Fahranfänger in USA:Elterliche Verkehrskontrolle per Handy

Fahranfängerin in der Fahrschule

In den USA können Eltern bereits die Geschwindigkeit und die zurückgelegte Strecke ihrer Kinder im Auto kontrollieren. Im Bild: Eine Fahrschülerin bei ihrer Fahrstunde.

(Foto: DAH)

Mit der zunehmenden Vernetzung bieten sich vor allem für Eltern in den USA ganz neue Möglichkeiten, ihre Kinder am Steuer zu kontrollieren. Per Knopfdruck lassen sich nicht nur Routen und Geschwindigkeiten kontrollieren, sondern aus der Ferne auch Sanktionen verhängen.

Von Florian Maier

Als eine der vielen unbegrenzten Möglichkeiten hat der Trend zum "Car Monitoring" das Land der unbegrenzten Möglichkeiten längst erfasst. Dort gehört die digitale Überwachung von Fahranfängern durch Erziehungsberechtigte mittlerweile zum Alltag. Junge Autofahrer sind in den USA wesentlich jünger als hierzulande. In einigen Staaten kann man bereits mit 14 Jahren einen Lernführerschein beantragen, eine vollwertige Fahrerlaubnis zum Teil schon mit 16 Jahren. Ähnlich wie in Deutschland sind auch in den Vereinigten Staaten die Unfallzahlen mit Beteiligung junger Autofahrer besorgniserregend hoch. Deswegen entwickeln Autohersteller, Versicherungsgesellschaften und andere Unternehmen immer neue High-Tech-Gadgets aus, die den jugendlichen Übermut am Steuer zügeln sollen.

Vorreiter auf diesem Gebiet ist Ford. Das Unternehmen bietet in den Vereinigten Staaten für viele Modelle bereits seit 2010 das "MyKey"-System an. Dabei handelt es sich um einen programmierbaren Schlüssel, der es besorgten Eltern ermöglicht, den Nachwuchs in vielerlei Hinsicht zu gängeln. Die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs lässt sich ebenso limitieren, wie die Lautstärke des Audio-Systems - bei nicht angelegtem Sicherheitsgurt bleiben die Boxen sogar völlig stumm. Zudem lässt sich Drift-affiner Nachwuchs per Aktivierungszwang für die elektronischen Sicherheitssysteme in Zaum halten. Der intelligente Schlüssel von Ford ist auch in Deutschland erhältlich, allerdings nur beim Kleinwagen Fiesta.

Ortung per Smartphone

In den USA lässt sich nahezu die gesamte Ford-Modellpalette mit dem System ausstatten - ohne Aufpreis. Technische Vorrichtungen zur "Übermuts-Eindämmung" der jungen Fahrer bieten dort mittlerweile auch Lexus, Infiniti, Hyundai und GM ab Werk an.

Allerdings greifen diese Hersteller nicht ganz so stark in die Fahrzeug-Funktionen ein wie man es bei Ford tut. Das Lexus "Enform System" etwa bietet unter anderem die Möglichkeit per GPS-Standortbestimmung das Fahrzeug mit dem Smartphone zu orten, oder auch via SMS benachrichtigt zu werden, falls vorher festgelegte Geschwindigkeitslimits überschritten werden. Das als Abonnement angebotene "Blue Link"-System von Hyundai arbeitet ebenfalls mit GPS und sendet bei Geschwindigkeitsüberschreitungen eine Nachricht an den Fahrzeughalter.

Nissans Edel-Abteilung Infiniti ermöglicht Erziehungsberechtigten via App die Festlegung eines bestimmten Zielortes. Fährt der Sprössling weiter als vorher festgelegt, schlägt das System per SMS Alarm. Ähnliche Funktionen bieten auch die Technologien von General Motors und der Chrysler Group.

Versicherungen überwachen den Fahrstil

Auch andere Unternehmen wollen die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen - und vom neuen Drang zur Überwachung junger Erwachsener am Steuer profitieren. Versicherungsgesellschaften locken in den USA beispielsweise mit Vergünstigungen, falls Gerätschaften zur Überwachung oder Limitierung des Fahrstils im Fahrzeug eines Fahranfängers installiert werden. Auswerten lassen sich diese Geräte über Websites und Smartphones. Apropos Smartphone: Natürlich gibt es mittlerweile auch zahlreiche Apps, die sich zur Kontrolle des Fahrverhaltens eignen oder die die Funktion der Handys während der Fahrt einschränken. Die Möglichkeiten der Einflussnahme sind zahlreich, die Preise oft alles andere als unerheblich.

In den deutschen App-Stores findet man hingegen bislang nur eine überschaubare Anzahl von Angeboten, die sich der Fahrsicherheit widmen. Lediglich Apples "Car Play"-Software könnte hierzulande bald eine etwas größere Rolle spielen. Das Programm macht es möglich, das iPhone komplett über das fahrzeugeigene Infotainment-System zu steuern, Nachrichten zu diktieren, zu telefonieren oder in der eigenen Musik-Bibliothek zu stöbern - ohne dabei den Blick von der Straße abwenden zu müssen, versteht sich.

Junge Fahrer tricksen bereits

Allerdings ist für die Nutzung nicht nur ein Apple-Smartphone, sondern auch eine entsprechende Infrastruktur im Fahrzeug vonnöten. Zahlreiche Konzerne wie BMW, Audi, Mercedes, Ferrari, Toyota, Opel oder Fiat wollen die Technik unterstützen. Die ersten Modelle, in denen sie tatsächlich zur Anwendung kommen, sollen in diesem Jahr erscheinen. Für deutsche Eltern bleibt ein Ford Fiesta mit "MyKey" derzeit die einzige Möglichkeit, ihren Grundsatz "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" mit Nachdruck umzusetzen.

Bei der digitalen Fahrzeugüberwachung könnte neben der gewohnten Diskussion um Datenschutz aber auch zum Problem werden, dass die meisten jungen Erwachsenen dank ihres meist sehr ausgeprägten technischen Verständnisses schnell Möglichkeiten finden, die Sicherheitssysteme auszuhebeln. In zahlreichen amerikanischen Internet-Foren finden sich angeregte Diskussionen von Jugendlichen, wie man die neuen Überwachungssysteme am wirkungsvollsten austrickst. Und mindestens genauso viele Einträge von Erwachsenen, die verzweifelt versuchen, den intelligenten Schlüssel ihres gerade gekauften Ford-Gebrauchtwagens wieder zu deaktivieren.

Ob der Trend zur digitalen Fahranfänger-Überwachung in dieser Größenordnung auch Deutschland erfassen wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht hat sich das Problem bis dahin durch das selbstfahrende Auto längst selbst gelöst.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: