Start der Handball-Bundesliga:Neue Töne nach dem Gewitter

THW Kiel, Füchse Berlin, Handball

Werden wohl wieder die Liga im Griff haben: Kiels Christian Sprenger (re.) im Angriff gegen Berlins Jesper Nielsen beim Supercup

(Foto: dpa)

Doping-Verstöße, umstrittene Lizenz-Vergabe, eine zähe Bundestrainer-Suche: Der Sommer war für den deutschen Handball zum Vergessen. Zum Start der neuen Saison bemühen sich die Vertreter um neue, nette Worte - doch es gibt bereits erste Misstöne.

Von Carsten Eberts

Das Lob kommt von sehr weit oben, von Bob Hanning, dem stellvertretenden Präsidenten des Deutschen Handball-Verbands (DHB). Der Supercup, den der THW Kiel am Dienstagabend 24:18 gegen die Füchse Berlin gewann, sei "der beste Supercup aller Zeiten" gewesen. Das Spiel zwischen Meister und Pokalsieger fand nach vielen Jahren in München und einmaligem Gastspiel in Bremen diesmal in Stuttgart statt, Hanning hat alles gefallen, die Organisation, das Publikum, das Sportliche.

Sogar der Gegner, denn Hanning ist bekanntlich parteiisch, als Manager der Füchse. "Das macht schon Spaß, denen zuzugucken", sagt Hanning über die Kieler. So viele Nettigkeiten, wenige Tage vor dem Bundesliga-Start.

Ein neuer Ton kehrt in den deutschen Handball ein, das ist vielerorts zu bewundern. Nach diesem Sommer, einem zum Vergessen. In einer Zeit, in der die Sportart keine Schlagzeilen produzieren sollte, wurde en masse über den Handballbetrieb berichtet - nicht gerade positiv.

Da wurde dem HSV Handball, einem der prominentesten Klubs, in einem Zickzackverfahren erst die Lizenz verweigert, dann wieder zugesprochen. Das Nationalteam erhielt nach sportlich verpasster Qualifikation eine umstrittene Wildcard für die WM in Katar. Michael Kraus, eines der bekanntesten Gesichter der Szene, wurde wegen Verstößen gegen die Doping-Melderegularien suspendiert. Schließlich erging sich der Verband in einer öffentlichen Bundestrainer-Suche, an deren Ende die versöhnliche Einigung mit dem Isländer Dagur Sigurðsson stand.

Viel los für einen Sommer ohne großes Turnier, findet Hanning. Der deutsche Handball sei so ein starkes Produkt, sagt der Manager: "Und wir haben es in einem Sommer geschafft, alles zu zerreden."

1. Spieltag

Samstag, 23. August, 19 Uhr

SG Flensburg-Handewitt - TSG Friesenheim

TSV Hannover-Burgdorf - MT Melsungen

Bergischer HC - SG BBM Bietigheim

TBV Lemgo - THW Kiel

Samstag, 23. August, 20.15 Uhr

HC Erlangen - TuS N-Lübbecke

FA Göppingen - Füchse Berlin

Sonntag, 24. August, 15 Uhr

VfL Gummersbach - HSV Handball

Sonntag, 24. August, 17.15 Uhr

GWD Minden - HSG Wetzlar

Rhein-Neckar Löwen - SC Magdeburg

Dienstag, 26. August, 20.15 Uhr

MT Melsungen - HBW Balingen-Weilstetten

Dierk Schmäschke sieht das ähnlich. "Es gab ein paar Themen, die nicht so gut waren", sagt der Manager der SG Flensburg-Handewitt. Für ihn war es eigentlich ein schöner Sommer, nach dem überraschenden Champions-League-Titel für seine Flensburger. Der Stolz wird in die neue Saison mit rüber schwappen, da ist sich Schmäschke sicher. Was im Handball sonst so abging, fand Schmäschke weniger gut. Zu viel Gerede, zu viel Unprofessionalität. Ab jetzt müsse es wieder um den Handball gehen, sagt Schmäschke, nicht um die Eitelkeiten drumherum. "Der deutsche Handball hat immer noch eine große Stärke. Die müssen wir wieder in den Fokus legen", sagt Schmäschke.

Kein gutes Bild abgegeben

Die Sportart hat kein gutes Bild abgegeben, da sind sich alle einig. Das Gebaren rund um den HSV Handball sei "ein Schock" gewesen, "das i-Tüpfelchen", so Hanning. Viele hätten inne gehalten und sich gefragt, wie es so weit kommen konnte. Es sei wie ein reinigendes Gewitter gewesen, nun sei der Umgangston anders. "Im Moment herrscht eine Einigkeit, wie sie noch nie da war", findet Hanning.

Eine Sportart rauft sich zusammen. Für Außenstehende war es tatsächlich undurchsichtig, was in den Gremien in wochenlangem Hin und Her über den HSV Hamburg entschieden wurde. Erst war der Klub die Lizenz wegen unzureichender Finanzlage los, dann erhielt er sie wegen Formfehlern zurück. Jeder äußerte sich, schimpfte. Da die Handball-Bundesliga (HBL) den in der Zwischenzeit zum Nicht-Absteiger deklarierten HBW Balingen-Weilstetten nicht nachträglich zurückstufen wollte, startet die Liga erstmals mit 19 Mannschaften.

"Da haben sich alle erschrocken", sagt Hanning. Auch sein Kollege Schmäschke findet, dieses Szenario "hätte verhindert werden können". Auf die Klubs, die ohnehin unter Belastung ächzen, warten noch einmal zwei Saisonspiele mehr. Bis zum Jahreswechsel habe seine SG 34 Pflichtspiele zu absolvieren, rechnet Schmäschke vor, inklusive der Klub-WM in Katar, für die Flensburg als Champions-League-Sieger qualifiziert ist. "Ein mörderisches Programm", so Schmäschke. Durch Auf- und Abstieg lässt sich die Zahl der Bundesligateams erst im kommenden Sommer wieder korrigieren.

Die Kommunikation untereinander soll schon in dieser Spielzeit besser werden, das sagen alle, die auf das Thema angesprochen werden. "Wir müssen beweisen, dass all das keine Lippenbekenntnisse sind", sagt Hanning, "diese Chance müssen wir jetzt nutzen." Es geht auch um die Glaubwürdigkeit, schließlich lässt sich nach außen schwerlich kommunizieren, weshalb in der Bundesliga plötzlich 19 Teams starten und die Nationalmannschaft eine unerwartete Wildcard erhält, wo sie doch die sportliche Qualifikation verpasst hat. Der Verband habe sich "eine Demut auferlegt, die tut uns auch gut", sagt Hanning. Die Normalität soll möglichst schnell wieder einkehren.

Sportlich könnte das schnell gelingen, vielleicht sogar zu schnell. Die Liga droht nach einem kunterbunten Jahr abermals vom THW Kiel dominiert zu werden, das lässt sich als Erkenntnis aus dem Supercup mitnehmen. Das Ergebnis der vergangenen Saison tat gut: Flensburg als Champions-League-Sieger, Berlin als Pokalsieger; dazu das spannendste Finale der Liga-Historie, als der THW Kiel die Rhein-Neckar Löwen nur dank des besseren Torverhältnisses von Platz eins verdrängen konnte.

Das dürfte sich in der kommenden Spielzeit ändern, die Kieler haben ihren Umbruch vollzogen, zudem kräftig investiert. Der Rekordmeister hat die Hamburger Rückraumwerfer Joan Cañellas und Domagoj Duvnjak geholt, auch den Flensburger Steffen Weinhold. "So wie der THW eingekauft hat, ist er absoluter Favorit", findet nicht nur Flensburgs Schmäschke, das sagen laut Umfrage auch 19 von 19 Bundesliga-Trainern. Die Kieler vorneweg, der Rest hinterher. Das klingt schwer nach Normalität.

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