Kino in China:Ende des Horrors

Kinostart - 'Brick Mansions'

Nichts für Kinder: Szenenbild aus dem kanadischen Actionfilm "Brick Mansions".

(Foto: Universum Film/dpa)

Weinende Kundschaft? In China konnten bislang auch Fünfjährige in jeden beliebigen Splatter-Film spazieren, wenn ihre Eltern sie nicht daran hinderten. Jetzt führen die Kinobetreiber von sich aus Altersfreigaben ein.

Von David Steinitz

Vor chinesischen Kinos trifft man derzeit regelmäßig weinende Kinder an. Auch in China sind Sommerferien, und auch in China scheint nicht jeden Tag die Sonne, weshalb Eltern ihren Nachwuchs vermehrt ins Kino schicken. Das freut die Betreiber, weil die Besucherzahlen steigen. Weil es aber in China keine offizielle Regelung für Altersfreigaben von Filmen gibt, bricht die verschreckte Kundschaft öfters in Tränen aus. Es muss zwar jeder Film von der zuständigen Staatsbehörde für die öffentliche Aufführung lizensiert werden. Aber damit verfolgt die Regierung vor allem ideologische und wirtschaftliche Ziele, um die heimische Filmindustrie zu stärken. Was dazu führt, dass auch ein Fünfjähriger problemlos in einen blutigen Horrorfilm marschieren kann, solange ihn seine Eltern nicht davon abhalten.

Das Ergebnis: verängstigte Kinder vor den Multiplexen. Das Problem scheint mittlerweile wirklich große Ausmaße angenommen zu haben, denn nun haben sich Kinobetreiber in mehreren chinesischen Städten dazu entschlossen, von sich aus Altersbeschränkungen in ihren Häusern einzuführen. Ein erstaunlicher Schritt, denn in vielen Ländern üben sich sowohl Filmindustrie als auch Kinobesitzer fast schon gewohnheitsgemäß in konstanter Kritik an den jeweiligen Kontrollmechanismen, die meist auf dem Jugendschutzrecht beruhen. Weil Altersbeschränkungen, vor allem je höher sie ausfallen, automatisch die potenzielle Zielgruppe für einen Film verkleinern - und damit den Profit.

Wider die frühkindlichen Traumata

Nun zitiert das amerikanische Branchenmagazin Variety unter anderem einen Kinokettenbetreiber aus Ürümqi, Hauptstadt der chinesischen Provinz Xinjiang, der seine Angestellten angewiesen hat, Kinder nicht mehr in bestimmte Filme aus dem laufenden Programm zu lassen. Dazu gehören der chinesische Horror-Thriller "The House That Never Dies" und der kanadische Actionfilm "Brick Mansions". Kinomanager Yao Lin gab zwar zu, dass seine Entscheidungen momentan noch recht subjektiv seien, weil er keinerlei Erfahrungen mit Altersbeschränkungen habe. Bislang komme die Aktion aber gut an - sogar bei zunächst erbosten Eltern, die sich wunderten, warum ihre Kinder des Kinos verwiesen wurden.

Auch in Guangzhou im Süden und in Ili im Nordwesten des Landes haben Kinos auf die Situation reagiert und eine Hauspolitik für Altersfreigaben entwickelt. Denn für frühkindliche Traumata will man laut Yao Lin auch als profitgesteuerter Geschäftsmann nicht verantwortlich sein.

Die Entwicklung ist nur einer von vielen Umbrüchen in der rasant wachsenden und sich stetig verändernden chinesischen Filmindustrie, der von Wirtschaftsanalysten prophezeit wird, die USA bis spätestens 2018 als größter Kinomarkt der Welt zu überholen

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