Schauspieler Michael Kessler:Keine Lust auf Ramtamtam

Schauspieler Michael Kessler

"Die Prominenten waren meist sehr nervös, ich ebenso": Michael Kessler über Kessler ist...

(Foto: Tom Pirovits)

In "Kessler ist ..." auf ZDF Neo versucht Michael Kessler, hinter die professionelle Fassade von Prominenten zu blicken. Ein Gespräch über ehrliches Fernsehen, den Ranking-Show-Skandal bei den Öffentlich-Rechtlichen und darüber, wie man Florian Silbereisen parodiert.

Von Matthias Kohlmaier

Bekannt wurde er Anfang der 90er Jahre als Nachwuchsproll Klausi in "Manta Manta", später zeigte er in Switch sein Talent zur Parodie und improvisierte sich durch die Schillerstraße. Auch in der Berliner Nacht-Taxe und in Kesslers Expedition, wo er angenehm ungestellte Gespräche mit Passanten führt, blieb Schauspieler und Comedian Michael Kessler der Improvisation treu. Nun präsentiert er mit Kessler ist... auf ZDF Neo erneut ein Format, dass ihm viel Spontanität und Gespür für den Moment abverlangt.

Dort trifft Kessler auf Prominente wie Schauspielerin Michaela Schaffrath, Ex-Gewichtheber Matthias Steiner oder Volksmusiker Heino. Durch persönliche Gespräche und Recherchen in ihrem direkten Umfeld lernt er sie kennen, eignet sich Verhalten, Gestik und Mimik an. Am Ende verwandelt sich Kessler in der Maske in ein präzises optisches Abbild seines Gastes und führt mit ihm ein sehr intimes Interview.

SZ.de: Herr Kessler, wie fühlt sich der Moment in Kessler ist... an, in dem Sie in voller Maske auf Ihr prominentes Gegenüber treffen?

Michael Kessler: Das war das Schwierigste, was ich bisher in meinem Beruf gemacht habe. Die Prominenten waren meist sehr nervös, ich ebenso. In diesen Momenten laufen so viele Dinge parallel ab: Ich muss dieser Mensch sein, wie er antworten, alle Fakten aus seinem Leben präsent haben und trotzdem beobachten, wie mein Widerpart reagiert.

Die Dramaturgie der Sendung ist komplett auf dieses finale Interview ausgerichtet. Was fanden Sie an der Idee so reizvoll?

Die Begegnung von Protagonist und Moderator am Ende ist ein unglaublich besonderer Moment, wie ich ihn noch nie im deutschen Fernsehen gesehen habe. Ich bin eigentlich immer auf der - oft verzweifelten - Suche nach solchen neuen und etwas speziellen Formaten. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass die Verantwortlichen mit dieser Idee auf mich zugekommen sind.

War es schwierig, Protagonisten für die Show zu finden, Prominente, die sich von einer so privaten Seite zeigen wollten?

Definitiv. Vielen war unser Plan zu heikel, die wollen sich das erst mal ansehen und wissen, was in so einer Sendung genau passiert. Ich kann das nachvollziehen und weiß auch nicht, ob ich selbst sofort mitgemacht hätte. Aber die Menschen, die sich auf das Experiment eingelassen haben, hatten Spaß daran - soweit ich das beurteilen kann.

Konnten Sie wirklich intime Einblicke in das Leben von Medienprofis wie Heino, Michaela Schaffrath oder Markus Kavka gewinnen?

Das bleibt immer hohe Kunst. Aber wir machen ja keinen Sensationsjournalismus, sondern dringen nur ein wenig in die Welt der Prominenten ein. Wenn der Protagonist über etwas partout nicht reden will, dann tun wir das auch nicht. Dennoch liegt es im finalen Interview natürlich in meiner Hand, worauf ich thematisch abziele und wie ich antworte.

In der Comedy-Show Switch haben Sie jahrelang Menschen parodiert. Sicher war diese Erfahrung für Kessler ist... von Vorteil.

Ja und nein. In der neuen Show parodiere ich niemanden, sondern versuche tatsächlich zu dieser Person zu werden, sie zu spiegeln. Ich muss mir also nicht, wie bei der Parodie, irgendwelche Marotten der Person heraussuchen und diese überzeichnen. Heißt für mich: Weniger machen, es geht mehr um die Inhalte. Bei Switch haben wir die Aufgaben passend verteilt, so bin ich zum Beispiel an die Rolle als Parodist von Günther Jauch gekommen. In Kessler ist... muss ich nun nehmen, was kommt.

Das dürfte insbesondere bei Michaela Schaffrath kompliziert gewesen sein.

Wir wollten genau aus diesem Grund unbedingt eine Frau dabei haben. Ich sehe natürlich nicht aus wie Michaela Schaffrath, wir können uns da auch mit der Maske nur annähern. Wenn Sie mich dann in Frauenverkleidung sehen, sieht das erst mal lustig aus. Wenn ich meinen Job aber ordentlich mache, fesselt das Gespräch so sehr, dass dieser komische Moment schnell vergeht.

Skandal um Ranking-Shows? "Ich ärgere mich maßlos"

Sie haben mal gesagt: "Fernsehen ist dann spannend, wenn ich nicht weiß, was im nächsten Moment passiert." Ist das die Motivation für ein Format wie Kessler ist...?

Man sieht im Fernsehen zurzeit so unglaublich viele Shows mit Scheinwerfern, lauter Musik und viel Ramtamtam - aber absolut nichts dahinter. Auf sowas habe ich keine Lust und ich hoffe, die meisten Zuschauer auch nicht! Ich möchte überraschendes und ehrliches Fernsehen machen.

Mit der Ehrlichkeit war es bei den Öffentlich-Rechtlichen und diversen Betrügereien bei Ranking-Shows ja zuletzt nicht weit her.

Nun bin ich wie Sie Teil des Mediensystems und muss daher sagen: Überrascht hat mich das nicht.

Auch nicht das Ausmaß? Neben dem ZDF sind auch diverse ARD-Sender betroffen.

Nein. Ich sage Freunden und Bekannten schon seit Jahren, sie sollen nicht alles glauben, was ihnen das Fernsehen erzählt, nur weil mal ein Notar durchs Bild läuft. Am Ende ist dieser Ranking-Skandal doch eine weitere Bankrotterklärung des deutschen Fernsehens an seine Zuschauer. Da sagt man den Leuten erst: Du darfst hier abstimmen. Und hinterher dreht man sich das dann doch so hin, wie es vermeintlich besser passt.

Wie fühlt sich das für Sie als Fernsehschaffender an?

Ich ärgere mich maßlos. Diesen Vertrauensbruch muss man irgendwie wieder kitten - gerade in einer Zeit, in der sich viele Menschen vom Fernsehen abwenden. Mir begegnen genug Leute, die mir vorwerfen, die spontanen Gespräche in Kesslers Expedition wären gestellt. Ich kann dann nur sagen: Nein, das ist echt und dafür stehe ich. Man kann nur hoffen, dass das möglichst viele Menschen glauben und dass es in Deutschland weiterhin eine Plattform für nicht künstlich aufgehübschte TV-Unterhaltung geben wird.

Im Zweifel könnten Sie ja immer noch auf Ihr Talent als Parodist zurückgreifen und wieder mehr Comedy machen. Ich habe zum Abschluss drei Personen herausgesucht, in deren Rolle Sie häufig geschlüpft sind und würde Sie bitten, zu jedem ein paar Worte zu sagen. Nummer eins ist der bereits angesprochene Günther Jauch.

Würde ich jederzeit wieder spielen. Es war gar nicht so einfach, den beliebtesten Moderator Deutschlands zu parodieren - eben weil die Menschen ihn so gern haben. Aber zum Glück findet Günther Jauch selbst das auch ganz lustig. Das ist, glaube ich, eine meiner besten Parodien.

Nummer zwei: Adolf Hitler.

Begegnet mir in meinem Leben seit "Schtonk!" immer wieder. Dort habe ich ein Streichholz an ihn gehalten und gesagt, er brennt nicht - mein erster Satz vor einer Kamera übrigens. Ich weiß nicht, ob man das so sagen darf, aber es macht unglaublich Spaß, ihn zu spielen. Obwohl die Erarbeitung der Rolle, gerade bei "Obersalzberg" im Rahmen von Switch, ziemlich kompliziert war.

Zu guter Letzt noch eine polarisierende Figur: Florian Silbereisen.

(Michael Kessler lacht) Ich wusste, dass der noch kommt. Die Parodie müsste ich heute ganz anders anlegen als noch vor ein paar Jahren. Er hat die Haare nicht mehr blond gefärbt, trägt keine schrillen Anzüge mehr und hat sich quasi komplett eingedampft, macht viel weniger Faxen auf der Bühne. Manchmal frage ich mich: Hat er sich verändert, weil wir ihn so veralbert haben? Will er weniger Angriffsfläche bieten? Vielleicht können Sie ihn das ja bei Gelegenheit mal fragen.

Kessler ist..., ZDF Neo, 22.05 Uhr

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