Nachhaltige Investmentfonds:Grüne Lügen

Windpark bei Altentreptow

Viele Anleger, die ihr Geld in einem nachhaltigen Investmentfond anlegen, denken dabei an erneuerbare Energien. Doch dort landet ihr Geld nicht zwangsläufig.

(Foto: dpa)

Bomben, Öl und Kinderarbeit: Viele nachhaltige Fonds halten nicht, was sie versprechen. Das kritisieren Finanztest und die Verbraucherzentrale Bremen. Anleger sollten genau prüfen, was als nachhaltig angepriesen wird.

Von Julia Löffelholz und Benedikt Müller

Mit gutem Gewissen ihr Geld anlegen, das wünschen sich immer mehr Anleger in Deutschland. Seit 2008 haben sich die Investitionen in nachhaltige Finanzprodukte nahezu vervierfacht. Doch spätestens seit der Insolvenz der Windkraftfirma Prokon wissen Anleger um die Risiken "grüner" Investments.

Nun warnen die Verbraucherzentrale Bremen und die Zeitschrift Finanztest: Was die Fondsanbieter als nachhaltiges Investment anpreisen, ist in vielen Fällen nicht vereinbar mit den ethischen und ökologischen Ansprüchen der Anleger. Wer glaubt, mit seinem Geld etwas Gutes zu tun, investiert in Wahrheit in Kernenergie oder Massentierhaltung.

Die Tester haben mehr als 40 Investmentfonds untersucht, deren Anbieter sie als nachhaltig kennzeichnen. Das Ergebnis: Nachhaltigkeit heißt überall etwas anderes. 39 von 44 untersuchten Fonds schließen nicht aus, in Kohle- und Ölindustrie zu investieren, sieben können nicht garantieren, dass kein Geld in Kriegsgeräte fließt - und fünf lehnen nicht einmal Kinderarbeit explizit ab.

Verbraucherzentrale kritisiert mangelnde Transparenz

In einem Fragebogen konnten die Fondsmanager angeben, in welche ethischen oder ökologischen Bereiche sie gezielt investieren und nach welchen Kriterien sie Investitionen ausschließen. Ein weiterer Untersuchungspunkt war die Transparenz der Anbieter in ihren Informationsmaterialien. Dass die Angaben korrekt seien, sei eine Vertrauenssache, erläutert Ulrike Brendel von der Verbraucherzentrale Bremen. Es gebe schließlich keine andere Möglichkeit, an diese Daten zu kommen.

Die Verbraucherzentrale kritisiert vor allem, dass bei vielen Fonds der Klimaschutz nicht ausreichend berücksichtigt werde. Zudem würden die Anleger nicht ausreichend informiert. 20 Fonds kommunizieren laut Verbraucherzentrale die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen "eher schlecht". Überrascht ist Brendel von den Ergebnissen nicht. "Es gibt Fonds, die sehr viel Herzblut reinstecken, wirklich nachhaltige Produkte zu schaffen. Bei anderen hat man das Gefühl, dass sie einfach nur auf die grüne Welle mit aufspringen wollen."

Am besten schnitt der "Öko Vision Classic C" der luxemburgischen Fondsgesellschaft Ökoworld ab. Er erfüllte als einziger alle Vorgaben der Verbraucherschützer. Der Fonds investiert 412 Millionen Euro in knapp 100 Unternehmen rund um den Globus. Ein Gremium überprüft die Anlageobjekte mindestens alle drei Jahre auf ethische Kriterien. Sobald eine Firma beispielsweise mit Gentechnik zu tun habe, dürfe sie nicht mehr ins Portfolio, erläutert Unternehmensgründer Alfred Platow. In den vergangenen Jahren erzielte der Fonds Renditen von durchschnittlich 10,7 Prozent pro Jahr. Die Anleger bezahlen aber einen hohen Preis für ihr gutes Gewissen: 2,5 Prozent müssen sie jährlich an die Fondsmanager abdrücken. Dafür können sie sich im Jahresbericht über die Unternehmen informieren, in denen ihr Geld steckt.

Keine gesetzlichen Mindeststandarts für nachhaltige Fonds

Schlusslicht der untersuchten Finanzprodukte ist der Fonds "Global Sustainability A EUR" der Allianz. Er wirbt zwar schon im Namen mit Nachhaltigkeit, investiert aber beispielsweise mehr als eine Million Euro in den Schweizer Nestlé-Konzern, der unter anderem wegen seiner Trinkwasserpolitik in der Kritik steht. Die Allianz-Fondstochter gesteht auf Anfrage ein, der Fonds habe keine strikten Ausschlusskriterien bei der Wahl seiner Anlageziele. Vielmehr bewerteten die Fondsmanager tausende Unternehmen nach nachhaltigen Kriterien - hat die Firma eine Umwelt-und Sozialabteilung, gibt es strikte Sicherheitsstandards - und legten das Geld dann in die Klassenbesten an. "Es ist kein ethischer Fonds", sagt ein Sprecher, "aber er berücksichtigt klare Nachhaltigkeitskriterien."

Interessierten Anlegern empfehlen die Verbraucherschützer, sich die Internetseite des Anbieters genau anzuschauen und zu prüfen, wo sie ihr Geld investieren. "Dann muss jeder für sich entscheiden, ob die Anlage wirklich nachhaltig ist." Eine allgemeingültige Regel gibt es nämlich nicht. "Das große Problem ist, dass es keine gesetzlichen Mindeststandards gibt", sagt Brendel. "So ist es für die Verbraucher schwierig zu erkennen, welchen Anbietern sie vertrauen können."

Anmerkung: In einer früheren Fassung des Textes hieß es, dass der Fonds "Öko Vision Classic C" in knapp 450 Unternehmen investiert sei. Tatsächlich handelt es sich aber um knapp 100 Unternehmen.

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