100 000 Dollar zu sammeln, um den Stift in Serie zu bringen, haben die Initiatoren nach eigenen Angaben innerhalb von nur fünf Stunden erreicht. Die Spendenaktion wurde beim Stand von mehr als 366 000 Dollar gestern vorzeitig beendet - in einer Nachricht an alle Unterstützer nennen Barker und Hoffman unerfüllbare Vorgaben von Kickstarter als Grund. Man bemühe sich aber darum, diese schnellstmöglich umzusetzen.

Kaum größer als ein normaler Kugelschreiber

Auf ihrer Projektwebseite erklären Barker und Hoffman, wie ihr Zauberstift - der kaum größer ist als ein normaler Kugelschreiber - funktioniere: Ein beliebiges Objekt mit der Stifthinterseite berühren; darin befinden sich ein 16-bit RGB-Farbsensor und ein Mikroprozessor, die den Farbton bestimmen. Im Stiftkörper wird dann der exakte Ton aus Cyan, Magenta, Gelb, Schwarz und Weiß (für eine bessere Deckkraft) gemischt.

Anschließend wie gewohnt losschreiben, wahlweise auf Papier oder einem digitalen Bildschirm. Der Stift wird mit verschiedenen Spitzen geliefert, die unter anderem auch das Zeichnen von Linien unterschiedlicher Breite und Farbintensität ermöglichen sollen. Der Stiftkopf besitzt einem Unternehmenssprecher zufolge ähnliche Eigenschaften wie der Druckkopf eines Büro-üblichen Tintenstrahldruckers, "nur ein bisschen anders - und dieses Bisschen bleibt unser Geheimnis".

Der Scribble soll bis zu 100 000 Farbtöne speichern können. Außerdem ist mit dem "Scribble Stylus" eine Bluetooth-fähige Ausführung geplant, die sich mit Tablets oder Smartphones verbinden lässt.

Glitzer kann der Scribble zwar nicht, dafür ist er ein Gadget, das beide Geschlechter begeistert. So schreibt der Guardian-Journalist Oliver Wainwright:

You know the pipette icon (bei Photoshop, Anm. d. Red.) that can reproduce any colour on screen? Soon you'll have one in your real-world pencil case.

Ganz billig wird der Farbspaß wohl nicht: 300 Dollar, umgerechnet etwa 224 Euro, soll der Scribble nach Informationen des Guardian kosten. Andererseits scheint das Preis-Leistungs-Verhältnis - sofern der Stift wirklich hält, was er verspricht - im Vergleich durchaus angemessen: Einfarbige Edelfüller kosten gerne 500 Euro aufwärts.

Sechs Gründe, warum es sich (mit etwas Phantasie) lohnen könnte, in die neue Stift-Generation zu investieren:

  • Zum Notizen-Machen und Unterstreichen: Hierfür ist künftig nur noch ein Schreibgerät nötig. Die ermüdende Suche nach Kugelschreiber oder Textmarker - einer von beiden ist grundsätzlich unauffindbar - hat damit ein Ende. Was das allein an Arbeitszeit einspart!
  • Zum Unsichtbar-Schreiben: Nehmt das - Justus, Peter und Bob! (Oder, für alle, die nie "Die drei ???" gelesen/gehört haben: Jeder kann sich im Büro ein bisschen wie James Bond fühlen.)
  • Zum unauffälligen Colorieren von Kritzeleien in langweiligen Meetings: Die Schwarz-Weiß-Tristesse im Notizbuch ist passé. (Wobei sich hier die Speicherfunktion des Scribbles bewähren muss - das Farbschema in Konferenzräumen besteht ja in der Regel aus Grau und Beige.)
  • Zum Ausbessern: Der irritierende bräunliche Fleck auf der Bürowand (Hat hier der vormalige Bürobesitzer die Kaffeetasse zu wild geschwenkt? Oder einem nervigen Insekt den Garaus gemacht?) kann endlich im angegrauten Weiß des übrigen Büros übertüncht werden.
  • Zum Auf-Chef-Machen: Der gemeine Arbeitnehmer unterschreibt mit gehamsterten Werbekulis, der Chef nur mit moosgrüner Tinte für 50 Euro das Fässchen. Das war einmal.
  • Zum Zeitvertreib: Um allein all die Dinge anzustupsen, die einem spontan einfallen, müsste man sich eine Woche Urlaub nehmen.

Anm. d. Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es fälschlicherweise, die Kickstarter-Kampagne sei vorzeitig beendet worden, weil die anvisierte Spendensumme erreicht wurde. Wir bitten dies zu entschuldigen.

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